Wie Windenergie den Wirtschaftsstandort nach vorne bringt

Der Wind weht, die Anlagen liefern, mehr noch: Es sind gleich mehrere Rekorde zu verzeichnen, und auch die Aussichten sind positiv – so lautet die aktuelle Zwischenbilanz aus dem Bundesverband WindEnergie. Wo er dennoch Handlungsbedarf sieht, erläutert BWE-Geschäftsführer Wolfram Axthelm.

Wie Windenergie die Wirtschaft stärkt
Positiver Rückblick: Vor ihrem frühzeitigen Aus hat die Ampel-Koalition viel für die Windenergie getan. Foto: Adobe Stock/Sergiy Serdyuk

Die Ampelkoalition unter Führung von Olaf Scholz ist zwar vor Ablauf der regulären Legislatur zerbrochen. Sie hat aber in rund drei Jahren besonders im Energiebereich vieles erreicht, was lange Zeit undenkbar schien. So wurden weitreichende Reformen auf den Weg gebracht, die den Zubau der erneuerbaren Energien deutlich beschleunigt haben.

Die Pläne waren bereits im Koalitionsvertrag ambitioniert, der russische Überfall auf die Ukraine und die darauf folgende fossile Energiekrise haben aber eine neue Dimension der Dringlichkeit in die Transformation der deutschen Energieversorgung gebracht. Dass diese Transformation so entschlossen vorangetrieben wurde, ist vor allem dem ehemaligen Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck zu verdanken. Durchaus zu Recht attestierte ihm bei der Amtsübergabe auch seine Nachfolgerin Katherina Reiche, „Übermenschliches geleistet“ zu haben.

Windenergie für die Wirtschaft: Diese Rekorde wurden erreicht

Zentrale Weichenstellungen, die in der vergangenen Legislatur vorgenommen wurden, sind die Bestimmung ambitionierter Ausbaupfade für die Leistungsträger Wind- und Solarenergie; die Feststellung, dass der Ausbau der Erneuerbaren im überragenden öffentlichen Interesse liegt; sowie die europäische Notfallverordnung, deren Bestimmungen die Genehmigungsverfahren deutlich beschleunigt haben und in der EU-Richtlinie RED III nun fortgeschrieben werden.

Insgesamt wurden 2024 in Deutschland Windenergieanlagen mit einer Leistung von mehr als 10.000 Megawatt in den Ausschreibungen neu bezuschlagt. Dies ist ein absoluter Rekord. Da die durchschnittliche Realisierungsdauer – also die Zeit vom Zuschlag in der Ausschreibung bis zur ersten Stromeinspeisung ins Netz – aktuell bei rund zwei Jahren liegt, ist damit auch absehbar, dass die Windenergie zeitnah auf den Ausbaupfad des EEG einschwenken wird. Ein weiterer Rekord wurde im vergangenen Jahr bei den Genehmigungen erzielt: Bundesweit wurden Anlagen mit über 14.000 Megawatt Leistung neu genehmigt.

Damit ist klar, dass für die kommenden Ausschreibungsrunden ausreichend Projekte bereitstehen, um das verfügbare Volumen vollständig auszufüllen. Erneut war die erste Ausschreibungsrunde des Jahres im Februar, wie auch die letzten beiden Ausschreibungsrunden 2024, überzeichnet.

Windenergie auf Wachstumskurs

Nach dem Rekordjahr 2024 ist die Windenergie an Land mit einem starken ersten Quartal in das neue Jahr gestartet. Alle wichtigen Kennzahlen haben sich in den ersten drei Monaten 2025 positiv entwickelt. Mit über 4000 Megawatt wurde so viel Leistung neu genehmigt wie noch nie in einem Frühjahr; auch der Brutto-Zubau hat deutlich angezogen.

Mit Neuinbetriebnahmen im Umfang von rund 1000 Megawatt liegt das Frühjahr 2025 knapp 40 Prozent über dem Vorjahreszeitraum. Die spürbar höhere Dynamik setzt sich also auch in diesem Jahr fort.

Allen Rekorden und Erfolgsmeldungen zum Trotz bleiben dennoch weiterhin Herausforderungen für die Windenergie bestehen. An erster Stelle ist hier die Überführung der RED III-Bestimmungen in deutsches Recht zu nennen. Dieses wichtige Projekt konnte die Ampelkoalition nicht mehr abschließen.

Dringender Verbandsappell

Wenn diese Bestimmungen nun nicht schnellstmöglich kodifiziert werden, droht der Rückfall in das alte, überholte Genehmigungsregime. Die durch die Erleichterungen erzielte geringere Genehmigungsdauer würde erneut steigen; Behörden stünden vor dem Problem, mit veränderten Bedingungen konfrontiert zu werden. Weil dann laufende Verfahren mit beschleunigtem Recht fortgeführt und gleichzeitig neue Verfahren nach altem Recht bearbeitet werden müssten, droht in den Behörden Chaos. Dies gilt es zu vermeiden.

Daneben bleiben auch weiterhin Fragen des Netzausbaus zu beantworten. Einerseits sollten die Netzverknüpfungspunkte, also die Punkte, an denen Erzeugungsanlagen in das Netz einspeisen, systematisch überbaut werden. Das bedeutet, dass nicht mehr wie bisher nur ein Erzeuger pro Netzverknüpfungspunkt angeschlossen werden sollte, sondern künftig eine Kombination aus Wind- und Solarenergie sowie möglichst einem Speicher. Wind- und Solarenergie verhalten sich komplementär zueinander; sonnige Tage sind in der Regel windstiller, an besonders windigen Tagen scheint weniger Sonne. Auf dieses Vorhaben hat sich die neue Bundesregierung im Koalitionsvertrag verständigt, es muss nun schnell umgesetzt werden.

Daneben sollte die Möglichkeit geschaffen werden, Bestandsleitungen in den Verteilnetzen mittels eines einfachen Bauanzeigeverfahrens zu ertüchtigen. Bislang muss jedes Projekt ein langwieriges Genehmigungsverfahren durchlaufen. Durch die Umstellung könnten hohe personelle und finanzielle Ressourcen in Behörden sowie bei Netzbetreibern und vor allem im Schnitt zwischen sechs und acht Jahre an Zeit gespart werden.

Mehr als nur ein Stromlieferant: Der wirtschaftliche Nutzen der Windenergie

Beide Maßnahmen zusammen können den dringend notwendigen Ausbau der Netze zwar nicht ersetzen. Sie würden jedoch die bereits bestehende Infrastruktur effizienter nutzen, und sie würden die Ertüchtigung des Verteilnetzes beschleunigen.

Die neue Bundeswirtschaftsministerin hat angekündigt, Leitplanken vorzugeben, innerhalb derer marktwirtschaftliche Kräfte wirken sollen. Dies ist eine Chance, die Direktbelieferung von Unternehmen anzupacken, Elektrolyseure an den Start zu bringen und Kombikraftwerke umzusetzen.

Die Windbranche und die mit ihr verbundenen Unternehmen können mehr als nur Strom liefern. Sie schaffen Arbeitsplätze, unterstützen den Mittelstand bei der Dekarbonisierung und können neue Wertschöpfungsfelder erschließen, von denen alle Regionen in ganz Deutschland profitieren.

Wolfram Axthelm


Der Autor

Wolfram Axthelm ist Geschäftsführer im Bundesverband WindEnergie e.V. (BWE).


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