Grubenwasser als regenerative Wärme- und Energiequelle nutzen

Grubenwasser statt Kohle – ein Projekt in Bochum zeigt, wie vielfältig Energieeffizienz sein kann: In einem ehemaligen Steinkohlebergwerk wird Grubenwasser als regenerative Wärme- und Energiequelle genutzt.

Grubenwasser als Energiequelle
Energieeffizienz, die an Tradition anknüpft und Vorhandenes aufgreift, um die Zukunft zu gestalten: In Bochum geht man für die Wärmegewinnung zurück in alte Kohlestollen und nutzt das Grubenwasser als Energiequelle. Foto: Adobe Stock/Mulderphoto

Wärmeplanungsgesetz, Gebäudeenergiegesetz, die EU-Gebäuderichtlinie EPBD: Der regulatorische Rahmen ist präziser geworden. Die praktische Umsetzung von energieeffizienten Maßnahmen geschieht oft auf lokaler Ebene. Regenerative Wärme- und Energiequellen für den Gebäudebereich spielen eine zentrale Rolle für das Gelingen der Klimawende. Auch Nichtwohngebäude, beispielsweise gewerblich genutzte Objekte, müssen energetisch ertüchtigt werden. Wie das beispielhaft funktionieren kann, zeigt die Umrüstung einer Energiezentrale der Stadtwerke Bochum.

Für das Projekt wird die Energiezentrale in Bochum-Laer mit moderner Heizungs- und Kältetechnik ausgestattet. Auf dem 70 Hektar großen Areal befand sich bis in die 1950er Jahre das Steinkohlebergwerk einer Zeche. Danach siedelte sich das Automobilunternehmen Opel mit einem Standort an. Ende 2025 soll auf dem Innovationsquartier Mark 51°7 eine neue Heimat für Technologieunternehmen, Forschungseinrichtungen und Start-ups entstehen.

Grubenwasser als Energiequelle aus stillgelegtem Stollen

Im Mittelpunkt stehen Grubenwasser als nachhaltige Energiequelle einerseits und der intelligente Einsatz von Wärmepumpen andererseits. Der Bau eines kompletten Blockheizkraftwerks wird so erst energieeffizient. Als geothermische Energiequelle für rund 80 Prozent des Gesamtwärmebedarfs dient Grubenwasser aus bis zu 800 Metern Tiefe. Aus den längst stillgelegten und mittlerweile gefluteten Stollen wurde einst Kohle an die Oberfläche transportiert.

Langfristig soll das Grubenwasser dafür dienen, klimaschonende Wärmeenergie zu produzieren. Das rund 28 Grad warme Wasser aus der achten Sohle soll – in Verbindung mit den zu errichtenden Wärmepumpen in der Energiezentrale – zukünftig Kundengebäude beheizen.

Die Wärme des an die Oberfläche gepumpten Grubenwassers wird über spezielle Wärmetauscher an einen „Zwischenkreislauf“ übertragen. Das abgekühlte Grubenwasser wird anschließend in die vierte Sohle zurückgeführt. An den Zwischenkreislauf sind Wärmepumpen angeschlossen, um den Bedarf der Gebäude mit einem notwendigen höheren Temperaturniveau zu versorgen.

Grubenwasser als Energiequelle zur Gebäudekühlung

Das Grubenwasser aus der vierten Sohle – etwa 340 Meter unter der Erdoberfläche – wird im Sommer mit Temperaturen von rund 17 Grad zur Gebäudekühlung genutzt. Die Abwärme, die durch die Wärmepumpen anfällt, wird über den Zwischenkreislauf und den Wärmetauschern an das Grubenwasser übertragen, das anschließend in die achten Sohle reinjiziert wird.

Der Zwischenkreislauf dient als Wärmeverschubsystem zwischen der Grubenwasserförderung und den Wärmepumpen. Über die Grubenwasser-Wärmetauscher werden Wärme und Kälte an den Zwischenkreislauf übergeben.

Neben der Wärmepumpenanlage in der Energiezentrale Ost werden zwei weitere dezentrale Wärmepumpenanlagen errichtet. Diese Satelliten werden ebenfalls an das Wärmeverschubsystem des Zwischenkreislaufs angeschlossen. Dieser ist sowohl Wärmequelle als auch -senke. Die derzeit geplante thermische Leistung, die den Verbrauchern zeitgleich im Niedertemperaturnetz zur Verfügung zu stellen ist, liegt bei rund 11.800 kW thermischer Leistung.

Die geplante Netztemperatur im Niedertemperaturnetz liegt bei einer Vorlauftemperatur (etwa 48 Grad) in der Grundlast und einer witterungsgeführten Betriebsweise bis maximal 65 Grad in der Spitzenlast. Die Hausstationen sollen so ausgelegt sein, dass die zu erwartende Rücklauftemperatur im Nahwärmenetz bei maximal 33 Grad liegt.

Temperatur von maximal 48 Grad

Die Wärmepumpenanlage stellt maximal 48 Grad zur Verfügung. Bei tieferen Außentemperaturen kann die Grundlast-Wärmepumpenanlage die benötigte Wärmeleistung nicht mehr vollständig zur Verfügung stellen. Zum Erreichen der erforderlichen Vorlauftemperatur im Winterfall wird das bereits vorerwärmte Wasser durch ein vorgelagertes Fernwärmenetz nacherwärmt.

Durch diese Nachheizung ist die Vorlauftemperatur witterungsabhängig zwischen 48 und 65 Grad regelbar. Wichtig dabei: Die Fernwärme soll die Erzeugung über die Wärmepumpen nicht verdrängen.        

Aktuell läuft das Projekt nach Plan – demnach wird Ende 2025 voraussichtlich die Fertigstellung erfolgen. Schon heute erhalten erste Anschlussnehmer eine zuverlässige Wärme- und Kälteversorgung. Allerdings via Fernwärme und Kompressionskälte.    



Der Autor

Martin Kraft ist Teamleiter Energy Services beim technischen Gebäudeausrüster Caverion.


Martin Kraft

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