Sonnige Aussichten für den Bestand

Die Dächer sind da, werden aber von der öffentlichen Hand kaum genutzt:
Das ist die Zwischenbilanz aus der Solarwirtschaft. Tatsächlich ist die Nachrüstung auch kein Selbstläufer – aber es gibt Ideen und verschiedene Modelle dafür, wie sich das Solarpotenzial ausschöpfen lässt.

Optimal ist die Kombination von Gründach und Solaranlage – mittelfristig rechnen sich auch die PV-Investitionen, so das Versprechen der Solarwirtschaft. Foto: Adobe Stock/Fotomaercu.

Rund 40 Prozent der CO2-Emissionen in Deutschland entfallen auf den Gebäudesektor. Laut der
Deutschen Energieagentur (dena) gibt es 186.000 öffentliche Gebäude, von denen sich 176.000 in kommunaler Hand befinden. Das Solarpotenzial ist weitgehend ungenutzt: Laut Viessmann Klimasolutions sind bisher nur 1,1 Prozent aller Solaranlagen auf den Dächern öffentlicher Gebäude installiert – obwohl Kommunen jährlich etwa vier Milliarden Euro für die Strom- und Wärmeversorgung ihrer Liegenschaften zahlen. Hier gibt es also ein enormes Einsparpotenzial.

Das EEG sieht einen Ausbau der Photovoltaikkapazität auf Dach- und Freiflächen bis 2030 auf 215 GW vor. Eine Studie des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE zeigt, dass allein öffentliche Gebäude ein Potenzial von 8,4 GW bieten – ein erheblicher Beitrag zum PV-Ausbau auf Dächern.

Der erste Schritt ist der PV-Ausbau – mit einem solaren Ökosystem können dann weitere Potenziale gehoben werden. Denn ein nachhaltiges Energiesystem entsteht erst durch die Kombination von Solaranlagen mit Batteriespeichern, Ladeinfrastruktur für Elektromobilität und einem smarten Energiemanagement. Dies schafft Synergieeffekte, steigert die Wirtschaftlichkeit und maximiert die Nutzung des produzierten Stroms direkt vor Ort.

Was neben Photovoltaik dabei sein sollte

Batteriespeicher sorgen dafür, dass Solarstrom auch genutzt werden kann, wenn die Sonne nicht scheint. Kommunale Fuhrparks profitieren von einer Ladeinfrastruktur, während Solarcarports öffentliche Parkflächen effizienter machen. Zudem können Gründächer die Effizienz von Solaranlagen verbessern, indem sie für kühlende Effekte sorgen und die Dachflächen sichtbar nachhaltiger gestalten.

Dieses Potenzial wird auch deshalb bisher kaum genutzt, weil Kommunen vor mehreren Herausforderungen stehen. Lange Genehmigungsprozesse und komplexe Ausschreibungsverfahren verzögern die Umsetzung. Viele Kommunen sind auf staatliche Förderungen oder Haushaltsmittel angewiesen, die nicht immer verfügbar sind. Gebäudetypen mit individuellen Nutzungsmustern – Schulen, Rathäuser, Sporthallen – erfordern passgenaue Lösungen. Außerdem müssen verschiedene Akteure wie Stadtverwaltung, Gemeinderat oder Denkmalschutzbehörde ihre Zustimmung geben, was den Entscheidungsprozess verlangsamt.

Was für die Nachrüstung spricht

Trotzdem gibt es viele Argumente für Photovoltaik und ergänzende Technologien. Da der Stromverbrauch kommunaler Gebäude vor allem tagsüber hoch ist, während die PV-Anlage ohnehin Strom produziert, kann der Bedarf direkt durch Solar bedient werden. Das reduziert die Energiekosten und schafft finanzielle Spielräume, beispielsweise für andere Infrastrukturprojekte.

Zudem bieten Flachdächer – wie sie bei vielen kommunalen Gebäuden typisch sind – ideale Voraussetzungen für PV-Anlagen. Wirtschaftlich betrachtet amortisieren sich solche Investitionen oft innerhalb weniger Jahre. Ein Energie-Management-System hilft dabei, Lastspitzen zu vermeiden und den Eigenverbrauch zu maximieren, während angedockte Batteriespeicher überschüssige Energie für sonnenarme Stunden bereithalten.

Für Kommunen, die keine Anfangsinvestition stemmen können oder wollen, schaffen alternative Finanzierungsmodelle Abhilfe. Eine Möglichkeit ist die Verpachtung von Dachflächen an externe Partner, die Anlagen finanzieren, planen, errichten und betreiben. Eine andere Option ist, dass Kommunen die PV-Anlage mieten und den erzeugten Strom selbst nutzen. Zudem können Stromlieferverträge mit Dienstleistern vereinbart werden. So profitieren öffentliche Träger auch ohne PV-Anlagen vor Ort von grüner Energie mit Preisen, die deutlich unter denen traditioneller Energieversorger liegen. Der Grünstrom wird dann aus dem Bestand des Energieversorgers bezogen.

So geht es zum Solarstrom

Folgende Schritte helfen Kommunen, ihr Solarpotenzial zu nutzen:

  • Potenzialanalyse: Bedarfsanalyse und Identifikation geeigneter Flächen.
  • Bürokratische Prozesse: Frühzeitige Klärung von Genehmigungen.
  • Finanzierung: Prüfung von Pacht-, Miet- und anderen Finanzierungsmodellen.
  • Ganzheitliche Planung: Kombination von PV-Anlagen mit Speichern, Ladeinfrastruktur und Energiemanagement.
  • Erfahrene Partner: Zusammenarbeit mit Spezialisten für eine effiziente Umsetzung.

Großes Einsparpotenzial

Photovoltaik auf kommunalen Gebäuden bietet eine immense Chance zur Kostenreduktion und CO2-Einsparung. Mit der Kombination aus Solaranlagen, Speichern, Ladeinfrastruktur und Energiemanagement können öffentliche Gebäude auf 100 Prozent Grünstrom umsteigen. Es gibt vielfältige Möglichkeiten zur Umsetzung, die den Zugang zu nachhaltiger Energieversorgung erleichtern – und Kommunen müssen den Weg dorthin nicht allein gehen.


Der Autor

Melchior Schulze Brock ist Gründer und CEO von Enviria in Frankfurt am Main.


Melchior Schulze Brock

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