Deutlich mehr Elektrofahrzeuge sollen zügig auf die Straße kommen, möglich ist das aber nur mit einem schnellen Ausbau der Ladeinfrastruktur. Wie ist der aktuelle Stand, wie sind die Aussichten – und wie sollten sich Kommunen in Sachen Ladesäulen aufstellen? Ein Kommentar von BEM-Vorstandschef Christian Heep.

Die Ladeinfrastruktur für Elektromobilität hat in den letzten Jahren erhebliche Fortschritte gemacht. Aus Sicht des Bundesverbands eMobilität (BEM) sind die bisherigen Entwicklungen durchaus erfreulich – doch es gibt noch viel zu tun. Über 115.000 öffentliche Ladepunkte sind bundesweit installiert, darunter etwa 20.000 Fastcharger, von denen rund 10.000 eine Ladeleistung von mehr als 100 kW haben. Dies zeigt, dass die Bereitschaft zur Investition in die Ladeinfrastruktur vorhanden ist. Trotzdem gibt es nach wie vor Regionen, in denen das Angebot an Lademöglichkeiten unzureichend ist. Besonders der Ausbau von Schnellladestationen entlang der Hauptverkehrsachsen ist ein wichtiger Schritt, um die Attraktivität der Elektromobilität weiter zu erhöhen.
Bereits gelungen ist die Schaffung eines grundlegenden Netzes an Ladepunkten und die Einbindung der Ladeinfrastruktur in die Stadtplanung. Viele Städte und Gemeinden haben Ladesäulen in öffentlichen Bereichen installiert und somit den Zugang zur Ladeinfrastruktur erleichtert.
Eine der größten Herausforderungen bleibt jedoch, die Ladeinfrastruktur in bestehende Gebäude und Parkhäuser zu integrieren sowie die Standards für die Interoperabilität der Ladesysteme zu schaffen. Zudem haben Mieter und Eigentümer nach wie vor erschwerten Zugang zur Ladeinfrastruktur. Hier müssen rechtliche Rahmenbedingungen – wie die Vereinfachung von Genehmigungsverfahren – angepasst werden.
Kommunen mit mehr Elektropower
Zudem sollte das Laden am Arbeitsplatz stärker gefördert werden, um den Zugang zur Elektromobilität für Pendler zu erleichtern. Angesichts der – hoffentlich – steigenden Zulassungszahlen für Elektrofahrzeuge wird die derzeitige Infrastruktur in Zukunft nicht ausreichen. Daher muss der Ausbau weiterhin kontinuierlich vorangetrieben werden, um mit der steigenden Nachfrage Schritt zu halten.
Um weiterzukommen, bedarf es einer engen Zusammenarbeit zwischen Kommunen, Energieversorgern und Privatwirtschaft. Förderprogramme und klare gesetzliche Rahmenbedingungen – wie die Umsetzung der AFIR (Alternative Fuels Infrastructure Regulation) – sind ebenfalls notwendig, um den Ausbau der Ladeinfrastruktur weiter voranzutreiben.
Verantwortliche und Akteure in den Kommunen sollten aktiv die Planung und den Ausbau der Ladeinfrastruktur vorantreiben. Dazu gehören die Identifikation geeigneter Standorte für Ladesäulen, die Einbindung von privaten Partnern und die Nutzung von Fördermitteln. Es ist wichtig, frühzeitig Bürger und Unternehmen in die Planungsprozesse einzubeziehen, um Akzeptanz und Nutzung zu befördern.

Ausbau der Ladeinfrastruktur bei städtischer Mobilitätsplanung mitdenken
Zudem sollten Kommunen darauf achten, die Ladeinfrastruktur als integralen Bestandteil der städtischen Mobilitätsplanung zu betrachten und entsprechende Weichenstellungen in Bebauungsplänen und Verkehrskonzepten vorzunehmen. Ein besonderer Fokus sollte auf der Schaffung von Ladeinfrastruktur für Mieter und Wohnungseigentümer liegen, um diesen Gruppen den Zugang zur Elektromobilität zu erleichtern. Parallel dazu sollten Kommunen den Ausbau erneuerbarer Energien vorantreiben, um sicherzustellen, dass die steigende Nachfrage nach Strom für E-Fahrzeuge nachhaltig gedeckt werden kann, was zudem die regionale Wertschöpfung stärkt.
Das Engagement in der Ladeinfrastruktur bietet Kommunen zahlreiche Vorteile. Zum einen trägt es zur Reduktion von CO2-Emissionen und damit zur Erreichung von Klimazielen bei. Zum anderen kann eine gut ausgebaute Ladeinfrastruktur den Wirtschaftsstandort attraktiver machen und neue Geschäftsmöglichkeiten schaffen. Zudem profitieren die Bürger von einer verbesserten Luftqualität und einer höheren Lebensqualität.
Geringere Kosten für Fuhrparks
Langfristig kann das Engagement im Bereich der neuen Mobilität auch finanzielle Einsparungen durch geringere Betriebskosten in kommunalen Fuhrparks ermöglichen. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die regionale Wertschöpfung, da der Ausbau der Ladeinfrastruktur lokale Unternehmen und Handwerksbetriebe einbezieht und somit die lokale Wirtschaft stärkt.
Kommunen können auf verschiedene Unterstützungsmöglichkeiten zurückgreifen. Bundes- und Landesregierungen bieten zahlreiche Förderprogramme, die den Ausbau der Ladeinfrastruktur finanziell unterstützen. Netzwerke und Partnerschaften mit Energieversorgern und privaten Unternehmen können ebenfalls wertvolle Ressourcen und Know-how bereitstellen. Städte können zudem Mitglied im Bundesverband eMobilität (BEM) werden und so vom Netzwerk profitieren. Eine aktive Teilnahme in den BEM-Arbeitsgruppen ermöglicht es, sich mit relevanten Branchenteilnehmern zu vernetzen, frühzeitig Zugang zu Informationen, Know-how und innovativen Entwicklungen zu erhalten.

Impulse zur Ladeinfrastruktur von den Vorreitern
Es gibt zahlreiche Best Practice-Beispiele, die als Inspiration dienen können. Etwa die Stadt Hamburg, die ein flächendeckendes Netz an öffentlichen Ladepunkten aufgebaut und dabei erfolgreich mit privaten Partnern zusammengearbeitet hat.
Auch kleinere Gemeinden wie Bad Neustadt an der Saale zeigen, dass mit gezielten Maßnahmen und Engagement viel erreicht werden kann. Dort wurde ein umfassendes Konzept für die Elektromobilität entwickelt, das öffentliche sowie private Ladepunkte umfasst und durch ein Förderprogramm unterstützt wird.
Ein weiteres herausragendes Beispiel ist die Stadt München, die durch ein öffentlich-privates Partnerschaftsmodell die Ladeinfrastruktur massiv ausgebaut hat und mittlerweile über 1200 öffentliche Ladepunkte bietet. Oder die Stadt Ulm: Sie hat mit der Integration von Ladelösungen in neue Wohnquartiere und Gewerbegebiete sowie mit spezifischen Programmen für Mieter und Eigentümer große Fortschritte gemacht.
Ausbau der Ladeinfrastruktur auch auf dem Wasser
Ein weiterer Ansatzpunkt ist die maritime Mobilität, die großes Potenzial im Bereich der Elektromobilität auf Seen und Flüssen bietet. Durch den Einsatz von Elektrobooten können die Umweltbelastungen erheblich reduziert werden. Auch die Elektrifizierung des LKW-Verkehrs und der Last-Mile-Logistik beinhaltet Chancen, die durch kommunales Engagement und eine zukunftsorientierte Stadtverwaltung vorangetrieben werden können.
Christian Heep
Der Autor
Christian Heep ist Vorstand im Bundesverband eMobilität BEM.