Die E-Mobilität läuft auf deutschen Straßen nicht überall wie gewünscht – und auch in Konstanz war die Beschaffung des ersten E-Müllfahrzeugs nicht zuletzt wegen der Finanzierung kein Selbstläufer. Aber es hat geklappt, und die Erfahrungen mit ihm sind durchweg positiv.
Auf den ersten Blick ist es kaum von den anderen Fahrzeugen der Entsorgungsbetriebe Stadt Konstanz (EBK) zu unterscheiden: ein orangefarbenes Müllfahrzeug, groß und bunt beklebt. Sobald es sich in Bewegung setzt, ist jedoch klar: Das ist kein „normales“ Müllfahrzeug, sondern das erste elektrische der EBK – man hört es kaum. Das leise Fahren ist der größte Unterschied im Betrieb, der sowohl von den Mitarbeitenden als auch von den Konstanzerinnen und Konstanzern sehr positiv bewertet wird.
Der klimaneutrale Umbau des EBK-Fuhrparks mit aktuell 41 Fahrzeugen wird von den Verantwortlichen seit einigen Jahren mit großem Engagement betrieben. Während die Umstellung auf elektrische Fahrzeuge bei Pkw und kleineren Nutzfahrzeugen relativ geräusch- und problemlos vollzogen werden konnte, handelt es sich bei den schweren Fahrzeugen der Müllabfuhr um eine größere Herausforderung.
Die Herausforderung liegt dabei schon lange nicht mehr in der Technik, sondern in der Finanzierung: Die Anschaffungskosten für ein E-Müllfahrzeug lagen in den vergangenen Jahren etwa mit dem Faktor 2,5 über den Kosten eines mit Diesel betriebenen Pendants.
Kompromiss: Ein E-Müllfahrzeug und ein Dieselfahrzeug
Den ersten Beschaffungsbeschluss für ein elektrisches Müllfahrzeug haben die EBK dem Konstanzer Gemeinderat im Herbst 2020 vorgelegt. Der Beschaffung wurde zugestimmt, jedoch vorbehaltlich einer Förderung durch das Bundesprogramm für klimafreundliche Nutzfahrzeuge. Allerdings wurden die EBK in den ersten beiden Förderrunden nicht mit Fördermitteln bedacht. In den knapp zwei Jahren, die bis zum zweiten negativen Förderbescheid vergingen, wurde kein Müllfahrzeug beschafft.
2022 waren die EBK hinsichtlich der Ersatzbeschaffung von Müllfahrzeugen erheblich im Verzug, der Fuhrpark drohte zu überaltern. Die Beschaffung von mittlerweile zwei Fahrzeugen wurde umso dringlicher. Also wurde dem Konstanzer Gemeinderat ein Kompromissvorschlag vorgelegt: Die Beschaffung eines E-Müllfahrzeugs zum vollen Preis, also ohne Fördermittel, bei gleichzeitiger Beschaffung eines Dieselfahrzeugs. Dieser Vorschlag wurde intensiv diskutiert.
Die Fahrzeuge der Müllabfuhr sind viele Jahre im Einsatz. Die Antriebsart wird sich also langfristig auf die CO2-Bilanz der EBK und damit der Stadt Konstanz (87.000 Einwohner) auswirken. Gleichzeitig sind die Mehrkosten nicht unerheblich, mit diesem Betrag könnte man an anderer Stelle gegebenenfalls mehr CO2 einsparen. Schließlich hat sich der Gemeinderat für den vorgelegten Kompromiss ausgesprochen und damit der Beschaffung des ersten E-Müllfahrzeugs zugestimmt.
Große Freude bei der Fahrzeugübergabe
Von diesem Beschluss bis zur Inbetriebnahme vergingen noch einmal etwa zwölf Monate. Die Freude war entsprechend groß, als das Fahrzeug im Dezember 2023 den EBK übergeben wurde. Oberbürgermeister Uli Burchardt (CDU) nahm es persönlich in Empfang.
Das E-Müllfahrzeug wurde ohne größere Hürden in den Arbeitsalltag der Müllabfuhr integriert. Die Erfahrungen in den ersten Monaten sind durchweg positiv: Besonders überzeugt die hohe Energieeffizienz. Im Vergleich zum Dieselantrieb wird nur rund ein Drittel an Energie benötigt. Die Akkus des E-Müllfahrzeugs werden über Nacht an einer normalen Wallbox geladen. Aktuell sind nach einem Arbeitstag von etwa acht Stunden – mit rund 800 Behältern und 50 bis 70 Kilometern Fahrtstrecke – etwa 50 Prozent der Akkukapazität aufgebraucht. Ein Nachladen tagsüber ist damit nicht notwendig. Das Fahrzeug profitiert auch von der großen Rekuperationsleistung: Ein Teil der Bremsenergie wird wieder in den Akku eingespeist, was im Stop-and-Go-Betrieb der Müllabfuhr viel ausmacht.
Das neue Fahrzeug kommt bestens an
Nach fünf Monaten im Einsatz ist das Fazit der EBK sehr positiv: Das E-Müllfahrzeug ist verlässlich im Einsatz, effizient im Betrieb und erfreut sich nicht zuletzt dank seiner Symbolwirkung und bunten Aufschrift großer Beliebtheit in der Bevölkerung. Dennoch wird die weitere Beschaffung von E-Müllfahrzeugen eine Herausforderung. Weitere Bundesförderprogramme sind aktuell nicht zu erwarten, die hohen Beschaffungskosten politisch nicht einfach zu vertreten.
Die EBK werden weiter daran arbeiten, ihren Fuhrpark inklusive aller Spezialfahrzeuge bis 2035 klimaneutral umzubauen. Die Hoffnung liegt in der Erwartung einer positiven Preisentwicklung dank höherer Nachfrage. Denn die Vorteile des elektrisch betriebenen Müllfahrzeugs sind nicht von der Hand zu weisen.
Neben den umwelttechnischen Vorteilen – rund 30 Tonnen weniger CO2 pro Fahrzeug und Jahr, weniger Feinstaub, weniger Lärm – wird sich langfristig auch ein finanzieller Vorteil ergeben: Das E-Fahrzeug ist im Betrieb unabhängig vom steigenden Preis für Dieselkraftstoff. Gleichzeitig werden geringere Unterhalts- und Reparaturkosten erwartet.
Nele Steurer
Die Autorin
Nele Steurer ist verantwortlich für die Öffentlichkeitsarbeit der Entsorgungsbetriebe der Stadt Konstanz.