Klimaanpassung als Gemeinschaftsaufgabe: Modellprojekte für eine klimaresiliente Stadt

Was kann den Kommunen bei der Herkulesaufgabe Klimaanpassung helfen? Für die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) bringt Ulf Jacob die Verankerung einer „Gemeinschaftsaufgabe Klimaanpassung“ im Grundgesetz ins Spiel – und nennt Modellprojekte, die Anregung für andere sein können.

Weniger Versiegelung, mehr Wasserflächen und vor allem mehr Grün: Mit klimasensibler Stadtgestaltung können urbane Räume widerstandsfähiger werden. Foto: Adobe Stock/anandart

Das Jahr 2024 war das bislang wärmste Jahr in Deutschland seit Beginn der Wetteraufzeichnungen im Jahr 1881. Die Auswirkungen des Klimawandels sind auch hierzulande längst angekommen: Hitzewellen, Dürreperioden und Trockenheit wechseln sich mit Starkregen und Hochwasser ab.

Wissenschaftlichen Prognosen zufolge werden Extremwetterereignisse künftig noch häufiger auftreten. Der Handlungsbedarf ist also groß, beim Klimaschutz nicht nachzulassen und die Anstrengungen für die Klimaanpassung deutlich zu verstärken.

Vor den Wetterextremen schützen

Von den Klimafolgen besonders betroffen sind urbane Räume. Denn eine dicht bebaute Stadt kann die nötigen Klimafunktionen nicht ausreichend erfüllen. Der hohe Versieglungsgrad verstärkt die Auswirkungen von Starkregen, Überflutungen, Hitze und Trockenheit. Ziel muss es sein, Städte, Gemeinden und uns als Bewohnerinnen und Bewohner besser vor den Auswirkungen der Wetterextreme zu schützen.

Die Stärkung der Widerstandskraft und der Anpassungsfähigkeit gegenüber klimabedingten Gefahren zählen zu den wichtigsten Zukunftsaufgaben. Dafür ist eine klimasensible Stadtgestaltung unverzichtbar – mit weniger Versiegelung, mehr Wasserflächen und vor allem mit mehr Grün. Die Schwammstadt vereint diese Aspekte und muss zum Leitbild der Stadtplanung werden.

Im Fokus steht vor allem der Wasserrückhalt. Kurzum: Es braucht mehr Grün und Blau ins Grau unserer Städte und Gemeinden. Denn Stadtgrün, Bäume und Wasserflächen sind natürliche Klimaanlagen: In Hitzeperioden kühlen sie durch Verdunstung und spenden Schatten. Nach Starkregen speichern sie Wasser und können Überschwemmungen abmildern.

Den natürlichen Wasserhaushalt erhalten

Wir müssen uns verabschieden vom Mantra „Wasser raus“. Stattdessen muss Ziel sein, Regenwasser in der Stadt zu halten und wo immer möglich zu nutzen. Zum Beispiel für die Bewässerung der Stadtbäume oder im Gebäude für die Toilettenspülung – auch um wertvolles, inzwischen zunehmend knapp werdendes Grund- und Trinkwasser zu sparen.

Ungenutztes Schwammstadt-Potenzial bietet der Straßenraum. Straßen sollten als BlueGreenStreets grüner gestaltet werden, etwa durch mehr Klimabäume mit ausreichend Wurzelraum. Das Beste ist, Neuversiegelung möglichst zu vermeiden und stadtklimatisch wichtige Freiflächen von Bebauung freizuhalten.

Notwendiges Entsiegeln von Asphalt- und Betonflächen ist allerdings aufwendig und wird von oftmals entgegenstehenden Regeln, Normen und Standards gebremst. Erforderlich sind künftig Regelwerke, die zum Erhalt des natürlichen Wasserhaushalts und zur Klimaanpassung beitragen, statt sie zu behindern.

Was für Kommunen wichtig wäre

Bei der Umsetzung der Schwammstadt sind insbesondere die Kommunen gefordert. Klimaanpassung ist eine Gemeinschaftsaufgabe, die neben politischem Willen ein fachübergreifendes Vorgehen verlangt. Doch fehlende personelle und finanzielle Ressourcen sind die bedeutendsten Hemmnisse bei der Realisierung der Maßnahmen. Besonders kleinere Städte und Gemeinden haben hier einen hohen Bedarf an Unterstützung.

Die Klimaanpassung kann nur gelingen, wenn Bund, Länder und Kommunen enger zusammenarbeiten und die Maßnahmen rechtlich abgesichert sowie langfristig finanziert sind. Die Verankerung einer „Gemeinschaftsaufgabe Klimaanpassung“ im Grundgesetz würde diese Zusammenarbeit ermöglichen und die Grundlage für eine gerechte, effiziente und langfristige Umsetzung schaffen.

Impulse aus der Praxis

Modellprojekte, die von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt gefördert werden, machen deutlich, wie eine nachhaltige Anpassung an den Klimawandel und die Umsetzung in der Praxis gelingen kann. Zum Beispiel:

  • ReSource Mannheim: Dieses Wohnbauprojekt setzt Maßstäbe für den sparsamen und effizienten Umgang mit Wasser und zeigt, wie attraktives, klimagerechtes und bezahlbares Wohnen aussehen kann. Mit Unterstützung der TU Darmstadt hat die Mannheimer GBG Unternehmensgruppe mit Gräf Architekten ein Modellprojekt zur wasserbewussten Stadtgestaltung umgesetzt. Im Wohnquartier Aubuckel wird gebrauchtes Wasser im Kreislauf geführt und wiederverwendet. Regenwasser dient etwa der Bewässerung von Grünflächen und hilft, das Quartier in Hitzezeiten zu kühlen. Durch das innovative Wassermanagement kann der Frischwasserbedarf um mehr als 40 Prozent gesenkt werden.
  • Der Begrünungskompass: Die Stadt Stromberg hat mit der TU Bingen einen „Kommunalen Begrünungskompass“ entwickelt. Dieses Konzept ist eine wichtige Klimaanpassungsmaßnahme und trägt zur Aufwertung des Ortsbilds bei. Der Begrünungskompass umfasst eine Reihe exemplarischer Pflanzkonzepte zur praxisnahen Selbstanwendung. Zudem können die Investitions- und Erhaltungskosten ermittelt sowie die positiven Umweltwirkungen der Maßnahmen auf die Schutzgüter Klima, Biodiversität, Wasser und Boden abgeschätzt werden. Diese Informationen sind für die kommunalen Akteure wichtige Grundlagen für Entscheidungsprozesse.

Es gibt sie: die guten Beispiele – und es lohnt sich, sich von ihnen anregen zulassen.

Ulf Jacob


Der Autor

Ulf Jacob ist Leiter Strategie und Politik im DBU Zentrum für Umweltkommunikation.


Zum Weiterlesen

Mehr Informationen zu den im Beitrag genannten Beispielen gibt es online.

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