Bewegung ist wichtig, dabei spielen Umfeld und Boden eine Rolle: Sportplätze können – und sollten – in Klimaanpassungskonzepte integriert werden. Wie das gehen kann, erläutert Ingenieurswissenschaftlerin Jutta Katthage.

Der Klimawandel mit einhergehenden Witterungsextremen wie Hitze, Trockenheit, Sturm und Starkregen stellt vor allem die Stadtgesellschaft vor Herausforderungen. Hoch versiegelte und verdichtete Siedlungsgebiete mit geringen Vegetationsflächen können an Hitzetagen zu sogenannten Hitzeinseln werden. Neben dem Einfluss auf das Wohlbefinden und die Gesundheit der Bevölkerung hat die Hitze Auswirkungen auf die Vegetation, etwa wenn Vegetationsflächen vertrocknen oder Trockenschäden erleiden.
Lebendige Vegetationsflächen können das Umfeld kühlen. Auch Sportplätze mit Spielfeldern von bis zu 8000 Quadratmetern und Ergänzungsflächen gehören je nach Sportbodenwahl und Gestaltung zu urbanen Vegetationsflächen.
Beiträge zur Stadtkühlung
Ein wichtiger Faktor zur Vermeidung von Hitzeinseln stellt die Verschattung dar. So beinhaltet die deutsche Klimaanpassungsstrategie das Ziel „Aktivierung von Stadtgrün, um Hitzebelastung zu reduzieren“. Demnach soll das Gesundheitsrisiko durch Hitze in besonders thermisch belasteten Gebieten beziehungsweise in Gebieten mit hitzesensitiver Bevölkerung reduziert, die Kühlleistung, Erreichbarkeit und Erholungsfunktion des Stadtgrüns und der Freiflächen sollen verbessert werden. Erreicht werden soll dies auch durch den Erhalt, die Weiterentwicklung und Qualifizierung grüner Infrastruktur, also ebenso der Vegetationsflächen auf Sportplätzen.
Die verwendeten Baustoffe und Bauweisen der Sportböden sowie die gezielte Ausrichtung auf die sportliche Nutzung unterscheiden sich jedoch von anderen städtischen Freiflächen. Daher bieten insbesondere die Auswahl der Sportböden und die Gestaltung der Ergänzungsflächen Ansätze zur Steigerung der Nachhaltigkeit und zur Förderung der Klimaanpassung an.
In dichtbesiedelten Metropolregionen ist der Anteil an Vegetationsflächen von Sportplätzen oft gering. Dies lässt sich vor allem auf die städtische Flächenverfügbarkeit und die gestiegene sportliche Nutzungsintensität zurückführen. So rückte in den vergangenen Jahrzehnten die Wohnbebauung näher an Sportplätze heran, und – vor allem durch eine vielfältige Sportartennachfrage – wurden weitere Sportflächen auf vorhandenen Liegenschaften geschaffen.
Daher sollten Sportflächen zukünftig so gestaltet werden, dass sie für mehrere Sportarten nutzbar sind. Dies erfordert Entwicklungen in den technischen Funktionalitäten der Sportböden sowie eine kreative Nutzung bestehender Sportflächen.
Multifunktionale Flächennutzung
Ältere urbane Sportplätze haben oft einen geringen Vegetationsflächenanteil. Dies lässt sich teilweise auf Erweiterungsbauten zurückführen, zum Beispiel Skateanlagen, Fitness- und Calisthenicsgeräte. Diese Erweiterungen sind aufgrund der geänderten Sportnachfrage zu begrüßen, da sie die Sportbedürfnisse der Bevölkerung erfüllen. Zur Förderung der Nachhaltigkeit sollte eine multifunktionale Flächennutzung umgesetzt werden. Das heißt, weitere Funktionen außerhalb der Sportnutzung sollten auf der Sportfläche stattfinden, zum Beispiel eine Nutzung als Schulhof oder Kita in den weniger intensiv genutzten Zeiten.
Große, zusammenhängende Sportplätze mit Sportrasenflächen und vegetationsreichen Ergänzungsflächen tragen zur Kühlung der umgebenden Lufttemperatur und zur Verschattung bei. Bäume können kühle und schattenreiche Aufenthaltsflächen für Zuschauende und Sportaktive bieten. Anwohner können die kühlen Luftströme zu Gute kommen.
Wenn Sportflächen neben der Sportnutzung auch Vorteile für die Stadtgesellschaft bieten, zum Beispiel Kühlung der Lufttemperatur oder Schutz vor Hochwasser, entspricht dies dem stadtplanerischen Konzept der Multicodierung. Hierbei werden unterschiedliche Bedürfnisse gestapelt, zum Beispiel die Sportnutzung und die Klimaanpassung.
Bei der Entwicklung nachhaltiger und klimaangepasster Sportplätze ist eine vielfältige Sportfunktion im Sinne der Mehrfachnutzung zu berücksichtigen. Vor allem aufgrund der Flächenknappheit im urbanen Raum, sollten tagsüber freie Kapazitäten auf Sportflächen verfügbar gemacht werden. Es bietet sich eine multifunktionale Flächennutzung an, zum Beispiel als Schulhof oder Kitafläche.
Mehrwert für die Stadt
Im Sinne der Multicodierung der Stadtentwicklung können Sportplätze je nach Standort Beiträge zur Kühlung und Verschattung beziehungsweise zur Rückhaltung und Speicherung von Regenwasser erfüllen. Pilotprojekte zur Notentwässerung über Sportflächen und zur Entwicklung der Baustoffe und Bauweisen der Sportböden zeigen, dass eine ganzheitliche Entwicklung der Sport- und der Stadt-Bedürfnisse möglich und notwendig ist.
Im Rahmen einer sportfunktionellen und stadtbezogenen Entwicklung von Sportplätzen sollten daher neben dem Sportflächenangebot auch die Auswahl der Sportböden und die Gestaltung der Ergänzungsflächen berücksichtigt werden. Klimaangepasste und nachhaltige Sportplätze unterstützen das menschliche Wohlergehen, zum Beispiel durch Kühlung der Umgebung oder durch Notentwässerung des Quartiers, und bieten einen Mehrwert für die Gesundheitsförderung durch die Sportnutzung.
Jutta Katthage
Die Autorin
Dr.-Ing. Jutta Katthage leitet beim Bundesinstitut für Sportwissenschaft (BISp) das Fachgebiet Sportökologie.



