Spielen ist wesentlich für Kinder, betont das Deutsche Kinderhilfswerk. Was aber bedeutet das: Welche Voraussetzungen sind sinnvoll – und wie lassen sich die Herausforderungen kindgerechter Spielplätze meistern?

Spielen stellt ein grundlegendes Bedürfnis von Kindern dar: Auf spielerische Weise begreifen sie ihre Umwelt, und es ist entscheidend für ihre kognitive, soziale und körperliche Entwicklung, dass sie möglichst viele Freiräume zum Spielen und Ausprobieren haben. Spielen ist für Kinder derart bedeutsam, dass dieser Anspruch rechtlich abgesichert und mit Artikel 31 – dem Recht auf Spiel – in der UN-Kinderrechtskonvention verankert wurde.
Idealerweise sollten Kinder überall, sei es zu Hause, in Bildungseinrichtungen oder im öffentlichen Raum, ihrem natürlichen Spieltrieb nachgehen können. Insbesondere im öffentlichen Raum sind die Möglichkeiten zur freien spielerischen Entfaltung jedoch aufgrund städtebaulicher und verkehrstechnischer Gegebenheiten stark eingeschränkt.
Kindgerechte Spielplätze als Verantwortung der Kommunen
Daraus ergibt sich eine klare Verantwortung für Kommunen, sichere und kindgerechte Spielräume zur Verfügung zu stellen und dies bei der Haushaltsplanung entsprechend zu berücksichtigen. Zudem müssen sie ihrem Handlungsauftrag trotz – oder gerade aufgrund – mangelnder gesetzlicher Grundlagen nachkommen und für den bedarfsgerechten Bau hausnaher Spielplätze sorgen.
Rein quantitativ ist die Versorgung mit Spielplätzen in Deutschland zunächst positiv zu bewerten. Laut dem Institut der Deutschen Wirtschaft (2024) erreichen 95 Prozent der Kinder unter zehn Jahren innerhalb von 25 Minuten zu Fuß einen Spielplatz. Gerade für jüngere Kinder ist diese Distanz jedoch kaum eigenständig zu bewältigen. Deshalb empfiehlt die DIN Norm 18034 für Sechs- bis Zwölfjährige eine zumutbare fußläufige Entfernung von höchstens 500 Metern und für unter Sechsjährige höchstens 300 Meter.
Wo der Bedarf besonders groß ist
Zudem bestehen erhebliche regionale Unterschiede. In ländlichen Gebieten und sozial benachteiligten Stadtteilen ist die Spielplatzdichte oft deutlich geringer und die Qualität der Anlagen schlechter. Dabei haben Spielplätze je nach Wohnort unterschiedliche Bedeutungen im jeweiligen Sozialraum. In dicht besiedelten und bebauten Gebieten spielen sie als Bewegungs- und Begegnungsort eine bedeutendere Rolle als in Einfamilienhaussiedlungen.
Ein weiteres Problem stellt die zunehmende Verdrängung von Spielflächen durch Autoverkehr und städtebauliche Nachverdichtung dar. Dies reduziert nicht nur das Angebot an Flächen, sondern erschwert ebenfalls die eigenständige Mobilität der Kinder – auch auf dem Weg zum Spielplatz. Viele bestehende Spielplätze sind zudem veraltet oder sanierungsbedürftig. Informelle Spielflächen mit hohem Spielwert, wie Brachflächen, verschwinden zunehmend zugunsten neuer Bauprojekte.
Ein besonders dringlicher Handlungsbedarf besteht im Bereich der Inklusion. Kinder mit Behinderungen werden durch die bisherige Spielplatzplanung häufig ausgeschlossen. Um inklusives Spiel zu ermöglichen, braucht es ein grundlegendes Umdenken in Planung und Umsetzung – sowohl bei Neubauten als auch bei der Sanierung bestehender Spielplätze. Spielräume sollten so gestaltet sein, dass sie auf vielfältige Art und Weise von möglichst allen Kindern und ihren Begleitpersonen wahrgenommen werden können.
Kommunen sollten bei jedem neuen Spielplatz oder bei umfassenden Sanierungen mindestens eine inklusive Spielmöglichkeit vorsehen. Ziel muss sein, dass alle Kinder entsprechend ihren individuellen Fähigkeiten und Bedürfnissen Spielräume gemeinschaftlich nutzen können. Dafür braucht es verbindliche Planungsprinzipien wie das Zwei-Wege- und Zwei-Sinne-Prinzip: Jedes Spielgerät muss auf zwei Wegen erreichbar sein, mindestens einer davon barrierefrei; mindestens zwei der drei Sinne „Hören, Sehen und Tasten“ müssen angesprochen werden.
Abwechslungsreiche Gestaltung
Weitere zentrale Bausteine für einen kindgerechten Spielplatz sind eine vielfältig anregende Gestaltung sowie eine abwechslungsreiche Raumgestaltung, um unterschiedliche Bedürfnisse zu berücksichtigen. Das bedeutet, dass nicht ausschließlich mit regulären Spielgeräten möbliert, sondern auch Hügel, Baumstämme, Sträucher oder Mauern als raumgliedernde Elemente integriert werden sollten. Sie bieten Rückzugsmöglichkeiten, Raum für Rollenspiele und selbstbestimmtes Bewegen.
Auch naturnahes Spiel sollte durch eine entsprechende Gestaltung ermöglicht werden, indem Lehm, Wasser, Pflanzen und unterschiedliche Materialien zur Verfügung stehen. Dadurch werden Kindern wichtige Erfahrungsräume geboten, in denen sie experimentieren und entdecken können. Naturnahe Spielräume erfordern jedoch eine intensive Pflege, die von Anfang an mitgedacht werden muss.
Plädoyer für Spielleitplanung
Um die Qualität von Spielräumen zu sichern oder herzustellen, bedarf es zudem beteiligungsorientierter Spielflächenkonzepte, die im Idealfall mittels Spielleitplanung erarbeitet werden. Dieses planerische Instrument richtet den Blick auf die gesamte Kommune als Spiel-, Erlebnis- und Aufenthaltsraum für Kinder und Jugendliche. Gemeinsam mit ihnen werden alle öffentlichen Freiräume, in denen sich junge Menschen aufhalten, erfasst, bewertet und berücksichtigt.
Grundlegend für den Neu- oder Umbau eines Spielortes ist die aktive Beteiligung von Kindern an dessen Planung und Realisierung. Artikel 12 der UN-Kinderrechtskonvention sichert ihnen das Recht zu, an allen sie betreffenden Angelegenheiten zu partizipieren.
Diesem Artikel kommt beim Bau von Spielplätzen eine hohe Bedeutung zu, sind Kinder doch die Experten ihrer Lebenswelten und wissen, was für den Spielwert eines Ortes besonders wichtig ist. Mit kreativen Methoden und Modellbauten können sie hier ihre Perspektiven einbringen. Durch deren Umsetzung erfahren sie Selbstwirksamkeit, Gemeinschaft sowie eine hohe Identifikation mit ihrem Spielraum.
Mit gutem Beispiel ist die Stadt Nürnberg vorangegangen, die als erste Großstadt verbindliche Leitlinien zur Bewertung ihrer Spielflächen formuliert hat. Sie zeigen auf, wie Anforderungen hinsichtlich Qualität und Inklusion auf kommunalen Spielflächen normgerecht umgesetzt werden können.
Bei hausnahen Flächen allerdings bleibt zu befürchten, dass der Spielplatzbau aufgrund der jüngsten Bauordnungsnovelle kontinuierlich zurückgeht. Sollten weitere Länder dem Vorgehen Bayerns folgen und die Steuerungsmöglichkeit für die Errichtung hausnaher Spielplätze von der Landes- auf die kommunale Ebene verlagern, ohne dass Kommunen entsprechende Spielplatzsatzungen formulieren, werden Bauträger stillschweigend aus ihrer Pflicht entlassen.
Anne-Charolotta Dehler
Die Autorin
Anne-Charlotta Dehler ist Referentin Spiel und Kultur beim Deutschen Kinderhilfswerk e.V.
Zum Weiterlesen
- Informationen zur Qualitätssicherung von Spielräumen sind hier zu finden.
- Informationen zum Themenbereich Spiel und Inklusion sowie zu den Nürnberger Leitlinien sind hier zu lesen.



