Fahrradfreundliche Städte: Wo es sich am besten in die Pedale treten lässt

Ausgebremst oder gut unterwegs: Wie geht es voran mit dem Radverkehr? Der ADFC hat nachgefragt
und den neuen Fahrradklima-Test im Beisein von Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder vorgestellt.

Fahrradfreundliche Städte
Zum elften Mal fragte der ADFC Bürgerinnen und Bürger aus ganz Deutschland, wie zufrieden sie mit der Fahrradtauglichkeit ihrer Städte und Gemeinden sind. Die beste Note staubte Wettringen im Münsterland ab. Foto: Adobe Stock/Rethea B/peopleimages.com

Sommerzeit heißt für viele auch: Fahrradzeit. Aber nicht überall geht das Radeln gleich gut – zu dieser Erkenntnis kommt der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) in seinem Fahrradklima-Test. Er wird vom Bundesverkehrsministerium gefördert und findet alle zwei Jahre statt.

2024 konnten 213.000 Bürgerinnen und Bürger bundesweit ihre Zufriedenheit mit den Radwegen und ihr Sicherheitsgefühl auf der Straße bewerten. Außerdem sollte herausgefunden werden, wie die Deutschen über das Thema „Miteinander im Verkehr“ denken.

Fahrradfreundliche Städte: Investitionen lohnen sich

Mit 1047 Orten in der Bewertung sind ungefähr 65 Prozent der Bevölkerung repräsentiert. Statistisch repräsentativ sind die Ergebnisse zwar nicht. Laut ADFC haben sie aber durch die breite Bürgerbeteiligung hohe Aussagekraft und können Kommunen helfen, das Angebot für Radfahrende gezielt zu verbessern.

Die Ergebnisse stellte der Club im Juni vor. Der ADFC-Vorsitzende Frank Masurat fasst es so zusammen: „In fast allen Großstädten zeigt sich, dass Investitionen in den Radverkehr – in breite, sichere Radwege, Fahrradbrücken und Fahrradparkplätze – sofort für mehr Zufriedenheit unter den Radfahrenden sorgen. Selbst hügelige Städte wie Tübingen und Auerbach im Vogtland haben es durch den konsequenten Ausbau der Radwegenetze – und die wachsende Beliebtheit von Pedelecs – geschafft, fahrradfreundlicher zu werden.“

Leichter Aufwärtstrend

Die Hauptpunkte, die sich daraus ableiten, sind also zunächst durchaus positiv. Die Zufriedenheit der Radfahrenden hat sich leicht verbessert, nämlich um 0,04 Bewertungsstufen im Vergleich zum letzten Test 2022.

Außerdem liegen zehn der 15 befragten Städte über 500.000 Einwohner im Aufwärtstrend, was den Ausbau der Radwege anbelangt. Als positiver Trend durch alle Stadtgrößenklassen zeichnet sich zudem die wachsende Zufriedenheit mit Fahrradparkplätzen ab.

„Wir wollen die Attraktivität und Sicherheit des Radfahrens für alle Bürgerinnen und Bürger flächendeckend erhöhen“, sagte Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder bei der Vorstellung des Fahrradklima-Tests. „Viele Kommunen arbeiten bereits erfolgreich daran, die Bedingungen zum Radfahren in Deutschland zu verbessern. Die Gewinnerstädte des ADFC-Fahrradklima-Tests zeigen uns: Gute Maßnahmen vor Ort steigern spürbar die Zufriedenheit im Radverkehr.“

Schnieder ehrte die Orte, die vom ADFC als die fahrradfreundlichsten Städte und Gemeinden Deutschlands ausgezeichnet wurden. Neu und auf den ersten Plätzen in ihren Größenklassen sind beispielsweise Frankfurt, Erlangen oder Tübingen. Frankfurt, das sich stark verbessert hat, konnte viele neue Radwege, geschützte Radfahrstreifen, Fahrradstraßen und fahrradfreundliche Nebenstraßen einrichten. Dazu wurden viele neue Radbügel aufgestellt, und das Radwegenetz wurde lückenlos beschildert.

Tübingen zeigt wiederum, dass man auch in einer hügligen Region Radfahren kann. Ein durchgängiges und auffällig blau gekennzeichnetes Premium-Radnetz inklusive Fahrradbrücke lockt immer mehr Pendler auf das Rad oder Pedelec. Am Hauptbahnhof findet sich zudem eine großzügige Fahrradtiefgarage mit Werkstatt, Fahrradwaschanlage, Schließfächern und einem Café.

Wettringen macht das Rennen

Bei den kleineren Gemeinden glänzt Wettringen im Münsterland. Zum dritten Mal in Folge ist die Kommune auf Platz eins in der Größenklasse bis 20.000 Einwohner. Außerdem gelang es Wettringen, die beste Note aller Größenklassen zu erreichen.

Den Sonderpreis für das „Miteinander im Verkehr“ konnte Aachen gewinnen. Dort wurde der Umgang miteinander im Straßenverkehr als überdurchschnittlich gut bewertet – sogar höher als die allgemeine Fahrradfreundlichkeit der Stadt. Die besten Aufholer, also Städte, die die stärkste Verbesserung zum vorherigen Fahrrad-Test vorweisen konnten, waren unter anderem Bochum oder Siegen.

Auch Nürnberg hat gut abgeschnitten: Die fränkische Lebkuchenstadt punktet mit guter Akzeptanz der Radfahrenden im Verkehr, mit fahrradfreundlichen Ampelschaltungen und einer hochwertigen Qualität neuer Radwege. Dadurch mache das Radfahren in Nürnberg aus Sicht der Befragten mehr Spaß und erzeuge weniger Stress.

Fahrradfreundliche Städte
Grafik: Allgemeiner Deutscher Fahrradclub (ADFC)

Schmale und zugeparkte Radwege weiterhin problematisch

„Besonders freut es mich, dass auch die Förderung des Bundes Wirkung zeigt und wir effektiv die zuständigen Länder und Kommunen dabei unterstützen, die Radverkehrsinfrastruktur auszubauen“, bekräftigt Schnieder. Er ist sich sicher: „Für mehr Zufriedenheit braucht es weiterhin die Anstrengungen aller Beteiligter – nicht nur in den Großstädten, sondern auch in kleineren Gemeinden und in ländlichen Regionen. Mit guter, möglichst getrennter Infrastruktur verbessert sich beispielsweise sowohl das Verkehrsgeschehen als auch das Miteinander – und das nicht nur auf dem Rad, sondern für alle Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer gleichermaßen.“

Allerdings gibt es auch einiges an Verbesserungspotenzial. So konnte durch die Befragung festgestellt werden, dass zu schmale oder zugeparkte Radwege weiterhin ein Problem für die radelnde Bevölkerung darstellen.

Auch die Zusatzfragen zum Miteinander im Verkehr bekamen vergleichsweise schlechte Bewertungen. Das Miteinander wurde sogar schlechter bewertet als das Fahrradklima insgesamt. Besonders negativ fällt bei den Sonderfragen der Überholabstand auf. 77 Prozent der Befragten gaben an, dass Radfahrer von Autos meistens zu eng überholt werden.

Radfahren muss sicherer werden

„Was uns weiter Sorgen macht, ist das Thema Sicherheit“, sagt Frank Masurat. „Mehr als zwei Drittel der Radfahrenden fühlen sich im Straßenverkehr nicht sicher. Das muss sich ändern: An Hauptverkehrsachsen und Landstraßen braucht der Radverkehr eigene, separate Führung, eingebunden in ein zusammenhängendes Radwegenetz.“

Der ADFC-Vorsitzende ist sich sicher, dass dann auch das Miteinander im Verkehr besser klappe und die Verkehrssicherheit steige. „Damit sichere Radwege in den Städten und auf dem Land durchgängig gebaut werden können, brauchen die Kommunen Mut zur Veränderung und eine verlässliche, langfristige Förderung von den Ländern und vom Bund“, betont Masurat.

Fabienne Acker

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