Nachhaltige Mobilität durch individuelle Lösungen

Der Verkehrssektor ist von der Erreichung der Nachhaltigkeitsziele noch weit entfernt – tatsächlich gibt es aber längst nicht nur gute Ideen, sondern auch konkrete Projekte und erfolgreiche Umsetzungen. Zum Beispiel Bürgermitsprache: eines der Elemente, die helfen, ans Ziel zu kommen.

Nachhaltige Mobilität durch individuelle Lösungen
Viele Wege führen zu einer nachhaltigen Mobilität. Fahrradwege – auch und gerade solche, die über die Grenzen von Kommunen hinausgehen – sind wichtige Meilensteine. Foto: Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg Valentin Marquardt.

Die Bandbreite zukunftsweisender Mobilität ist groß: Sie reicht von Sharingangeboten für Autos, Fahrräder, E-Bikes oder E-Scooter über den Ausbau von Bus- und Bahnlinien, die Einführung von Elektrobussen und verbesserte Taktfrequenzen, Ladeparks und Mobilitätsplattformen bis hin zum elektrischen Dorfauto, zu on demand-Verkehr, digitalen Mitfahrbanken, alternativen Pendellösungen oder auch zu Verwaltungs- und Governanceinstrumenten. Ein Patentrezept gibt es nicht. Die Situation vor Ort gibt den Ausschlag für die jeweilige Lösung.

Insbesondere gilt, dass Mobilitätskonzepte an den Grenzen der Kommunen nicht Halt machen. Radschnellwege beispielsweise verbinden oft mehrere Kommunen – zum Beispiel die Radschnellwege RS14 Filstal, RS16 HD-Schwetzingen und den RS8 im Rems-Murr-Kreis, die eines der BIT-Teams derzeit im Auftrag von Regierungspräsidien, Landratsämtern und Kommunen plant. Die Umsetzung der grenzüberschreitenden Projekte hat Infrastrukturmaßnahmen zur Folge. Beispielswiese müssen neue Brücken errichtet, kreuzungsfreie Verkehrswege geschaffen, Verkehrsführungen neu definiert und der Standort sowie die Funktion von Signalanlagen überdacht werden.

Der Mobilitätspakt bringt voran

Wie grenzüberschreitende Mobilität entwickelt werden kann, zeigt der 2017 gegründete und von der BIT intensiv begleitete Mobilitätspakt Heilbronn-Neckarsulm. Nach fünf Jahren erfolgreicher Zusammenarbeit haben sich der Individualverkehr und der öffentliche Verkehr deutlich verbessert. Neue Rad- und Fußwege sind entstanden, ebenso neue Haltepunkte für die Stadtbahn, Straßenknoten wurden optimiert. Eine Mitfahr-App vernetzt Pendlerinnnen und Pendler, ein selbstfahrendes Shuttle bedient ein Autowerk. 2022 wurde der Pakt fortgeführt, die Städte Bad Wimpfen und Bad Friedrichhall haben sich angeschlossen. Heute arbeiten im Mobilitätspakt elf Partner zusammen.

Der Zukunftswettbewerb „#mobilwandel2035“, gefördert vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz, setzte auf nachhaltige Mobilität. Drei Kommunen und zwei Forschungsinstitute erprobten bis Ende 2024 visionäre Ziele. Das Spektrum reichte von der Steuerung einer emissionsarmen City-Logistik über einen nachhaltigen, automatisierten, kunden-und servicefreundlichen Lieferverkehr der Zukunft bis hin zu einer smarten Nachbarschaft von Kommunen mit dem Ziel, eine ökologische und komfortable Mobilität auf dem Land zu entwickeln.

Ergebnis der Projekte: Pendler- und Wirtschaftsverkehre konnten verbessert und verschlankt werden, Alternativen zur ständigen Nutzung des eigenen Pkw wurden entwickelt, ebenso Ideen zur Revitalisierung der Marktplätze und traditioneller Ortszentren. Es sind individuelle Lösungen, die das Nutzungserlebnis passgenau mit den psychologischen Grundbedürfnissen der Verkehrsteilnehmer vor Ort in Einklang bringen.


Wege in die Zukunft

Der Wettbewerb „#mobilwandel2035“ sollte helfen, Weichen neu zu stellen. In der ersten Förderphase entwickelten Kommunen, Universitäten, Forschungs-und Beratungsorganisationen neue Zielbilder für eine nachhaltige, zukunftsweisende Mobilität im Jahr 2035. Fünf Projekte haben es im Anschluss über ein Bewerbungsverfahren in die zweite Förderphase geschafft und bis Ende 2024 aus den Zielbildern konkrete Handlungsschritte entwickelt. Siekonnten mit Finanzierung des Bundesumweltministeriums bereits erste Maßnahmen umsetzen und in der Realität erproben.

www.z-u-g.org/foerderung/zukunftswettbewerb-nachhaltige-mobilitaet/


Die Bürger vor Ort einbinden

Multimodale Mobilität wird am besten dann akzeptiert, wenn die Angebote mit den persönlichen Werten der Nutzer übereinstimmen. Die Bürgerinnen und Bürger vor Ort müssen deshalb unbedingt bei zukunftsweisenden Mobilitätskonzepten eingebunden werden: Das zeigt die Erfahrung vor Ort. Ladepunkte für Pkw und Lkw an Autobahnen beispielsweise erfüllen diese Anforderung. Oder Mobilitätsknoten wie der umgestaltete Hauptbahnhof in Heilbronn.

Die Lösungen können mit digitalen Angeboten unterstützt werden. So bietet die Stadt Leipzig ergänzend zu den Mobilitätsstationen eine App, die Angebote von Bus, Bahn, Leihauto, Leihfahrrad und Taxi integriert. Die verschiedenen Angebote können in nur einer Anwendung gebucht werden.

Digitalisierung beschleunigt

„Whim“ in Finnland integriert gleich sämtliche Verkehrsträger des Landes in einer App. Wer eine Reise unternimmt – mit dem Taxi zum Bahnhof, von dort zum Zielort, weiter mit der S-Bahn, dem Taxi, dem Leihfahrzeug und abschließend mit dem E-Scooter zum Ziel und wieder zurück – bucht und zahlt nur einmal in der App. Die Verkehrsflatrate läuft inzwischen auch in anderen europäischen und asiatischen Kommunen.


Die Autoren

Dr. Ing. Volker Mörgenthaler ist im Vorstand der BIT Ingenieure AG. Mara Dreher ist Ingenieurin und Stadtplanerin bei der BIT Ingenieure AG am Standort Heilbronn.


Volker Mörgenthaler, Mara Dreher

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