Ein wichtiger Schritt für Verwaltungen: Der digitale Gewerbesteuerbescheid

Der digitale Gewerbesteuerbescheid ist ein wichtiger Mosaikstein in der Verwaltungsdigitalisierung: Kommunen, Unternehmen und Steuerberatungen profitieren von vereinfachten, beschleunigten Prozessen. Zum Beispiel die Stadt Essen: Dort wirkt sich das neue Verfahren bereits positiv aus.

digitale Grundsteuerbescheid
Der digitale Gewerbesteuerbescheid kommt nicht von allein – spart aber Kosten und Zeit, sobald das neue Verfahren läuft. Foto: Nagarro

Seit einem Jahr können Steuerpflichtige bei Abgabe der Gewerbesteuererklärung den digitalen Gewerbesteuerbescheid über das ELSTER-Portal beantragen. Der neue digitale Bescheid wird als PDF-Dokument mit eingebettetem XML (PDF/A-3) in das Postfach des ELSTER-Unternehmenskontos zugestellt. Der maschinell lesbare, deutschlandweit einheitliche und rechtswirksame Bescheid ermöglicht eine direkte Weiterverarbeitung in den unterschiedlichen Softwarelösungen der Unternehmen und Steuerberatungen.

Kommunen haben durch den digitalen Gewerbesteuerbescheid deutlich weniger Bearbeitungsschritte. Unter anderem wird die Zuordnung von Vorgängen zwischen Steuer- und Kassenamt erleichtert. Das Abtippen und Anheften von Informationen kann entfallen. Neue Möglichkeiten beim Suchen und Filtern von Bescheiden nach bestimmten Kriterien verbessern zudem das Dokumentenmanagement. Der monatliche bürokratische Aufwand reduziert sich um mehrere Stunden.

Der digitale Gewerbesteuerbescheid spart Ressourcen

Zudem optimiert das standardisierte und automatisierte Vorgehen den gesamten Prozess und schafft mehr Transparenz. Gleichzeitig werden personelle Ressourcen freigesetzt – und der digitale Gewerbesteuerbescheid stellt eine kostengünstige Lösung dar. Es fallen zwar Initialkosten für die Fachverfahren an, dafür sparen Kommunen das Geld für Druck und Porto, und die Anbindung sowie die Nutzung der Kommunen von ELSTER-Transfer ist kostenfrei.

Weitere Vorteile ergeben sich dadurch, dass der digitale Gewerbesteuerbescheid neuerdings als Fachmodul vom IT-Standardisierungsvorhaben XUnternehmen umgesetzt wird. Konkret werden dadurch verbindliche Nutzung und kontinuierliche Pflege des Datenmodells geschaffen. Zudem ermöglicht die Teilnahme an einem solchen XÖV-Standard nachhaltig eine reibungslose Datenübertragung zwischen verschiedenen Systemen und Organisationen.

OZG-Aufgaben werden erfüllt

Somit können alle Verwaltungsprozesse, die im Zusammenhang mit der Gewerbesteuer stehen, vereinfacht und automatisiert werden. Auch die aus dem OZG resultierende Verpflichtung zur elektronischen Bescheidbekanntgabe wird erfüllt, für die jede Kommune ansonsten eine eigene Lösung umsetzen müsste.

Damit möglichst viele Kommunen in eine strukturierte, koordinierte Umsetzung kommen, sind drei Punkte entscheidend:

  • die Begleitung und Unterstützung aus Länderarbeitskreisen und dem „ServiceDesk Digitaler Gewerbesteuerbescheid“ – hier kann der Versand in einem Testsystem erprobt werden;
  • die Zusammenarbeit mit einem erfahrenen HKR-Hersteller, der seinerseits eine Software für das einheitliche Bescheidformat anbietet;
  • die Kommunen müssen die Anbindung an ELSTER mit entsprechenden Zertifikaten beantragen. Voraussetzung ist, dass Verwaltungen intern die Grundlagenbescheide digitalisieren, nur so entsteht letztlich ein vollständig automatisierter Prozess.

Bisher sind 100 Kommunen nach umfassenden Tests in der Lage, den digitalen Gewerbesteuerbescheid zu versenden. Rund 1000 Pilotkommunen sind in der technischen Planung oder Umsetzung.

digitale Gewerbesteuerbescheid
Essen versendet seine 3500 Gewerbesteuerbescheide im Monat nicht mehr mit der Post, sondern digital. Damit sind unter anderem die Ausgaben für Papier und Porto deutlich gesunken. Foto: Adobe Stock/tippapatt

Essen treibt Digitalisierung voran

Die nordrhein-westfälische Stadt Essen  (600.000 Einwohner) war die erste, die das Projekt gemeinsam mit Nagarro im Rahmen ihrer Digitalstrategie angegangen ist. Es war der nächste logische Schritt nach Einführung der elektronischen Akte und des Datenträgeraustauschs mit der Finanzverwaltung. Das Ziel war, ein modernes Dienstleistungsangebot bereitzustellen, das für alle einfach und standardisiert nutzbar ist.

Seit einem Jahr kann die Stadt ihre rund 3500 Gewerbesteuerbescheide im Monat vollumfänglich digital an ansässige Unternehmen verschicken – statt wie zuvor in Papierform per Post. Die ersten Eindrücke sind durchweg positiv: Es gibt keine Papierflut mehr, keine Postrückläufer durch ungültige Adressen, keine Medienbrüche bei der Übermittlung. Zudem sind die Ausgaben für Papier und Porto deutlich gesunken, und der Arbeitsaufwand für die Sachbearbeiter hat sich erheblich reduziert.

Jetzt kommt es darauf an, das Angebot stärker unter Steuerpflichtigen und Steuerberatern zu bewerben, damit es flächendeckend in Anspruch genommen wird.     

Norbert Rheindorf


Der Autor

Dr. Norbert Rheindorf verantwortet die Line of Business Public Sector bei Nagarro.


Mehr zum Thema

Digitale Verwaltung

Digitale Verwaltung: Bürger wollen mehr online erledigen

Die digitale Verwaltung in den Kommunen kommt langsam voran. Den Antrag für Personalausweis und Führerschein würden die meisten Bürgerinnen und …
Digitalisierung der Verwaltung

Mehr Drive bei der Digitalisierung der Verwaltung

Die Digitalisierung der Verwaltung ist noch nicht so weit, wie es gebraucht wird – es gilt unbedingt nachzubessern: Verbandsexperte Marc …

Ein wichtiger Schritt in der Digitalisierung von Ämtern und Behörden

Behörden und Ämter sollen digital unabhängig werden – vor allem kleineren Gemeinden fällt es jedoch oft schwer, adäquate Lösungen zu …