Ein wichtiger Schritt in der Digitalisierung von Ämtern und Behörden

Behörden und Ämter sollen digital unabhängig werden – vor allem kleineren Gemeinden fällt es jedoch oft schwer, adäquate Lösungen zu finden. Mit dem neuen Zentrum für Digitale Souveränität soll sich dies nun ändern. Warum hier ein Akzent gesetzt wird, erklärt IT-Experte Tillmann Braun.

Entscheidend ist nicht nur, dass Programme reibungslos laufen. Die Frage ist auch: Woher stammen sie – wer steht hinter der Entwicklung? Foto: Adobe Stock/monsitj

Die Digitalisierung bietet einmalige Chancen, Arbeitsprozesse und -abläufe zu optimieren. Mit der passenden Lösung sowie der richtigen Umsetzung lässt sich viel unnötiger Aufwand vermeiden und damit Zeit und Geld sparen. Wichtig ist jedoch, dass man sich nicht von einzelnen Anbietern abhängig macht. Ansonsten ist man langfristig an Konzerne gebunden, für die am Ende des Tages vor allem der Profit zählt. Hinzu kommt, dass es auch aus Sicherheitsgründen keine gute Idee ist, wenn Microsoft und andere IT Riesen aus den USA und China Zugriff auf sensible Daten und Informationen haben.

Den meisten Kommunen ist diese Problematik längst bekannt. Doch gerade in kleineren Gemeinden und Behörden fehlt es oft an den Ressourcen und der notwendigen Expertise, um eine adäquate Alternative zu den Angeboten der bekannten IT-Konzerne zu finden.

Das soll sich nun mit dem Zentrum für Digitale Souveränität (ZenDiS) ändern. Dabei handelt es sich um eine gemeinsame Initiative des Bundes und der Länder, die als zentrale Anlaufstelle für Gemeinden und Behörden fungiert. Maßgeblich vorangetrieben wurde das ZenDiS durch die Gründungsväter Dr. Markus Richter, CIO des Bundes, und dem jetzigen Geschäftsführer Andreas Reckert-Lodde.

Behörden können sich Hilfe holen

Eines der Hauptziele von ZenDiS ist es, Behörden und Ämtern dabei zu helfen, in der öffentlichen Verwaltung sichere und transparente Lösungen zum Einsatz zu bringen, die nicht von Privatunternehmen gemanagt und kontrolliert werden. Schließlich lässt sich eine echte digitale Unabhängigkeit nur dann erzielen, wenn man dank quelloffener Open-Source-Software (OSS) die Fäden selbst in der Hand hat und die Kontrolle nicht an private Softwareunternehmen abgibt.

Mit Open CoDE will das ZenDiS die Entwicklung und den Austausch von Open-Source-Software in der öffentlichen Verwaltung fördern. Vor allem aber übernimmt das Zentrum die Trägerschaft von openDesk.

Dahinter verbirgt sich der „Souveräne Arbeitsplatz“. Mit dieser Software-Suite kann der öffentliche Sektor seine Abhängigkeit von einzelnen Softwareanbietern reduzieren und schrittweise beenden, ohne auf millionenfach bewährte Lösungen verzichten zu müssen. Schließlich basiert die Lösung auf Open-Source Produkten verschiedener europäischer Open-Source-Spezialisten, die sich teils seit Jahrzehnten im Alltag bewährt haben.

„Wir wollen den Behörden ein funktionierendes Angebot aus etablierter Open-Source-Software und kompetenter Unterstützung bieten“, erläutert Andreas Reckert-Lodde. „Es gibt wirklich viele großartige Softwarelösungen wie beispielsweise die millionenfach bewährte E-Mail-Plattform von Open-Xchange aus Köln, die von fast allen großen Internetprovidern genutzt wird. Oder die sichere Matrix-basierte Messagingplattform Element, die beim Militär in Frankreich, in der Ukraine und auch bereits bei der Bundeswehr genutzt wird.“ Auch die Projektmanagementsoftware OpenProject werde von vielen Unternehmen wie beispielsweise Mercedes-Benz verwendet. „Mit openDesk steht Kommunen und Behörden jetzt ein souveräner Arbeitsplatz zur Verfügung, mit dem die digitale Unabhängigkeit greifbar wird,“ so Reckert-Lodde.

Da der openDesk-Arbeitsplatz als flexible Cloudlösung bereitgestellt wird, die in jeder Kubernetes-fähigen Cloud betrieben werden kann, können Gemeinden und Behörden selbst entscheiden, welchen Cloudanbieter sie nutzen wollen – und ihn bei Bedarf auch wechseln. Bei MS-Office-Anwendungen und anderen proprietären Lösungen ist das nicht möglich. Ändern sich also die Anforderungen, kann man flexibel darauf reagieren.

Open-Source-Lösungen auch für den Einsatz von KI

Ein weiterer wichtiger Faktor, der für den Einsatz von Open-Source-Lösungen spricht, sind die Vorteile und Erleichterungen, die Künstliche Intelligenz (KI) bieten. Schließlich lassen sich mit KI auch in der Verwaltung viele Prozesse automatisieren – auch das spart viel Zeit und entlastet die Budgets.

So nutzt etwa die Stadt Heidelberg bereits einen KI-basierten Bürgerassistenten namens „Lumi“, der vom Heidelberger Start-up Aleph Alpha entwickelt wurde. Das System ist in der Lage, auf individuelle, nicht vorab programmierte Fragen von Bürgerinnen und Bürgern einzugehen. Allerdings ist es auch bei KI Lösungen wichtig, dass sie auf quelloffenem Code basieren, sodass Sicherheit und Transparenz jederzeit gewährleistet sind.

Mit dem ZenDiS gibt es nun eine Anlaufstelle für den öffentlichen Sektor, mit deren Hilfe Gemeinden und Behörden den Weg in die digitale Souveränität in Angriff nehmen können. Wer diese Unterstützung annimmt, dürfte am Ende nicht nur über eine unabhängige und sichere IT verfügen, sondern auch die vorhandenen Ressourcen effizienter nutzen.

Tillmann Braun


Der Autor

Tillmann Braun ist Fachjournalist mit Schwerpunkt IT und Digitalisierung aus Haiterbach.