Denkmalpflege: Ein wichtiger Schritt für den Klimaschutz

Geschützte Bauwerke sollen Vergangenheit und Tradition in sich aufbewahren – und sie können mehr: Von ihnen lässt sich viel über nachhaltiges Bauen und Sanieren lernen. Gute Beispiele der Denkmalpflege mit vielfältigen Aspekten gibt es bereits.

Denkmalpflege
In alten Gebäuden ist nicht nur Vergangenheit aufgehoben, auch die Baustoffe sind wertvoll — und man kann von ihnen lernen: Bestand kann beim Klimaschutz eine zentrale Rolle spielen. Foto: Adobe Stock/Bernd Rehorst

Unsere Denkmäler sind wichtige Akteure im Klimaschutz: Sie bestehen aus robusten, langlebigen und reparaturfähigen Materialien, die ökologisch und recycelbar sind. Diese Merkmale machen sie zu wertvollen Vorbildern für eine dringend notwendige Reparaturkultur in unserer Gesellschaft. Denn die Bauwirtschaft ist maßgeblich verantwortlich für hohe CO2-Emissionen, bedingt durch die häufige Entscheidung für Neubauten und durch schwer trennbare Baumaterialien. Um die Klimaziele zu erreichen, müssen wir daher den bestehenden Baubestand nutzen und nachhaltig weiterentwickeln, ohne die gebundene graue Energie zu verschwenden.

Dabei reicht seine energetische Optimierung alleine nicht aus. Vielmehr müssen wir unsere Perspektive erweitern: Die Denkmalpflege spielt hierbei eine zentrale Rolle. Durch ressourcenschonende Pflege und Wartung verlängert sie die Lebensdauer von Bauwerken und Anlagen. Dank erprobter Konservierungsmethoden und nachhaltiger Reparaturtechniken minimiert man den Einsatz neuer Baumaterialien, Abfall wird vermieden, und ökologische sowie ökonomische Kosten werden gesenkt. Besonders Bauwerke aus vorderindustrieller Zeit sind Beispiele für nachhaltige und reparaturfreundliche Konstruktionen. Diese Techniken sparen große Mengen CO2 ein. Damit sind sie ideale Leitbilder eines bewahrenden, kreislaufwirtschaftlichen Umgangs mit Ressourcen, der auch auf andere Lebensbereiche übertragen werden sollte.

Strukturwandel als große Herausforderung

Eine große Herausforderung stellen aktuell auch Strukturwandel und demografischer Wandel dar, der zu Verdichtung in den Metropolregionen bei gleichzeitiger Bevölkerungsabnahme im ländlichen Raum führt. Insbesondere sind es dort die Ortszentren von Dörfern, Klein- und Mittelstädten, die unter Leerstand und Verfall leiden. Gleichzeitig führt der Verdichtungsdruck in Metropolregionen zu Verlusten an Denkmalsubstanz und historischen Strukturen durch Abrisse oder Veränderungen.

50 Jahre nach Beginn der Städtebauförderung sind Orts- und Stadtkernensembles wieder stärker gefährdet. Die wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Coronapandemie haben den Handlungsbedarf in Innenstädten und Dörfern verstärkt. Gleichzeitig ist es wichtig, gerade in Zeiten von Unsicherheit und Krisengefühl ihre historischen Stadt- und Ortskerne als identitätsstiftende Lebensräume zu erhalten und zukunftsfähig zu machen.

Denkmalpflege
Abreißen oder nicht abreißen — das sollte möglichst nicht die Frage sein: Aus Klimaschutzgründen spricht viel für den Erhalt. Foto: Adobe Stock/Ralf

Unterstützung für die Stadtplanung

Kommunen müssen ihre Stadt- und Ortskerne lebenswert und zukunftsfähig erhalten. Konzepte, die Denkmalpflege mit Stadtentwicklungsplanung verbinden, helfen dabei: In Hessen gibt es dafür beispielsweise die SDA (Städtebaulich-Denkmalpflegerische Aufnahme) und in Bayern das Kommunale Denkmalkonzept.

Diese Instrumente zeigen dringenden Erhaltungsbedarf historischer Qualitäten auf und betrachten Förderstandorte differenziert. Sie ermöglichen die Entwicklung von Erhaltungs- oder Gestaltungssatzungen und unterstützen eine schnellere und qualitativ bessere Umsetzung der Energiewende, etwa durch integrierte Solarkataster. Durch diese frühzeitige Einbindung der Denkmalpflege können Kommunen effizienter handeln und erhalten wertvolle Impulse für die Innenentwicklung.

Denkmalpflege auch bei Klimaanpassung berücksichtigen

Zudem sollten kommunale Klimaanpassungs- und Katastrophenrisikomanagementpläne Denkmalschutz berücksichtigen. Beispielgebend ist hier ein Papier des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung, das im Rahmen der Urban Agenda entstanden ist: „Leitprinzipien zur Stärkung eines integrierten Risikomanagements im Umgang mit baukulturellem Erbe“. Die Denkmalfachämter in Nordrhein-Westfalen konnten hier ihre Erfahrungen mit Überschwemmungen einbringen.

Kommunen müssen auch ihre identitätsstiftenden Kulturlandschaften als wichtige Orte für Naherholung und Tourismus bewahren. Die Gemeinde Willebadessen in Nordrhein-Westfalen hat daher mit der Technischen Universität Berlin „Abstandsempfehlungen für Windenergieanlagen von kulturlandschaftsprägenden Baudenkmälern“ entwickelt. So wird deren Umgebung vor optischer Beeinträchtigung geschützt. Diese Empfehlungen wurden in den Flächennutzungsplan integriert, um städtebaulich sinnvolle und naturräumlich geeignete Bereiche für Windenergie auszuweisen.

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Wasserburg am Inn: Die Stadt arbeitet mit dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege an alternativen Solartechniken für mehr Klimaschutz. Foto: Adobe Stock/Hanglooser

Durch kontinuierliches Monitoring Schäden gleich ausbessern

Ein weiteres empfehlenswertes Instrument für Kommunen ist das kontinuierliche Monitoring. Während private Denkmale regelmäßig beobachtet und repariert werden, erhalten eher Großkampagnen die wichtigsten Denkmale in Deutschland. Kontinuierliches Monitoring kann dabei helfen, kleinere Fehlstellen rechtzeitig zu beheben und teure Großkampagnen zu vermeiden. Ein erfolgreiches Beispiel dafür ist die brandenburgische Landeshauptstadt Potsdam.

Es gibt viele Beispiele für eine gelungene Zusammenarbeit von Kommunen und Denkmalfachämtern zum gemeinsamen Schutz von Denkmälern und Klima. Für Dächer, die sich durch ihre physischen Eigenschaften nicht für die Installation einer PV-Anlage eignen, müssen andere Lösungen gefunden werden. Das Gleiche gilt für Altstadtkerne, die von ihrer historischen Dachlandschaft leben. Auch hier sind alternative Lösungen nötig, um den Menschen die Teilhabe an der Energiewende zu ermöglichen.

Innovative Lösungen und Technologien

Dafür haben Kommunen wie Meißen oder der Main-Taunus-Kreis Lösungen zur Anrechenbarkeit entwickelt. Der Main-Taunus-Kreis hat gemeinsam mit der Süwag AG ein innovatives Strombilanzkreismodell geschaffen. Dabei wird überschüssiger Strom aus kommunalen Anlagen bilanziell in anderen kommunalen Liegenschaften ohne eigene Erzeugungsanlage verwendet, anstatt ins öffentliche Netz eingespeist zu werden.

Wasserburg am Inn setzt auf innovative Technologien. Zusammen mit dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege hat die Stadt alternative Solartechniken wie Dachziegel mit Photovoltaikplatten und Solarfolien in Modellprojekten wissenschaftlich begutachtet und daraus eine Gestaltungssatzung entwickelt. Ihr Ampelsystem zeigt, wo in der Stadt was möglich ist.

Annika Tillmann


Die Autorin

Dr. Annika Tillmann leitet die Geschäftsstelle der Vereinigung der Denkmalfachämter in den Ländern (VDL).


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