Neustart statt Leer- und Stillstand, zum Beispiel Zwickau: In der sächsischen Stadt wird das Traditionskaufhaus Schocken saniert und umgebaut.
Einst Prachtstraße, lange Zeit Sorgenkind: die Hauptstraße in der historischen Altstadt. Neben den allgemeinen Entwicklungen und Herausforderungen, denen der stationäre Einzelhandel in Zwickau (90.000 Einwohner) ausgesetzt ist, spielte der Leerstand gleich zweier benachbarter Kaufhäuser eine große Rolle. Das allmähliche Absterben dieser Hauptachse schien unumgänglich.
Doch es gibt Bewegung: Das ehemalige Kaufhaus Schocken wird nun saniert und umgebaut. Dass dieses Projekt Wirklichkeit wird, ist der Beharrlichkeit und dem Durchhaltevermögen der kommunalpolitischen Verantwortungsträger und einem Netzwerk aus Fördermittelgebern von Bund und Land, Stadt und privatem Investor zu verdanken.
Dahinter steht eine lange Geschichte. Eröffnet wurde das Warenhaus im Jahr 1901. 1906 ging es in den Besitz von Simon Schocken über, einem der Begründer des gleichnamigen Konzernes, der sich bis 1930 zur viertgrößten Warenhauskette Deutschlands entwickelte. Die antisemitische Politik der Nationalsozialisten zwang die Familie 1938 zum Verkauf.
Zu DDR-Zeiten war hier ein „Konsument“-Kaufhaus ansässig. Nach der deutschen Wiedervereinigung wurde das Haus privatisiert. 1999 schloss das Kaufhaus seine Pforten. Der bauliche Zustand verschlechterte sich zusehends und der einstige innerstädtische Magnet wurde zum Entwicklungshemmnis.
Die Stadtspitze bemühte sich jahrelang um eine Konzeption für das Gebäudeensemble. Maßgebliche Meilensteine zur Revitalisierung bildeten dann die Kontaktaufnahme zu den Schocken-Erben, das persönliche Engagement des sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer und die Zusage des Investors GP Papenburg Hochbau GmbH.
Der Herausforderung, denkmalgeschützte Bauteile zu erhalten und gleichzeitig die Anforderungen an ein modernes Einzelhandels- und Bürohaus zu erfüllen, nahmen sich Planer und Investor an. Dieser Entwicklungsprozess wurde durch einen Gestaltungsbeirat unter anderem mit Vertretern aus Denkmalpflege, Architektenkammer und Stadtverwaltung begleitet.
Ohne Fördermittel wäre das Großprojekt nicht umsetzbar gewesen. Im Vorfeld des Vorhabens erfolgten insbesondere Maßnahmen zur Substanzsicherung sowie bauspezifische Untersuchungen. Sie wurden im Rahmen des Denkmalschutz-Sonderprogramms VII durch den Bund, den Freistaat Sachsen und die Stadt Zwickau mit 500.000 Euro gefördert.
Das Bauvorhaben wird im Rahmen des Programms „Nationale Projekte des Städtebaus – Programmaufruf 2018/2019“ durch den Bund in Höhe von vier Millionen und die Stadt Zwickau in Höhe von zwei Millionen Euro gefördert. Handelsflächen im Erdgeschoss, Büroflächen für die Stadtverwaltung und den Sächsischen Staatsbetrieb für Immobilien- und Baumanagement in den Obergeschossen sowie ein B&B-Hotel mit 87 Gästezimmern zeichnen künftig das Areal aus.
Für die Bauarbeiten am alten „Schocken“ gab es im Mai 2022 den offiziellen Startschuss. Die Umgestaltung des Kaufhauses mit einer Gesamtnutzfläche von 11.700 Quadratmetern und einem Investitionsvolumen von rund 33 Millionen Euro erfolgt über einen Zeitraum von drei Jahren.
Durch die Mischung von Handels-, Gewerbe- und Beherbergungsflächen wird in der Zukunft von einer erhöhten Frequenz ausgegangen. Damit wird ein nachhaltiger Beitrag zur Innenstadtbelebung geleistet. Zugleich wird ein wichtiges Stück Stadtgeschichte erhalten.
Mathias Merz
Der Autor
Mathias Merz leitet das Presse- und Oberbürgermeisterbüro in Zwickau.