Zu viel Grau und zu wenig Grün in vielen deutschen Städten

Zu viel Beton, zu viel Flächenversiegelung, zu wenig Grün. Das ist das Ergebnis des ersten Hitze-Checks der Deutschen Umwelthilfe. DUH und GKV-Bündnis für Gesundheit Baden-Württemberg fordern einen Stopp des Flächenfraßes bis 2035 und verbindliche Grünanteile.

Flächenversiegelung
Jena gehört zu den deutschen Städten mit einer verhältnismäßig geringen Flächenversiegelung und viel Grün. Foto: Adobe Stock/alexbuess

Im Großteil der Städte in Deutschland sind die Menschen nicht ausreichend vor den extrem hohen Temperaturen als Folge der Klimakrise geschützt. Der Grund: Die Städte sind gleichzeitig stark versiegelt und bieten zu wenig kühlendes Grün. Das zeigt der erste Hitze-Checks der Deutschen Umwelthilfe (DUH) unter den 190 deutschen Städten mit mehr als 50.000 Einwohnern.

Für die Analyse wurden die Flächenversiegelung und Grünausstattung in den Städten betrachtet, basierend auf neuen Daten der Potsdamer Luftbild Umwelt Planung GmbH im Auftrag der DUH. Insgesamt erhalten 24 Städte eine Rote Karte, 82 eine Gelbe Karte und 84 eine Grüne Karte.

Wenig Versiegelung in Detmold, Ratingen, Potsdam und Jena

Unter den Städten mit Grüner Karte, mit vergleichsweise wenig Versiegelung und einem hohen Anteil an Grünvolumen, schneiden Detmold, Ratingen, Potsdam und Jena am besten ab.

Schlecht schneiden die Städte Ludwigshafen, Heilbronn, Regensburg, Worms, Mainz, Ludwigsburg und Ingolstadt ab – sie sind besonders stark versiegelt und verfügen über sehr wenig sogenanntes Grünvolumen.

Städte wie Sindelfingen oder Kaiserslautern sind zwar extrem stark versiegelt, haben aber viel Grünvolumen. Solche Städte erhalten eine Gelbe Karte. Städte wie Pulheim und Wilhelmshaven, die eine vergleichsweise geringe Versiegelung aufweisen, aber gleichzeitig sehr wenig Grünvolumen besitzen, bekommen ebenfalls eine Gelbe Karte.


Bewertungsgrundlage

Bemessungsgrundlage bei der Flächenversiegelung ist der in Deutschland durchschnittliche Anteil der Versiegelung an Siedlungs- und Verkehrsfläche. Dieser liegt bei 45 Prozent. Zu Siedlungs- und Verkehrsflächen zählen Wohnhäuser und Straßen ebenso wie Parks oder Friedhöfe. Eine Rote Karte erhalten Städte mit einer versiegelten Fläche über 50 Prozent, eine Gelbe Karte erhalten Städte mit einer Versiegelung zwischen 45 und 50 Prozent und eine Grüne Karte erhalten diejenigen mit einer versiegelten Fläche von 45 Prozent und weniger.


Forderung nach Stopp der Flächenversiegelung

„In Zeiten der Klimakrise brauchen unsere Städte unversiegelte Böden zur Versickerung von Wasser und Grünflächen zur Kühlung. Grün ist aber nicht gleich Grün: Der Rollrasen kann mit dem alten Baumbestand nicht mithalten, deshalb ist nicht nur entscheidend, dass Versiegelung gestoppt und dort, wo es geht, zurückgebaut wird, sondern dass vor allem neben Rasenflächen auch Bäume, Büsche und Wiesen in unseren Städten zu finden sind“, erklärt Barbara Metz, Bundesgeschäftsführerin der DUH und fordert von der Bunderegierung ein rechtlich verbindliches Ziel, die Flächenversiegelung in Deutschland bis spätestens 2035 zu stoppen. Der anhaltende Trend zu mehr Beton und weniger Grün sei alarmierend. Statt zu lebenswerten Orten der Erholung entwickelten sich die Städte in Hitze-Höllen.

Derzeit werden in Deutschland täglich über 50 Hektar Fläche für Siedlungen und Verkehr versiegelt, dies entspricht pro Jahr einer Fläche der Stadt Hannover, heißt es in der Pressemitteilung der DUH. IN Zeiten der Klimakrise stelle dies ein enormes Gesundheitsrisiko dar. Besonders folgenreich ist demnach der Verlust großer Bäume. Denn gerade sie sorgen in der Stadt für einen hohen Kühleffekt. So haben baumlose Grünflächen einen etwa zwei- bis viermal geringeren Kühleffekt als baumbestandene Flächen.

Menschen brauchen Grünflächen als Erholungsorte

„Gesundheit ist untrennbar mit den klimatischen Umweltbedingungen verbunden. Menschen brauchen Erholungsorte in ihrem engsten Lebensumfeld. Dazu braucht es in unseren Städten mehr Platz für Grünflächen, die für ein gutes Klima und saubere Luft sorgen“, sagt Frank Winkler, Stellvertretender Leiter der vdek-Landesvertretung für das GKV-Bündnis für Gesundheit Baden-Württemberg. Als Beispiele nennt er das gemeinsame Projekt mit der DUH „Gesund unterwegs im Stadtquartier. Hierbei werden in den Modellstädten Mannheim und Singen vier Schulhöfe und die umgebenden Stadtviertel gesundheitsförderlich gestaltet. „Entsprechend des WHO-Ansatzes ‚Health in all policies, Whole of society und Whole of goverment‘ betrachten wir Gesundheitsförderung als eine politikfeldübergreifende und gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die uns alle angeht.“

Aufgrund der uneinheitlichen Datenerhebung der Bundesländer war eine genaue Erhebung und die Umsetzung der notwendigen Maßnahmen bisher schwierig. Hilfe kommt aus dem Weltall, erklärt Sascha Gey, Data Analyst von Luftbild Umwelt Planung: „Satellitendaten bieten eine zugängliche, vergleichbare und kosteneffiziente Möglichkeit, flächendeckende Analysen zu zahlreichen Fragestellungen durchzuführen. Von der Bilanzierung von Versiegelung und Stadtgrün über die Messung von Oberflächentemperaturen bis hin zum zeitlichen Monitoring von Veränderungen. Sie sind ein immer wichtiger werdendes Planungswerkzeug für Städte und Kommunen bei der Klimaanpassung und Stadtplanung – damit Maßnahmen dort getroffen werden, wo sie am meisten bewirken.

red.

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