Die digitale Transformation ist eine der großen Herausforderungen der Energiewende, auch für Stadtwerke und Energieversorgungsunternehmen. Wie ist der aktuelle Stand, und wo besteht Handlungsbedarf? Eine Umfrage gibt Antworten.
Einblicke in den digitalen Fortschritt von Energieversorgungsunternehmen (EVU) und Stadtwerken aus der Sicht des Topmanagements: Das bietet die Utility 4.0 Studie seit 2017. Als qualifizierte Marktstudie erhebt sie keinen repräsentativen Anspruch, liefert jedoch einen fundierten Überblick über die wahrgenommenen Stärken und Schwächen und unterstützt Energieversorger als Benchmark dabei, ihre digitale Entwicklung im Branchenvergleich zu bewerten und gezielt voranzutreiben.
Im Fokus stehen nicht nur die bereits erzielten Fortschritte, sondern auch die Herausforderungen, denen sich Stadtwerke und EVU stellen müssen. Besonders hervorzuheben ist die Berücksichtigung unterschiedlicher Unternehmensgrößen: Die Teilnehmenden repräsentieren zu 58 Prozent kleine und mittlere Energieversorgungsunternehmen mit bis 500 Mitarbeitenden und zu 43 Prozent größere EVU und Stadtwerke ab 500 Mitarbeitenden.
Die Ergebnisse der Utility 4.0 Studie zeigen einen klaren Trend: Die digitale Kluft wächst! Während sich 75 Prozent der Führungskräfte als digital gut aufgestellt sehen, verzeichnet ein Viertel – insbesondere sind es kleine und mittlere Energieversorger – erhebliche Defizite. Während einige Unternehmen digital brillieren, drohen andere im Wettbewerb den Anschluss zu verlieren.
Herausforderung: Digitale Transformation der Kernprozesse
Die größte Herausforderung liegt hier nach wie vor in der Automatisierung und Digitalisierung der Kernprozesse. Doch die Herausforderungen gehen weiter: Fachkräftemangel, regulatorische Hürden und unterdurchschnittliche IT-Investitionen bremsen die Digitalisierungsbemühungen von Stadtwerken und EVU aus.
Ein auffälliges Ergebnis der Umfrage ist die positive Einschätzung der kurzfristigen Effizienzsteigerungen durch die Digitalisierung. 96 Prozent der befragten Führungskräfte erwarten sie insbesondere bei der Kundengewinnung und -bindung.
Während Effizienzgewinne also klar gesehen werden, zeigt sich bei der Entwicklung neuer Geschäftsmodelle ein ambivalentes Bild. Dies deutet darauf hin, dass Stadtwerke und EVU derzeit stärker auf die Bewältigung aktueller Herausforderungen und die Optimierung bestehender Prozesse fokussiert sind als auf die Entwicklung neuer und zukunftsweisender Geschäftsmodelle.
Wo hakt es?
Laut aktueller Utility 4.0 Studie sind die größten Herausforderungen bei der Digitalisierung der Energieversorgungsunternehmen: Fehlende Zeit, fehlende Fachkräfte, zu geringes Budget. Die Studie wurde von der prego services GmbH in Zusammenarbeit mit den Energieforen Leipzig durchgeführt.
Fachkräftemangel bremst digitale Transformation aus
Ein weiteres zentrales Thema der Studie ist der anhaltende Fachkräftemangel, der ein Hindernis für die digitale Transformation und demnach auch für die Energiewende darstellt. Überraschend ist, dass trotz des Bewusstseins für Zeit- und Fachkräftemangel nur 20 Prozent der Energieversorger planen, Tätigkeiten auszulagern.
Viele Unternehmen setzen große Hoffnungen in die Automatisierung von Routineaufgaben und den Einsatz künstlicher Intelligenz zur Fehlererkennung und -analyse, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Ob diese Ansätze ausreichen, bleibt abzuwarten.
Die Studie zeigt, dass mehr als die Hälfte der befragten EVU weniger als zwei Prozent ihres Umsatzes in IT investieren. Damit können sie ihren Digitalisierungsgrad allenfalls konstant halten, oder sie fallen im Wettbewerb sogar zurück. Lediglich 46 Prozent der teilnehmenden Führungskräfte bestätigen, dass ihr Stadtwerk oder EVU diese Mindestmarke erreicht oder überschreitet.
Digitalisierung auf Sparflamme
Diese Diskrepanz führt dazu, dass sich die Digitalisierungsschere zwischen kleinen und mittleren sowie großen Energieversorgern in den kommenden Jahren weiter öffnen wird. Die deutliche Kluft zwischen den digital fortschrittlichen und den weniger digitalisierten Energieversorgern unterstreicht die dringende Notwendigkeit von Maßnahmen. Während kurzfristige Effizienzgewinne erkennbar sind, bleibt die langfristige Innovationsfähigkeit eine zentrale Herausforderung.
Die Ergebnisse der Befragung enthalten auch eine klare Botschaft an die Politik: 45 Prozent der befragten Fach- und Führungskräfte sehen in regulatorischen Vorgaben ein wesentliches Hemmnis für die digitale Transformation. Als problematisch wird die zunehmende Komplexität der Regulierung empfunden — zum Beispiel die Abbildung vorgeschriebener neuer Tarifstrukturen bei gleichzeitigem Fachkräftemangel. Dadurch fehlen häufig Kapazitäten, um sich auf Zukunftsthemen zu konzentrieren, neue Ideen zu entwickeln oder die Prozesseffizienz zu verbessern. Dies sind jedoch zwingende Voraussetzungen, um die Energiewende erfolgreich voranzutreiben.
Die Autorin
Lena Trunzler ist Fachwirtin für digitales Marketing und Kommunikationsmanagement. Bei der prego services GmbH kombiniert sie ihre Arbeitsschwerpunkte in der digitalen Kommunikation mit den Themen der Energiewende und Nachhaltigkeit.
Lena Trunzler