Recycling beim Gebäuderückbau: Alte Baumaterialien gezielt wiederverwerten

Beim Rückbau eines Wohn- und Geschäftshauses in Bremen verfolgen die Verantwortlichen ambitionierte Ziele. Um das Klima zu schonen, wollen sie rund 90 Prozent der Materialien recyceln.

Recycling beim Gebäuderückbau
Das Recycling der Materialien steht beim Rückbau eines Wohn- und Geschäftsgebäudes in Bremen im Vordergrund. Foto: WFB/Jens Lehmkühler

Die Materialstücke werden einzeln geholt und strikt getrennt gestapelt – Der Rückbau eines ehemaligen Wohn- und Geschäftshauses im Bremer Ostertor hat mit einem gewöhnlichen Abriss mithilfe eines Baggers wenig gemeinsam.

Die Bremer Architekten und Bauherrn Michael Schröder, Tobias Willers und Johann Plagemann haben sich ein ehrgeiziges Ziel gesetzt. Sie wollen die Materialien, die beim Rückbau des Gebäudes anfallen, zu rund 90 Prozent hochwertig recyceln. Dies berichtet die Wirtschaftsförderung Bremen (WFB) in einer Mitteilung.

Recycling beim Gebäuderückbau schont das Klima

„Durch die Wiedernutzung der Bauteile und Materialien können CO2-Emissionen von mehreren hundert Tonnen vermieden werden, die durch die Produktion neuer Baustoffe und die Entsorgung des Abfalls freigesetzt würden“, betont Michael Schröder.

Das Trio hatte das Gebäude, das im Kern hundert Jahre alt war und den modernen Bauanforderungen nicht mehr genügte, drei Jahre zuvor gekauft. Nun sollen auf dem Grundstück 14 neue Wohnungen und zwei Gewerbeeinheiten entstehen.

„Allein wirtschaftlich wäre eine reine Sanierung nicht machbar gewesen“, erklärt Schröder. Ein gewöhnlicher Abriss mit einem Bagger sei nicht möglich gewesen, weil sich unter dem Parkplatz hinter dem Haus eine Tiefgarage befindet. Die Lasten durch die Maschinen wären zu schwer gewesen. „Auch wegen der Nachbargebäude musste der Rückbau vorsichtig per Hand erfolgen“, ergänzt Felix Erbert, der als Architekt die Baustelle beaufsichtigt.

Bauwesen verursacht 40 Prozent der deutscher CO2-Emissionen

Da die Handarbeit ohnehin erforderlich war, kam die Idee auf, so viel Material wie möglich nachhaltig wiederzuverwerten. „Wenn wir das machen, dann richtig“, betont Michael Schröder. Das Thema ist nicht neu für ihn: Der Architekt engagiert sich bei bau-circle, einem Bündnis zur Kreislaufwirtschaft im Bauwesen. Für dieses ist der Rückbau des Hauses im Ostertor bereits zum Referenzprojekt geworden.

Dies ist umso wichtiger, da die Notwendigkeit für nachhaltige Bauprozesse und CO2-Reduzierung im Bausektor groß ist. Bau- und Abbruchabfälle machen in Deutschland nach Angaben des Umweltbundesamtes über die Hälfte des Gesamtabfallaufkommens aus. Herstellung, Errichtung, Sanierung und Nutzung von Gebäuden sind zudem laut Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung für rund 40 Prozent der gesamten deutschen CO2-Emissionen verantwortlich.

Recycling von Baumaterialien spart Entsorgungskosten

Nach dem Rückbau gehen die Materialien des Hauses im Ostertor verschiedene Wege. Die Fenster und Türen finden beispielsweise in Teilen bei der Bauteilbörse Bremen Wiederverwertung, andere gehen an ein Gartenatelier. Die gut erhaltenen Ziegel erhält einer der größten Ziegelhersteller Europas, der sie wiederaufarbeitet. „Sie werden für die Erweiterung einer Schule in Oldenburg eingesetzt“, so Schröder.

Die Ziegel, die beim Rückbau beschädigt wurden, werden geschreddert und als Substrat für Gründächer verendet. „Dadurch wird neues Tonmaterial ersetzt“, betont der Architekt. Aus den Holzbalken werden unter anderem Holzsteine gefertigt, mit denen sich neue Wände bauen lassen. Gipsfaserplatten werden nicht wie sonst üblich deponiert, sondern ebenfalls zu neuen Wandbaustoffen verarbeitet.

Ein solch detaillierter Rückbau kommt natürlich nicht bei jedem Gebäude infrage. „Letztlich braucht man Zeit und Kontakte“, so Michael Schröder. Während ein normaler Abriss zwei, drei Wochen in Anspruch nimmt, brauchen die drei Bauherrn für das Projekt im Ostertor zwei Monate. „Wir kümmern uns um jedes Bauteil und seinem neuen Verbleib selbst“, erklärt er. Teurer als ein konventioneller Abriss ist der nachhaltige Rückbau trotzdem nicht: „Wir hoffen, dass er plus/minus null aufgeht.“ Das Recycling spare bei vielen Materialien die Entsorgungskosten.

Red.

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