Wie die aktuellen Herausforderungen in der Gebäudewirtschaft zu meistern sind

Die Marvel-Superhelden-Ausstellung ist bald vorbei, dann wird das Odysseum zu einer Schule umgebaut: eines der Großprojekte in Köln – und eine enorme Herausforderung. Wie steht es um die Gebäudewirtschaft? Was hilft, um weiterzukommen? Petra Rinnenburger ordnet ein: für Köln und für den Verband der kommunalen Immobilien- und Gebäudewirtschaften.

Herausforderungen der Gebäudewirtschaft
Die Gebäudewirtschaft steht aktuell vor zahlreichen Herausforderungen. Foto: VKIG, Fritz Meyer GmbH

Aus die Maus. Ewige Ruhe für Ramses. Und Marvel? Kann einpacken. Ein internationaler Immobilienentwickler baut für rund 160 Millionen Euro das Wissenschafts- und Abenteuermuseum Odysseum so für die Stadt Köln um, dass dort ab 2028 Gesamtschüler unterrichtet werden können. Die letzte Ausstellung nach den Publikumsmagneten rund um die „Sendung mit der Maus“ und das Gold des altägyptischen Pharaos ist eine Marvel-Ausstellung mit allen Superhelden der amerikanischen Comic-Geschichte. Wenn sie im Sommer abgebaut ist, wird das Museumsgebäude für drei Jahre zur Baustelle und dann zur Schule.

Die Gebäudewirtschaft als eigenbetriebsähnliche Einrichtung der Stadt muss das fertige Gebäude dann „nur“ noch anmieten? Nicht ganz. Aufgabe der Kommune ist und bleibt nicht nur die Projektleitung innerhalb ihrer Verwaltung und das Controlling der Bauleistungen, die immer Dritte für sie erbringen, sondern viel mehr.

Ob klassische Investorenausschreibung, Anmietprojekt oder Vergaben an General- oder Totalunternehmen, die den Kommunen Arbeit abnehmen: Alles muss öffentlich ausgeschrieben werden – schließlich geht es um Steuergelder. Das Personal der Städte und Gemeinden sondiert vorab den Markt, bereitet die Ausschreibung zur Vergabe vor, regelt alles Vertragliche und definiert die Grundlagen. Auch nach der Vergabe bleibt die Kommune Herrin des Verfahrens, Kontrollinstanz sowie bei den Verfahren mit General- oder Totalunternehmen in der Regel auch Eigentümerin der Objekte. Sie koordiniert fortlaufend ämterübergreifend bis zur Fertigstellung und darüber hinaus.

Bewegung durch neue Konzepte

Warum sich neue Fahrwasser wie diese trotzdem rechnen und für ordentlich Wind in den Segeln sorgen? Sie bringen Kapazitäten mit sich, und Risiken werden verlagert. Das hat zwar seinen Preis, dafür gibt es aber mehr Kosten- und Terminsicherheit inmitten eines wilden Fahrwasser aus hohem Investitionsstau, Fachkräftemangel, ambitionierten Nachhaltigkeitszielen und schleppender Digitalisierung.

Die aktuelle Situation ist der Grund dafür, dass der Verband Kommunaler Immobilien- und Gebäudewirtschaften (VKIG) Alarm schlägt: Der Bedarf an Neubauten und Sanierung von Schulen sowie weiteren Bildungs- und Forschungseinrichtungen ist enorm. Zugleich verschärft sich die Flächenkonkurrenz zunehmend. In einem Positionspapier zum kommunalen Gebäudemanagement beschreibt der Verband Schlüssel zur Handlungsfähigkeit für das Bauen für kommunale Infrastruktur in deutlichen Worten.

Nicht nur Köln lässt vor diesem Hintergrund unter anderem bestehende Gebäude, die bisher anders genutzt wurden, zu Schulen umbauen. So wird seit 2020 auch das ehemalige Rautenstrauch-Joest-Museum am Ubierring 45 in der Kölner Innenstadt als Schule genutzt. Wo es geht, passen andere Städte ebenfalls ihre Bestandsgebäude den veränderten Bedarfen an, ordnen Flächen neu und buhlen um Investoren, die eigene Grundstücke mitbringen. Alternative Einkaufsstrategien müssen her. Nicht eine, sondern mehrere Häfen mit alternativen Vergabeformen werden dazu angesteuert.

Bauherren stehen vor Herausforderungen in der Gebäudewirtschaft

Politischer Mut wie etwa in Köln, Wuppertal, Erfurt, Oberhausen und Jena, die Vergabe an General- oder Totalunternehmen zu gestatten, brachte ersten spürbaren Fahrtwind. Modulare Systeme, darunter der Holzmodulbau, haben im Zeit- und Kostenrennen zudem geholfen, noch mehr Strecke zu machen. Auch diese häufig im Generalunternehmen-Verfahren.

Ob kleine oder große Kommune, ob Ost oder West: Die meisten öffentlichen Bauherren stehen vor ähnlichen Problemen. Und immer mehr politische Stakeholder erkennen die Notwendigkeit, flexibler mit der Aufgabenerledigung umzugehen.

Sei es durch Änderung der Einkaufsstrategien oder durch Ausgründung und Zugründung neuer Organisationseinheiten wie Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH). So ringen Städte und Gemeinden darum, dem Fachkräftemangel in ihren Verwaltungen und den Marktbedingungen besser begegnen zu können.

Dringender Appell für Flexibilität

Hierbei sind die größeren Kommunen deutlich weiter als die kleineren. Was aber alle kommunalen Immobilien- und Gebäudewirtschaften gemeinsam haben: Ihre bauenden Einheiten sind Exoten an Deck ihrer jeweiligen Verwaltungs-„Dampfer“. In einer Bugwelle des demografischen Wandels im Sog zahlreicher Altersabgänge schwimmen sie ständig gegen den Strom. Auf hoher See kollidieren sie mit Treibgut wie runtergesparter Infrastruktur und Vergabeproblemen.

Zugleich sollen sie neue Inseln wie Nachhaltigkeit entdecken, ansteuern und besiedeln. Und das alles in einem offenen und stürmischen Meer zugeschnürt in einer Schwimmweste voll strenger Rechtsrahmen zwischen den schnellsten und wendigsten Segelschiffen der Welt des freien Marktes, mit denen sie zu konkurrieren haben.

Welche Bojen und Rettungsanker braucht es also? Flexibilisierung und noch mehr Mut im Bereich Vergaberecht zum einen. Mehr Bewegung im Tarifrecht zum anderen. Vor allem aber die Befähigung des immer kleiner werdenden Bordpersonals, sich all diesen Herausforderungen stellen zu können.

Was die Gebäudewirtschaft braucht

Wissen allein hält aber nicht über Wasser. Marktvergleichbare Leistungen müssen innerhalb öffentlicher Verwaltungen auch anders bewertet werden als klassische Verwaltungsaufgaben. Sonst kannibalisiert sich Verwaltung am Ende selbst und verliert die letzten Anreize für Marktpartner, überhaupt noch mit und für Kommunen arbeiten zu wollen.

Spider-Man oder Avengers? Weder noch – es braucht neue Superhelden im Kampf um bessere Infrastruktur und qualifiziertes Personal, fordert der VKIG. Die heißen: solide Finanzausstattung mit fairer Mittelzuweisung; langfristige strategische Investitionsprogramme mit Planungssicherheit, insbesondere für Personalaufbau und nachhaltiges Bauen; rechtssichere Standards und klare Rahmenbedingungen für Betreiberverantwortung; Flexibilisierung von Fördermitteln zur besseren Verknüpfung von Bau, Betrieb und Nachhaltigkeit.

Petra Rinnenburger


Die Autorin

Petra Rinnenburger, Dipl.-Ing. und Architektin AKNW, ist Vorstandsvorsitzende im Verband der kommunalen Immobilien- und Gebäudewirtschaften e.V. (VKIG). Sie ist geschäftsführende technische Betriebsleiterin der Gebäudewirtschaft der Stadt Köln und hat ebenso den Vorsitz der Fachkommission „Bau und Betrieb kommunaler Immobilien“ des Deutschen Städtetags inne.


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