Durch den kommenden Rechtsanspruch auf ganztägige Förderung und das bundesweite Startchancen-Programm sind an vielen Orten Lösungen im Bestand gefragt. Wie es auch ohne große Baumaßnahmen gelingen kann, Schulen zukunftsfähig zu gestalten, zeigt die Montag Stiftung Jugend und Gesellschaft mit dem Projekt „Ganztag und Raum“.

Der Ganztagsausbau betrifft viele Schulen: Nach dem Ganztagsförderungsgesetz (GaFöG) ab dem Schuljahr 2026/2027 hat jedes Kind ab der ersten Klasse einen Rechtsanspruch auf einen Platz zur ganztägigen Betreuung. In den Folgejahren wird der Anspruch stufenweise ausgeweitet. Damit sind dringend räumliche wie pädagogische Lösungen gefragt, um diesem Anspruch qualitätvoll gerecht zu werden. Mit dem Projekt „Ganztag und Raum“ bietet die Montag Stiftung Jugend und Gesellschaft aus Bonn ein Konzept, das Schulen und Kommunen hilft, solche Lösungen für ihren Standort zu entwickeln. Die Ideen, die dahinterstehen, sind nicht nur für Grundschulen interessant.
Viele Schulen gehen von einer klaren Trennung aus: Der „Ganztag“ funktioniert für die Kinder nach dem Prinzip „vormittags Schule, nachmittags Betreuung“. Diese Trennung ist pädagogisch-didaktisch und organisatorisch erkennbar ebenso in der räumlichen Nutzung: Räume werden nur halbtägig genutzt, die Teams arbeiten nach- statt miteinander. So wird viel Potenzial verschenkt. Dieses Potenzial zu erkennen und zu nutzen, ist eine zentrale Aufgabe, wenn man ganztägige Bildung qualitätvoll und entlang der Bedarfe und Möglichkeiten entwickeln will.
Ganztägige Bildung als Ganzes betrachten
An vielen Orten fehlt jedoch die Praxis, um Flächen für ganztägige Bildung gemeinschaftlich zu verstehen, zu entwickeln und zu nutzen. Stattdessen gibt es die Forderung nach einem „Mehr“ an Fläche, um die wachsende Anzahl von Schülerinnen und Schülern im Ganztag aufzunehmen.
Verbreitete Lösungen wie ein Erweiterungs- oder ein kompletter Neubau sind jedoch aufwendig, teuer und stellen oft keine zeitgemäße und nachhaltige Lösung dar. Viel zu wenig berücksichtigen solche Konzepte die bestehenden Räumlichkeiten – auch unter Einbeziehung der Ressourcen innerhalb des Quartiers. Dabei ist es möglich, vorhandene Flächen innovativ und im Sinne inklusiver ganztägiger Bildung gemeinsam zu bespielen. Der Mehrwert zeigt sich dann auf pädagogischer, organisatorischer und räumlicher Ebene.
Projekt „Ganztag und Raum“ erarbeitet integrierte Nutzungskonzepte
Im Projekt „Ganztag und Raum“ erarbeitet die Stiftung mit Schulen Konzepte, die den Vormittag und Nachmittag verzahnen und dazu räumliche sowie personelle Ressourcen neu denken. Das gelingt durch integrierte Nutzungskonzepte, die Räume nicht mehr Personen oder Fächern zuweisen, sondern mit Aktivitäten und Atmosphären belegen.
Die Grundidee: Bei einem ausreichenden Flächenkontingent können viele Standorte ihren wachsenden räumlichen Bedarf an Ganztagsplätzen weitgehend decken, indem Räume den ganzen Tag von allen genutzt und räumliche Potenziale im Quartier einbezogen werden. Deshalb konzentriert sich das Projekt auf Bestandsgebäude: Schon geringe bauliche Maßnahmen – zum Beispiel Durchbrüche oder ein neues Brandschutzkonzept – und Anpassungen der Möblierung ermöglichen es, auch in Bestandsgebäuden zusätzliche Flächen wie Flure zu aktivieren, Transparenz und mehr Offenheit herzustellen, um eine zukunftsgerichtete Pädagogik umzusetzen.

Die Grundidee: Bei einem ausreichenden Flächenkontingent können viele Standorte ihren wachsenden räumlichen Bedarf an Ganztagsplätzen weitgehend decken, indem Räume den ganzen Tag von allen genutzt und räumliche Potenziale im Quartier einbezogen werden. Deshalb konzentriert sich das Projekt auf Bestandsgebäude: Schon geringe bauliche Maßnahmen – zum Beispiel Durchbrüche oder ein neues Brandschutzkonzept – und Anpassungen der Möblierung ermöglichen es, auch in Bestandsgebäuden zusätzliche Flächen wie Flure zu aktivieren, Transparenz und mehr Offenheit herzustellen, um eine zukunftsgerichtete Pädagogik umzusetzen.
Erfahrungen aus den Pilotprojekten
Dieses Konzept hat die Montag Stiftung Jugend und Gesellschaft in den Jahren 2022 bis 2024 in fünf Pilotprojekten umgesetzt. Die konkrete Konzeptentwicklung – räumlich wie pädagogisch – erfolgt vor Ort durch eine umfassende Einbindung aller Akteurinnen und Akteure: Lehrkräfte, pädagogische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus dem Ganztag, Personal aus der Schulverwaltung, der Schulaufsicht und dem Gebäudemanagement, Akteurinnen und Akteure vom Ganztagsträger und aus dem Quartier.
Ein solcher partizipativer Prozess erfordert von allen Beteiligten ein hohes Maß an Engagement, Innovationsbereitschaft und Identifikation mit dem Projekt. Er schafft aber auch Transparenz und sorgt für Nachhaltigkeit, weil er die Umsetzung vor Ort und die Übertragbarkeit auf weitere Standorte in der Kommune sicherstellt.
Zum Weiterlesen
Die Publikationen der Montag Stiftung Jugend und Gesellschaft zum Projekt „Ganztag und Raum“ sind online zugänglich.
Zu den fünf abgeschlossenen Pilotprojekten liegen ausführliche Dokumentationen vor, die nicht nur die Ergebnisse, sondern auch die Entscheidungen und Stationen der jeweiligen Prozesse an den Schulen beschreiben.
In Zukunft bietet auch das Startchancen-Programm des Bundesministeriums für Bildung und Forschung eine Option, um neue organisatorische und räumliche Lösungen entwickeln. Wichtig ist es, jeden Anlass für einen Schul(um)bau zu nutzen, um dringend notwendige Neuerungen in der räumlichen und organisatorischen Struktur anzugehen. Denn nur dann ist die Investition auch eine Investition in die Zukunft für alle Beteiligten.
Meike Kricke, Barbara Pampe
Die Autorinnen
Dr. Meike Kricke (Pädagogin) und Barbara Pampe (Architektin) sind Vorständinnen der Montag Stiftung Jugend und Gesellschaft.