Ganztagsbetreuung: „Es lohnt sich!“

Viel Zeit bleibt nicht mehr: Ab 1. August 2026 wird die Ganztagsbetreuung in Grundschulen verbindlich eingeführt – (Schul-)Raum muss geschaffen, Bau- und Sanierungsmaßnahmen müssen durchgeführt werden. Eine Zwischenbilanz von Ekin Deligöz, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesfamilienministerium.

Ganztagsbetreuung
Betreuung und Förderung nach Unterrichtsschluss – damit das möglich wird, unterstützt das Investitionsprogramm Ganztagsausbau. Foto: Adobe Stock/wavebreak3

Der Ausbau der Ganztagsbetreuung ist ein entscheidender Schritt in Richtung einer modernen Bildungslandschaft, davon bin ich fest überzeugt. Die Ganztagsbetreuung in Grundschulen wird ab dem 1. August 2026 für alle Kinder im Grundschulalter verbindlich eingeführt. Was zunächst für Erstklässlerinnen und Erstklässler gilt, wird Schritt für Schritt zum Standard für alle Schülerinnen und Schüler.

Rein formal ist das der rechtliche Anspruch auf bis zu acht Stunden ganztägige Förderung, inklusive Unterricht. Dabei bleibt die Betreuung weiterhin freiwillig, sei es in Horten oder schulischen Einrichtungen. Doch dieser Ausbau ist weit mehr als nur Betreuung: Es ist ein Gewinn für die gesamte Gesellschaft.

Große Herausforderungen – und ein großer Nutzen

Eins ist klar: Für viele Gemeinden ist der Ausbau der Ganztagsbetreuung ein ambitioniertes Vorhaben, verbunden mit vielen Herausforderungen – von der komplexen Baumaßnahme bis zur Fachkräftegewinnung. Aber die Anstrengung lohnt sich für mehr Bildungsangebote für die Kinder, mehr Entlastung für Familien und erwerbstätige Eltern.

Mit mehr Ganztag können Eltern Beruf und Familie besser vereinbaren. Das trägt nicht nur zur Bekämpfung des Fachkräftemangels bei, es stärkt auch die Chancengerechtigkeit und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit. Außerdem fördert der Ausbau die gleichberechtigte Teilhabe beider Elternteile am Erwerbsleben. So profitieren nicht nur die Kinder, sondern die ganze Gesellschaft.

Der Bedarf an Betreuungsangeboten ist hoch

Schon heute nutzen 1,8 Millionen Kinder in Deutschland Ganztagsangebote. Im Schuljahr 2022/2023 boten rund 73 Prozent der Grundschulen Ganztagsbetreuung an, ergänzt durch Horte und kommunale Angebote. Der Bedarf ist weiterhin hoch, allerdings bestehen regionale Unterschiede in der Verfügbarkeit und Qualität der Angebote.

Um eine gerechte Verteilung zu gewährleisten, müssen wir die Lücken schließen. Dafür braucht es viel vorausschauende und präzise Planung, denn der Bedarf wird bis 2026/2027 um 342.000 Plätze steigen. Zwei Drittel der Eltern wünschen sich eine Ganztagsbetreuung, dieser Bedarf ist in den vergangenen Jahren unverändert geblieben. Dagegen nahm der Bedarf an Übermittagsbetreuung bis 14.30 Uhr zu.

Finanzielle Unterstützung für Kommunen

Der Bund unterstützt den Ausbau mit insgesamt 3,5 Milliarden Euro bis 2027. Das Investitionsprogramm Ganztagsausbau läuft seit 2023 in allen Bundesländern und hilft den Kommunen, gezielt Fördermittel abzurufen. Dabei zeigt sich ganz deutlich: Eine qualitativ hochwertige Ganztagsbetreuung braucht nicht nur Räume und Personal, sondern auch innovative pädagogische Konzepte.

Ganztagsschulen sind nicht nur Orte des Unterrichts, sie sind auch Orte des Lebens, Lernens und Spielens. Wichtige Kriterien sind dabei flexible Raumgestaltungen, die Bewegungsflächen, Ruhezonen und kreative Rückzugsorte zulassen. Es muss auch nicht jedes Angebot im Schulgebäude stattfinden. Gute Ganztagsbetreuung berücksichtigt zudem eine gesunde Ernährung, die dem DGE-Qualitätsstandard entspricht.

Außerdem basiert eine erfolgreiche Ganztagsbetreuung auf einer gemeinsamen inklusiven Vision und einer Zusammenarbeit unterschiedlicher Fachkräfte und Professionen. Schulen, Jugendhilfe und außerschulische Partner müssen Hand in Hand arbeiten, um hochwertige Bildungsangebote zu bieten.

Ganztagsbetreuung
Essenzielle Zukunftsaufgabe: (Schul-)Raum bereitzustellen, in dem Kinder sich wohlfühlen können. Foto: Adobe Stock/Gorodenkoff

Lern- und Lebensräume gestalten

Erfolgreiche Projekte zeigen, wie Bauvorhaben mit pädagogischen Konzepten kombiniert werden können, um das Ganztagsangebot noch attraktiver zu machen. Auch digitale Lernumgebungen und moderne pädagogische Ansätze sind entscheidend. Zuletzt hat der Grundschulverband e.V. in der Publikation „Lernräume und Schularchitektur“ gelungene Beispiele zusammengetragen. Auch die Kulturministerkonferenz geht in ihren „Empfehlungen zur Weiterentwicklung der pädagogischen Qualität der Ganztagsschule und weiterer ganztägiger Bildungs- und Betreuungsangebote für Kinder im Grundschulalter“ auf die Bedeutung einer kindgerechten, flexiblen Raumgestaltung ein.

Ganztagsbetreuung als Bildungsversprechen

Der Bund ist sich der Herausforderungen der Kommunen bei Fragen der Fachkräftesicherung und des Baufortschritts sehr bewusst. Die großen und kontinuierlichen Anstrengungen von Ländern und Kommunen  unterstützt der Bund neben dem Investitionsprogramm unter anderem mit einer Fachkräftestrategie. Denn Fachkräfte zu gewinnen und zu halten, ist der Schlüssel zur Ganztagsbetreuung in hoher Qualität. Und die ist entscheidend für die Persönlichkeitsentwicklung und die sozialen Kompetenzen der Kinder.

Gerade für Kinder aus benachteiligten Familien bietet die Ganztagsbetreuung ein Bildungsangebot, das neue Chancen eröffnet. Um das zu gewährleisten, müssen Bund, Länder und Kommunen gemeinsam daran arbeiten, die Qualität der Betreuung sicherzustellen – dazu gehören auch ausreichend qualifiziertes Personal und gezielte Fortbildungsangebote, um die pädagogische Arbeit kontinuierlich zu verbessern.

Eine gute Ganztagsbetreuung macht den Unterschied – für unsere Kinder, für Familien und für die Zukunft unseres Landes.    

Ekin Deligöz


Die Autorin

Ekin Deligöz (Bündnis 90/Die Grünen) ist Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.


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