Nur gemeinsam gelingt der Umbau zur Schwammstadt

Die Schwammstadt ist eine wirksame Antwort auf den Klimawandel, die Umsetzung aber ist herausfordernd. Wie sie gelingen kann, untersucht das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung im Auftrag des Umweltbundesamtes.

Schwammstadt
Gründächer spielen eine wichtige Rolle bei der Klimaanpassung. Ihre Zahl nimmt zu – und doch ist hier noch viel Luft nach oben. Foto:Adobe Stock/guentermanaus

Städte und Gemeinden sind zunehmend von Überschwemmungen oder Überläufen aus der Mischwasserkanalisation bei Starkregenereignissen betroffen – nicht zuletzt dadurch wird die Notwendigkeit einer weitreichenden Anpassung an die Folgen des Klimawandels immer deutlicher. Die Erhöhung der Resilienz, beispielsweise durch die Umsetzung des Konzeptes der Schwammstadt, kann ein wichtiger Bestandteil dabei sein.

Eine Schwammstadt – im Wesentlichen charakterisiert durch unterschiedliche Grün- und Infiltrationsmaßnahmen – trägt dazu bei, starke Regenfälle abzumildern, fördert darüber hinaus die städtische Kühlung sowie die biologische Vielfalt und bietet den Bewohnerinnen und Bewohnern ein ästhetisches Stadtbild. Obwohl die Vorteile von Schwammstädten vielfach wissenschaftlich und auch durch eine Reihe von Best-Practice-Beispielen belegt sind, ist das Potenzial bei Weitem noch nicht ausgeschöpft. Doch was hindert gegenwärtig die flächendeckende Umsetzung des Schwammstadtkonzeptes?

Die Zahl der Gründächer, ein Element der Schwammstadt, nimmt beispielsweise laut Marktreport 2023 des Bundesverbandes für GebäudeGrün e.V. in Deutschland stetig zu. Der Gründachmarkt hat sich zwar in Deutschland von 2012 bis 2022 mehr als verdoppelt, allerdings wurden 2022 nur elf Prozent der neu errichteten Dachflächen begrünt. Für den kommunalen Bereich fehlen hier beispielsweise Ausschreibungsempfehlungen, um Gründächer auch umweltverträglich zu planen und zu gestalten. Hier soll ein aktuelles Projekt im Auftrag des Umweltbundesamtes zur Umsetzung der Schwammstadt Abhilfe schaffen.

Für den Bestand, zudem in einem dicht bebauten und historischen Gebiet, zeigt das Beispiel des Berliner Gendarmenmarktes, wie Rigolensysteme installiert werden können, wenn die Umsetzung anderer Grün- und Entsiegelungsmaßnahmen eher schwierig ist. Derartige Vorhaben erfordern jedoch eine sehr gute Vernetzung aller beteiligten Akteure und Institutionen, eine gemeinsame Zielorientierung und den Willen zur Umsetzung – grundlegende Gelingensbedingungen für eine Transformation zu klimaresilienten Schwammstädten insgesamt.

Umsetzung zur Schwammstadt ist eine komplexe Aufgabe

Denn die Umsetzung einer Schwammstadt erfordert eine Neukonfiguration des sozio-technischen Systems im Umgang mit Wasser. Es setzt sich aus mehreren Elementen zusammen: spezifische Maßnahmen, beteiligte Akteure und relevante Institutionen, die sich gegenseitig beeinflussen. Ein zielgerichtetes Handeln, um den Übergang zu resilienteren Städten zu erreichen, erfordert ein vertieftes Verständnis dieser einzelnen Elemente.

Die Umsetzung von blau-grünen Infrastrukturen ist eine komplexe Querschnitts- und Gemeinschaftsaufgabe, an der nicht nur die politisch-administrativen Akteure, sondern auch Finanzmittelgeber, Planungs- und Umsetzungsakteure sowie die Stadtgesellschaft beteiligt sind. Die Art und Weise, wie diese Akteure in die Umsetzung der Maßnahmen eingebunden sind und miteinander interagieren, ist wiederum eingebettet in Institutionen wie Regeln, Vorschriften und weitere politische, wirtschaftliche und soziale Strukturen.

So ermöglichen beispielsweise kommunale Satzungen und Ordnungen den Städten und Gemeinden, Regeln für die Bewirtschaftung von Wasser zu entwickeln und zu verabschieden, auch für den Regenwasserabfluss auf privaten Grundstücken. In Deutschland hat sich in den letzten Jahren die gesplittete Abwassergebühr durchgesetzt, die neben der Schmutzwassergebühr auch eine gesonderte Gebühr für das Niederschlagswasser enthält, das in die öffentliche Kanalisation eingeleitet wird.

Andere Instrumente wirken auf den Neubau, etwa das Verbot einer direkten Ableitung von Regenwasser von privaten Grundstücken in die öffentliche Kanalisation oder Festsetzungen zur Dachbegrünung in Bebauungsplänen. Für den Bestand fehlen jedoch oft kreative Lösungen oder finanzielle Mittel, um ausreichende Anreize für den klimaresilienten Umbau zu ermöglichen.

Schwammstadt
Bäume sind wichtig, möglichst im Rahmen blau-grüner Infrastrukturmaßnahmen. Die aber wachsen nicht von allein in den Himmel – sie brauchen Unterstützung und ein gutes Umfeld. Foto: Adobe Stock/Artinun

Wertschätzender Umgang mit Wasser

Andere innovative Ansätze begreifen Regenwasser als eine Ressource und beziehen unterschiedliche Akteure aus Gesellschaft, Wirtschaft und Politik mit ein. Dazu zählen grundstücksübergreifende Lösungen, die eine am Ziel orientierte Kooperation von Akteuren erfordern. Wie es gehen kann, wird sichtbar an der Bewässerung eines Friedhofs in Berlin-Friedrichshain mit dem Regenwasser eines benachbarten Bürogebäudes.

Für solche Beispiele müssen Akteure gut vernetzt sein. Organisationen wie die Berliner Regenwasseragentur helfen mit der Suche nach Expertinnen und Experten für Maßnahmen der Schwammstadt und Praxisbeispielen.

Zudem bieten politische Instrumente einen wichtigen Anreiz zur Umsetzung der Schwammstadt. Das Umweltbundesamt hat einen Instrumentenmix zur Verbesserung des Umsetzungsrahmens hin zu klimaresilienten Schwammstädten ausgearbeitet. Dazu gehören die Novellierung des Wasserhaushaltsgesetzes und des Baugesetzbuches (als regulative Instrumente), die Verbesserung der Fördermöglichkeiten (als finanzielle Instrumente), die Verbesserung der Fort- und Weiterbildung und wassersensible Städte mit blau-grüner Infrastruktur (als informelle Instrumente). Die Entwicklung grundlegender Strategien für das kommunale politische und planerische Umfeld kann einen solchen Instrumentenmix sinnvoll rahmen.

Diese und viele andere Fragen werden im Projekt zur Umsetzung der Schwammstadt bearbeitet, das vom Umweltbundesamt beauftragt wird. Die erfolgreiche Implementierung der Schwammstadt erfordert Engagement, Zusammenarbeit und eine klare Ausrichtung auf gemeinsame Ziele. Nur so können Städte resilienter gegenüber den Herausforderungen des Klimawandels werden und eine lebenswerte, nachhaltige Zukunft gestalten.

Daniel Johnson, Alexandra Dehnhardt


Die Autoren

Dr. Daniel Johnson und Dr. Alexandra Dehnhardt sind Mitarbeitende am Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) in Berlin.


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