Kommunale Gebäude im Naturgefahren-Check: Wie gut sind Städte und Gemeinden abgesichert?

Starkregen, Hochwasser, Überschwemmungen: Naturkatastrophen nehmen zu, doch viele Kommunen sind unzureichend versichert. Eine aktuelle Studie deckt Lücken beim Versicherungsschutz kommunaler Gebäude auf.

Kommunale Gebäude
Gegen Hochwasser und andere Naturgefahren sind viele kommunale Gebäude nicht in ausreichendem Maße versichert. Foto: Adobe Stock/Victor zastol’skiy

Ob Schulen, Sporthallen oder Bürgerhäuser – viele kommunale Gebäude in Deutschland sind trotz steigender Gefahren durch Starkregen und Überschwemmungen nicht im ausreichenden Maße gegen Naturkatastrophen versichert. Dies belegt eine aktuelle Studie der Universität Hohenheim in Stuttgart, die im Auftrag der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) durchgeführt wurde, so die Universität Hohenheim in einer Mitteilung.

„Viele Gemeinden verlassen sich im Ernstfall auf staatliche Hilfen – doch das ist riskant“, betont Prof. Dr. Jörg Schiller, Co-Autor der Studie. Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer des GDV, ergänzt: „Fallen Rathäuser, Kindergärten oder Feuerwehrhäuser aufgrund des fehlenden Versicherungsschutzes lange aus oder können nur unzureichend wiederaufgebaut werden, trifft das alle Bürgerinnen und Bürger in der Kommune.“

Elementarschadensversicherungen für kommunale Gebäude

Gemeinden in Baden-Württemberg, Hessen und Thüringen wurden für die Studie befragt, ob sie für ihre kommunalen Gebäude Elementarschadensversicherungen gegen Elementarschäden wie Hochwasser oder Überschwemmungen durch Starkregen abgeschlossen haben.

Die Ergebnisse zeigen deutliche regionale Unterschiede: In Baden-Württemberg haben 70 Prozent der befragten Gemeinden ihre Gebäude gegen Risiken wie Hochwasser oder Starkregen versichert. Demgegenüber liegt dieser Wert in Thüringen bei lediglich 55 Prozent und in Hessen sogar nur bei 50 Prozent.

Die vergleichsweise hohe Versicherungsdichte im Südwesten ist dabei historisch zu erklären. Die frühere Versicherungspflicht in Baden-Württemberg hat hier offenbar nachhaltig gewirkt. Dies spiegelt sich auch bei Wohngebäuden wider, wo die Versicherungsdichte mit 94 Prozent weit über dem Bundesdurchschnitt von 57 Prozent liegt.

Kommunen setzen auf staatliche Unterstützung

Die Studie ermittelte zudem, inwieweit Kommunen sich im Schadensfall auf die Hilfe von Bund und Land verlassen. „In Hessen haben 31 Prozent der antwortenden Kommunen angegeben, unversicherte Schäden durch Zahlungen von Land oder Bund finanzieren zu wollen“, berichtet Prof. Dr. Jörg Schiller, Professor für Versicherungswirtschaft und Sozialsysteme an der Universität Hohenheim und einer der Autoren der Studie.

„In Baden-Württemberg gaben das 48 Prozent an, in Thüringen sogar 60 Prozent. Mit staatlicher Hilfe ist jedoch nur bei größeren Naturkatastrophen zu rechnen – sich darauf zu verlassen ist riskant“, so Schiller. Zudem falle auf, dass eine schnellere Schadensabwicklung oder die Beratungsleistungen der Versicherer vielerorts nicht dazu führen, dass Gemeinden sich für eine Elementarschadenversicherung entscheiden.

Kostenloser Hochwasser-Check für Kommunen und Bürger

„Die Studie zeigt exemplarisch die Versorgungslücke, die wir in Deutschland hinsichtlich Naturgefahren haben“, betont Jörg Asmussen. „Zu wenige Gebäude – private wie kommunale – sind gegen Elementarschäden versichert. Es fehlt an Bewusstsein, wie sehr das eigene Wohnhaus oder die örtliche Schule durch Überschwemmungen gefährdet sein könnten.“

Mit einem kostenlosen Hochwasser-Check können sowohl Bürgerinnen und Bürger als auch Kommunen ihre individuelle Risikosituation präzise und adressgenau einschätzen.

„Gleichzeitig haben wir auch eine Vorsorgelücke – denn Versicherungsschutz allein reicht nicht aus“, erklärt Asmussen. „Wir brauchen in Deutschland ein umfassendes Gesamtkonzept, das den Fokus auf Prävention und Klimafolgenanpassungen legt“, so Käfer-Rohrbach.

Hierzu gehören beispielsweise klare Vorgaben für risikobewusstes Planen und Bauen, die auch Bauverbote in Überschwemmungsgebieten vorsehen könnten. Aber auch ein bundesweiter Naturgefahrenausweis sowie eine Gefährdungsbeurteilung bei Baugenehmigungen seien erforderlich. „Die besten Schäden sind die, die gar nicht erst entstehen“, so Käfer-Rohrbach.

Red.


Über die Studie

Die Studie „Naturgefahrenversicherung für kommunale Gebäude“ wurde von Prof. Dr. Jörg Schiller und Dr. Tim Philippi von der Universität Hohenheim im Auftrag des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) erstellt. Von den 1.711 Gemeinden, die für die Studie kontaktiert wurden, beteiligten sich 337 Gemeinden (BW: 227, Hessen: 70, Thüringen 40). Die Umfrage wurde im Frühjahr und Sommer 2024 durchgeführt.


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