An Maßnahmen zur Klimaanpassung führt aus Forschungssicht kein Weg vorbei. Warum sind sie die bessere Alternative? Wie finanziert man sie? Wo finden Kommunen Unterstützung? Antworten aus dem Deutschen Institut für Urbanistik.
Bereits seit einiger Zeit wird thematisiert, wie Kommunen dazu beitragen können, den Klimawandel zu verlangsamen. Es geht aber längst auch darum, wie vor Ort mit den Folgen eines veränderten Klimas umgegangen werden kann. Ob Hitzeperioden und langanhaltende Dürrephasen oder Hochwasser und lokal auftretender Starkregen: Die Häufigkeit und Intensität von Extremwettereignissen bedingt durch die Klimakrise nimmt zu und stellt viele Kommunen vor große Herausforderungen. Wir sind an einem Punkt angelangt, an dem es Zeit ist, sich anzupassen. Am besten gestern.
Wichtig ist, dass Klimaschutz und Klimaanpassung nicht im Widerspruch zueinander stehen – sie sind vielmehr zwei Seiten derselben Medaille. Ein integrierter Blick auf direkte Kopplungsmöglichkeiten, wie beispielsweise bei der Begrünung von Innenstädten, kann Synergieeffekte fördern und eine ganzheitliche nachhaltige Stadtentwicklung vorantreiben.
Klimaanpassung in den kommunalen Alltag integrieren
Am 1. Juli 2024 ist das neue Bundes-Klimaanpassungsgesetz in Kraft getreten, das einen verbindlichen Rechtsrahmen für Maßnahmen zur Anpassung an die Klimakrise auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene bietet. Es enthält für die Bundesländer die Regelung, nach eigener Maßgabe zu bestimmen, ob ihre Gemeinden selbst oder gemeinsam mit ihrem Landkreis Klimaanpassungskonzepte erstellen. Das Bewusstsein für Klimaanpassung wächst, und ein vorausschauendes Handeln und Mitdenken der Klimawandelfolgen im kommunalen Alltag ist notwendig.
Für viele Kommunen ist insbesondere die Finanzierung zur Umsetzung von Maßnahmen eine Herausforderung. Verschiedene Verbände fordern daher die Einführung einer „Gemeinschaftsaufgabe Klimaschutz und Klimaanpassung“, die eine geteilte oder gemischte Finanzierung durch Bund, Länder und Kommunen möglich machen würde.
Investitionen in Vorsorgemaßnahmen sind dabei eine Investition in die Zukunft, um künftige Schäden und damit verbundene Folgekosten so weit wie möglich zu vermeiden. Denn auch das Nichthandeln gibt es nicht umsonst. Laut der Studie „Kosten durch Klimawandelfolgen in Deutschland“ wurden für die Jahre 2000 bis 2021 145 Milliarden Euro an direkten extremwetterbedingten Schäden erfasst – es ist anzunehmen, dass die Folgekosten weiterhin stark ansteigen. Auf der anderen Seite kommt die Studie zu dem Schluss, dass Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel die rein monetären Kosten des Klimawandels deutlich reduzieren können.
Unterstützung und Förderung vom Bund
Seit dem Jahr 2021 gibt es das vom Bundesumweltministerium beauftragte Zentrum KlimaAnpassung, das Kommunen und soziale Einrichtungen zur aktuellen Förderkulisse und zu inhaltlichen Fragen der Klimaanpassung berät, vernetzt und unterstützt. Mit der Förderrichtlinie des Bundes „Förderung von Maßnahmen zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels“ werden kommunale Klimaanpassungskonzepte sowie der Einsatz von Klimaanpassungsmanagerinnen und -managern (KAM) in Kommunen gefördert.
Sie können dabei helfen, Klimaanpassung den Stellenwert einzuräumen, den sie braucht. Sie koordinieren die Erstellung eines Klimaanpassungskonzeptes und führen die verschiedenen Fachbereiche zusammen, um gemeinsam vor Ort die besten Lösungen für klimaresiliente Kommunen zu finden und umzusetzen.
In vielen Kommunen, in denen Klimaanpassung bereits auf der Agenda steht, wurde erkannt, dass diese Maßnahmen zugleich eine Chance bieten, Städte und Gemeinden lebenswerter und attraktiver zu gestalten. In der Emscher-Lippe-Region wird unter dem Dach der „Zukunftsinitiative Klima.Werk“ interkommunal an blau-grünen Schwammstädten gearbeitet. Oder Boizenburg in Mecklenburg-Vorpommern: Dort werden die Bewohnerinnen und Bewohner in die Ideenfindung mit einbezogen, zum Beispiel bei der Anpassung an Starkregenereignisse. Hierfür hat die Stadt eine Starkregenanalyse in Auftrag gegeben und veröffentlicht, um über mögliche Gefahren zu informieren und Maßnahmen priorisieren zu können.
Gute Beispiele betonen den Mehrwert für die Lebensqualität und regen zur Nachahmung an. Positive Bilder und Narrative helfen die Akzeptanz für Maßnahmen zu steigern, damit Klimaanpassung selbstverständlich wird.
Was kostet das alles?
Klimaanpassungen bedeuten Aufwand – nicht anzupassen, ist aber ebenfalls teuer: Das Institut für Ökologische Wirtschaftsforschung hat zusammengestellt, welche Kosten durch Klimawandelfolgen in Deutschland entstehen.
Alexandra Dehnhardt et al. (2023): Was uns die Folgen des Klimawandels kosten – Zusammenfassung und Merkblätter. www.ioew.de/publikation/was_uns_die_folgen_des_klimawandels_kosten
Passgenaue Lösungen vor Ort
Die Ausprägungen des Klimawandels sind regional unterschiedlich, daher gibt es kein „Schema F“ zur Anpassung. Eine systematische Analyse von Risikofaktoren wie die Vulnerabilität der Bevölkerung und kritischer Infrastruktur hilft, um Maßnahmen lokal und passgenau auszuwählen.
Welche Maßnahmen wirksam helfen, ist schon lange bekannt: insbesondere das Konzept der Schwammstadt. Bei diesem Ansatz wird versucht, Regenwasser möglichst lokal in der Stadt zu halten und den städtischen Wasserkreislauf wieder einem natürlichen Wasserkreislauf anzunähern. Das geschieht über Entsiegelung und die Schaffung von sogenannter blau-grüner Infrastruktur: Grünflächen, straßenbegleitende Tiefbeete, Dach- und Fassadenbegrünung, die Installation von Rückhaltebecken, Versickerungsanlagen oder offenen Wasserflächen.
Die Summe der dezentralen Maßnahmen reduziert bei Starkregen das Risiko von Überflutungen und einer Überlastung des Kanalnetzes. Sie trägt zudem zur Grundwasserneubildung durch Versickerung bei und hat positive Auswirkungen auf das Mikroklima.
Klimaanpassung immer mitdenken
Solche Maßnahmen werden im Neubau bereits mitgedacht. Schwieriger wird es, den Bestand an die neuen Gegebenheiten anzupassen. Hier gilt es, Gelegenheitsfenster zu nutzen: Immer, wenn eine Straße saniert, neue Leitungen verlegt oder Bürgersteige erneuert werden, lohnt es sich, Klimaanpassung gleich mit zu planen, um Kosten zu sparen.
Mit sogenannten Hitzeaktionsplänen haben Kommunen ein weiteres Instrument an der Hand, um zum Schutz der Gesundheit beizutragen sowie hitzebedingte Erkrankungen und Todesfälle durch Prävention zu vermeiden. Denn besonders die an Dauer und Intensität zunehmenden Hitzeperioden im Sommer machen vielen zu schaffen.
In diesen Plänen werden kurz-, mittel- und langfristige Maßnahmen festgelegt, wie zum Beispiel die Ansprache zur Sensibilisierung der älteren Bevölkerung, das Öffnen kühler Orte, die Errichtung von Trinkbrunnen oder eine Informationskampagne zum hitzeangepassten Bauen. Wie ein solcher Hitzeaktionsplan aussehen kann, zeigen zum Beispiel die Städte Leichlingen oder Worms.
Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel können also nicht nur klimawandelbedingte Schäden reduzieren. Sie können zugleich entscheidend dazu beitragen, die Lebens- und Aufenthaltsqualität in Städten, Landkreisen und Gemeinden zu erhöhen.
Die Autorin
Mascha Overath ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Deutschen Institut für Urbanistik (Difu) im Forschungsbereich Umwelt in Köln.
Mascha Overath