Die Lutter in Bielefeld ist aus Rohren befreit und wieder ein sichtbares Moment im urbanen Raum. Für die Deutsche Bundesstiftung Umwelt hat dieses Projekt Vorbildcharakter: Umweltaspekte sind ebenso zentral wie das Engagement aus der Bürgerschaft und aus Schulen. Nachahmung ist unbedingt erwünscht.
Die Lutter ist ein historisch bedeutsames Gewässer in Bielefeld, war aber lange Zeit aus dem Stadtbild verschwunden — bis zu ihrer Revitalisierung. Sie nahm vor fast einem Vierteljahrhundert ihren Anfang und ist untrennbar mit dem Verein Pro Lutter verbunden. Zu Beginn der 2000er-Jahre gegründet, hatte der Verein das Ziel, die Lutter wieder freizulegen: eine verrohrte Strecke von rund 2500 Metern.
Das von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) geförderte Projekt ist beispielhaft auf vielen Ebenen: Neben Klima- und Umweltschutz zählen dazu ein in gewisser Weise neu entstandenes, abwechslungsreiches Stadtgewässer, neue Pflanzungen und die geplante weitere Begrünung sowohl in Stillwasserzonen als auch in schnelleren Fließstrecken.
Bedeutung der Lutter-Revitalisierung für Bielefeld
Zwei Aspekte verleihen der Lutter-Revitalisierung eine besondere Bedeutung. Zum einen spielen wegen des Klimawandels kleine Gewässer zunehmend eine signifikante Rolle für das Mikroklima in Wohnquartieren, deren Attraktivität zudem durch offene Gewässer gesteigert wird. Zum anderen können funktionierende Kleinstgewässer im städtischen Raum künftig helfen, dramatische Folgen von Hochwasserereignissen abzumildern. Denn derartige innerstädtische Gewässersysteme — besonders ihre Wasserrückhalte- und Speicherkapazitäten — müssen verstärkt bei Planungen in Flusseinzugsgebieten berücksichtigt werden. Kleinstgewässer wie die Lutter dürften also künftig verstärkt im Kampf gegen Hochwasserereignisse berücksichtigt werden.
Aber nicht nur in diesem Kontext ist die Lutter-Revitalisierung bedeutsam. Das Vorhaben kann darüber hinaus auch als Modell für die zivilgesellschaftlich getragene Revitalisierung kleiner Fließgewässer eingestuft werden. Ohne die Initiative und die Begleitung des Vereins Pro Lutter wäre diese Revitalisierung nämlich nicht umgesetzt worden. Das von Beginn an partizipativ angelegte Vorhaben gilt mittlerweile auch überregional als Vorzeigeprojekt.
Bielefelder Schulen engagieren sich
Wenn es um die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern bei solchen Vorhaben geht, ist besonders ein Aspekt relevant: Für den Umwelt- und Naturschutz spielt es eine große Rolle, junge Menschen möglichst früh für solche Themen zu begeistern und entsprechende Projekte erfolgreich umzusetzen. In Bielefeld ist das am Beispiel der Lutter hervorragend gelungen: Die Schulen sind weiter aktiv dabei, die Entwicklung des freigelegten Gewässerabschnitts zu beobachten und zu dokumentieren.
Veränderungen durch Lutter-Revitalisierung werden spürbar
Die Lutter-Revitalisierung ist auch deshalb so beispielhaft, weil man nicht nur Bürgerinnen und Bürger sowie Schülerinnen und Schüler ins Boot geholt hat, sondern bereits jetzt erste positive Effekte auf das Mikroklima und damit auch auf die Gesundheit der Menschen im Quartier zu beobachten sind — ein Aspekt, der im städtischen Raum angesichts steigender Temperaturen immer bedeutender wird. Diese Wirkungen sind zunächst zwar lediglich lokal. Aber auch kleine Gewässer wie die Lutter in Bielefeld entfalten diese in ausgedehnteren Einzugsgebieten, wo sie größere Fließgewässer speisen.
Zudem sind intakte Kleinstgewässer in Städten immens wichtig für die Biodiversität. Sie ist für die Deutsche Bundesstiftung Umwelt bei der Förderung ebenso wichtig wie Klima-, Umwelt- und Naturschutz.
Die DBU fördert vor diesem Hintergrund seit langer Zeit Projekte zur Revitalisierung von Fließgewässern im urbanen Raum. Das Netzwerk „Fließgewässer im urbanen Raum“ hat entscheidend dazu beigetragen, dass Fachkompetenzen sich vernetzen konnten, so wie DBU und Bielefeld gewissermaßen zueinander gefunden haben.
Impulse aus der Bürgerschaft
Dieses Netzwerk ist 2008 maßgeblich durch die hannoversche Kommunale Umwelt-Aktion U.A.N. e.V. zustande gekommen. Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt hat das Vorhaben unterstützt. Die Bielefelder Akteure haben sich in diesem Netzwerk engagiert und konnten darüber den Kontakt zur DBU nutzen.
Die Fördersumme von 180.000 Euro für die Revitalisierung der Lutter teilt sich in die Unterstützung des umweltpädagogischen Planungslabors (rund 55.000 Euro) und die Förderung der Baumaßnahmen auf: Für sie standen bis zu 125.000 Euro zur Verfügung. Wesentliche Gründe für die Förderentscheidung bei beiden Projekten waren Innovation und Modellhaftigkeit. Einen besonders hohen Wert hatten dabei für die DBU das zivilgesellschaftliche Engagement und die ausgeprägte Bürgerbeteiligung auf unterschiedlichen Ebenen der Projektentwicklung.
Neben den für Umwelt- und Klimaschutz relevanten Gründen zeigt das Vorhaben, wie wichtig eine aktive Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern ist, um Projekte erfolgreich umzusetzen und eine maximale Akzeptanz zur erreichen. Besonders wichtig bleibt, junge Menschen dafür zu begeistern. Nicht zu vergessen natürlich die zivilgesellschaftlichen Akteurinnen und Akteure: Es gilt, sie zu unterstützen und zu motivieren, auch an umfangreichen und finanziell anspruchsvollen Vorhaben wie der Lutter-Revitalisierung zu arbeiten.
Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt hat dazu gerne einen finanziellen Beitrag beigesteuert. Das erfolgreiche Bielefelder Projekt zeigt, wie bedeutsam es für die Kommunen ist, eine engagierte Bürgerschaft hinter sich zu wissen.
Der Autor
Dr. Volker Wachendörfer leitet das Referat Naturschutz und Gewässerschutz in der Abteilung Umweltforschung bei der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU).
Volker Wachendörfer