Pilotprojekt: Digitaler Klimaschutz-Baukasten aus Hagen

Die Ausstattung mit digitaler Sensorik und Software, um Energieverbräuche und CO2-Emissionen zu erfassen: Darum geht es bei der „klimakommune.digital“, einem Projekt der Deutschen Energie-Agentur. Die Pilotphase läuft in Hagen. Die Aufgabe: eine Blaupause zu liefern, von der andere profitieren können.

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Hagen wurde als Pilotprojekt für die „klimakommune.digital“ ausgewählt. Ein wichtiges Kriterium: Die Stadt hatte sich bereits aufgemacht, sich zur Smart City umzubauen. Foto: K.T. Raab

In einer Welt, die immer stärker von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen ist, wird die Suche nach Lösungen zunehmend dringlicher. Hier setzt die „klimakommune.digital“ an: Das innovative Projekt nutzt die Mittel der Digitalisierung, um den Klimaschutz auf kommunaler Ebene voranzutreiben. Die Pilotkommune Hagen (190.000 Einwohner) in Nordrhein-Westfalen dient als Blaupause für weitere Kommunen.

Die Motivation hinter dem Projekt ist klar: Durch die Digitalisierung und die Ausstattung der Kommune Hagen mit digitaler Sensorik und Software soll es möglich werden, Energieverbräuche und CO2-Emissionen zu erfassen, transparent zu machen und auszuwerten. Zudem sollen sinnvolle Schritte zur Steigerung der Energieeffizienz und Minderung der klimaschädlichen Emissionen eingeleitet werden.

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Datenströme nicht nur im Verkehrsbereich: Ziel des dena-Projekts ist es, ein Bild von den Energieverbräuchen sowie von den Klima- und Umweltbedingungen der Stadt zu erhalten. Foto: Adobe Stock/AU USAnakul+

Digitale Sensoren als Grundlage für „klimakommune.digital“

Die Grundlage des Projektes bildet die Ausstattung der Stadt mit einer Vielzahl von digitalen Sensoren. Neben den Sektoren Verkehr, Gebäude und Industrie wurden im Laufe des Projektes zusätzlich die Sektoren Wärme und Klimaanpassung aufgenommen. Mit der eingesetzten Sensorik wird das Ziel verfolgt, kontinuierlich Daten zu erfassen, die dazu beitragen, ein umfassendes Bild von den Energieverbräuchen sowie vom Klima und von den Umweltbedingungen der Stadt zu erhalten.

Für die Stromzähler werden dafür an geeigneten Messtellen auch Ferraris-Zähler gegen intelligente Messsysteme, also moderne Messeinrichtungen mit einem Smart-Meter-Gateway (SMGW), ausgetauscht. So sollen die Verarbeitung der Daten im Gebäudesektor vereinfacht und der Roll-out der SMGW gezielt vorangetrieben werden.


Pilotkommune Hagen

Die Deutsche Energie-Agentur (dena) startete ihr Projekt „klimakommune.digital“ im Herbst 2021. Damals gab es ein deutschlandweites Ausschreibungsverfahren mit zahlreichen Bewerbungen — und Hagen wurde als Pilotkommune ausgewählt. Die Auswahl wurde anhand unterschiedlicher Kriterien getroffen: von Digitalisierungsgrad und Klimaschutzvorhaben bis hin zu demographischen Eckdaten. Entscheidend war, dass die Stadt im Rahmen ihrer Digitalisierungsstrategie bereits eine Arbeitsgruppe „Smart City“ zusammengestellt hatte. Zudem bestand ein breites stadtinternes Konsortium mit der Enervie als Energieversorger, der Hagener Straßenbahn AG (HST), dem Wirtschaftsbetrieb Hagen (WBH) und dem Hagener Entsorgungsbetrieb (HEB). Zusätzlich steht Hagen durch beispielhafte Merkmale als Referenz für weitere Kommunen in Deutschland und kann aus Sicht der dena optimal als Blaupause fungieren. Im Jahr 2022 startete die Pilotphase mit der Stadt Hagen. Sie läuft bis 2025.
https://future-energy-lab.de/projects/klimakommune-digital


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Sensoren an Ampelanlagen und zudem insgesamt im Verkehrsbereich sind wichtige Bestandteile im Projekt „klimakommune.digital“. Foto: Adobe Stock/manfredxy

Automatisiert zählen und messen

Auf einer Pilotstrecke mit 17 Verkehrsknotenpunkten sind aktuell Kamerasensoren für die automatische Erkennung und Zählung der Verkehrsteilnehmer – Pkw, Lkw oder Busse – installiert. Für eine datenschutzkonforme Datenverarbeitung werden die erfassten Bilder direkt vor Ort im Kameramodul KI-basiert ausgewertet. Weiter übertragen werden nur entpersonalisierte Daten.

Zusätzlich wurden auf der Teststrecke Sensoren zur Erfassung von CO2 installiert. Im nächsten Schritt sollen auf Basis dieser Daten Verkehrsmodellierung und Verkehrssimulation umgesetzt werden. Mit ihrer Hilfe können Emissionen und Immissionen gesenkt sowie der Verkehrsfluss verbessert werden.

Die gesammelten Daten werden auf einer Urban Data Plattform (UDP) zusammengeführt, analysiert und visualisiert. Diese Plattform dient als zentraler Ort für die Verarbeitung und Interpretation der Daten. Basierend auf den Erkenntnissen, die aus den Analysen gewonnen werden, können konkrete Handlungsempfehlungen zur Verbesserung des Klimaschutzes abgeleitet werden.

Hagens Oberbürgermeister Erik Olaf Schulz betont die Bedeutung der Urban Data Plattform: „Die ‚klimakommune.digital‘ ermöglicht es uns, fundierte Entscheidungen zu treffen und gezielte Maßnahmen zur Reduzierung unseres ökologischen Fußabdrucks umzusetzen. Die Urban Data Plattform ist ein entscheidendes Instrument, um die Zukunft unserer Stadt nachhaltig zu gestalten.“

Sie hilft dabei, städtische Daten aus unterschiedlichen Datenquellen aus dem Projekt, aber auch darüber hinaus einzubinden und miteinander zu verbinden. Dies ist wichtig, um Datensilos aufzubrechen und somit Einsparpotenziale besser und konkreter zu benennen.

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Sensoren im Heizungssystem: Zu den Sektoren Verkehr, Gebäude und Industrie kamen im Laufe des Projektes die Sektoren Wärme und Klimaanpassung hinzu. Foto: Carolina Freihoff, Stadt Hagen

Der Baukasten von „klimakommune.digital“ ist offen für alle

Das Projekt „kommune.digital“ ist vielschichtig und geht ins Detail. Das Konsortium lernt mit jedem Schritt und jedem Prozess dazu und möchte, dass andere von der Arbeit und den Ergebnissen profitieren. Um dieses Projekt als Blaupause für andere Kommunen multiplizierbar zu machen, resultiert als Ergebnis aus dem Projekt ein „Baukasten“. Er beinhaltet alle Lessons Learned, Ergebnisse sowie Informationen und wird abschließend für andere Kommunen in einem geeigneten Format zur Verfügung gestellt.

Die „klimakommune.digital“ ist ein wegweisendes Projekt. Es zeigt, wie die Digitalisierung genutzt werden kann, um den Klimaschutz auf lokaler Ebene voranzutreiben. Mit einer umfassenden Ausstattung mit Sensoren, einer leistungsstarken Urban Data Plattform und Möglichkeiten zur Bürgerbeteiligung ist sie ein Modell für andere Städte in Deutschland, aber auch weltweit, die sich für eine nachhaltige Zukunft einsetzen möchten.


Die Autorin

Felina Wittmaack ist Expertin für digitale Technologien im Future Energy Lab der dena (Deutsche Energie-Agentur).


Felina Wittmaack

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