Digitale Souveränität für Kommunen: Was bringt es, unabhängig zu sein?

Noch ist die Digitalisierung nicht erledigt, da kommen schon die nächsten großen Herausforderungen. Eine davon: Kommunen sollen Open-Source-Software nutzen. Warum ist das wichtig – und wie sollte man vorgehen? Antworten aus der Open Source Business Alliance.

Digitale Souveränität
Am besten geht es bei der digitalen Souveränität gemeinsam: Die Open Source Business Alliance empfiehlt interkommunale Zusammenarbeit und die Kooperation mit IT-Dienstleistern. Foto: Adobe Stock/joyfotoliakid

Immer mehr öffentliche Stellen in Bund, Ländern und Kommunen setzen auf Open-Source-Software, um die Kontrolle und Gestaltungshoheit über die genutzte Software zu behalten. Denn digitale Souveränität ist das Gebot der Stunde – schließlich sind Wirtschaft und Verwaltung in Deutschland massiv von der Software einzelner monopolartiger US-amerikanischer Hersteller abhängig. Die Angst wächst, dass schon morgen kein Zugriff mehr auf die genutzten Cloudsysteme oder die eigenen Daten möglich sein könnte, wenn die US-amerikanische Regierung es so will.

Digitale Souveränität verstehen wir als die Fähigkeit, die eigenen IT-Systeme unabhängig überprüfen, gestalten und austauschen zu können. Aufgrund der Freiheiten, die Open-Source-Lizenzen gewähren, können Behörden den Quellcode einsehen und die Software gemeinsam weiterentwickeln und auch frei weitergeben.

Eine öffentliche Verwaltung, die auf Open Source setzt, kann moderne, krisenresiliente, interoperable und vertrauenswürdige Infrastrukturen aufbauen. Sie kann bei Bedarf jederzeit zwischen Anbietern wechseln, Software passgenau für die eigenen Bedürfnisse anpassen, Synergieeffekte nutzen und Steuergelder wirtschaftlicher verwenden. So bietet Open-Source-Software einen Ausweg aus den bestehenden Abhängigkeiten und dem Vendor-Lock-In (damit ist gemeint, dass es nicht möglich ist, den Anbieter zu wechseln).

Digitale Souveränität: Kosten sparen durch Kooperation

Kommunen können sich zusammentun und digitale Lösungen gemeinsam entwickeln – zum Beispiel auf der Plattform openCode, wo viele Behörden schon heute Open-Source-Software austauschen und gemeinsam weiterentwickeln. Denn Open-Source-Software ist perfekt für die Nachnutzung nach dem Einer-für-Alle-Prinzip geeignet.

Wenn Kommunen vorhandene Software frei nachnutzen können, entstehen massive Spareffekte, da nicht jede Kommune die Software wieder einzeln von Null selbst entwickeln und dafür Lizenzkosten aufwenden muss. Diese Cost-Sharing-Effekte sind der Grund, warum auch in der Wirtschaft von der Deutschen Telekom über Bosch bis Volkswagen sowohl große als auch kleine und mittelständische Unternehmen verstärkt auf Open-Source-Software setzen.

Hilfe für den Einstieg

Viele Kommunen sind sich unsicher, wie sie die Open-Source-Transformation beginnen sollen. Die Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement (KGSt) hat daher zwei Leitfäden unter dem Titel „Open Source in Kommunen“ veröffentlicht. Hier finden Kommunen praktische Hinweise, wie sie Open-Source-Software strategisch einsetzen können und auf welche Stolpersteine sie achten müssen.

Häufig tun sich in der Praxis dann weitere Fragen auf, etwa wenn es um die Beschaffung von Open-Source-Software geht. Die Open Source Business Alliance hat einige Handreichungen veröffentlicht, zum Beispiel zur Nutzung der EVB-IT Vertragsvorlagen beim Einsatz von Open- Source-Software. Ein aktuelles Papier mit Vergabekriterien gibt wichtige Hinweise für die Auswahl des richtigen Software-Anbieters.

Mitarbeiter einbinden

Wichtig ist es, die Umstellung auf Open-Source-Software sorgfältig zu planen – und alle Verwaltungsangestellten dabei mitzunehmen. Die Erarbeitung einer Open-Source-Strategie kann hier sinnvoll sein, in der festgelegt wird, was mit der Umstellung erreicht werden soll und welche Zwischenziele angestrebt werden.

Es hat sich als Erfolgsmodell erwiesen, wenn Kommunen nicht versuchen, Software alleine zu entwickeln, sondern sich professionelle Partner aus der Open-Source-Industrie suchen. Auch eine Zusammenarbeit – zum Beispiel bei der Softwarebeschaffung – mit kommunalen IT-Dienstleistern sowie mit anderen Kommunen, die sich auf den gleichen Weg machen, kann sinnvoll sein. Auf Plattformen wie openCode oder im kommunalen Open-Source-Board bei der KGSt finden Kommunen Gleichgesinnte, Anregungen und Ressourcen.

Inspiration durch Vorreiter

Beispiele aus Ländern und Kommunen können als Inspiration und Vorbild dienen. So hat Thüringen beim Aufbau seiner Verwaltungscloud und seines neuen Landesrechenzentrums gezielt auf Open-Source-Software gesetzt, um Datensouveränität und Hochleistung zu erreichen. Schleswig-Holstein arbeitet bereits seit Jahren an seiner Open-Source-Transformation. Dort sind inzwischen alle Verwaltungsarbeitsplätze von Microsoft auf LibreOffice umgestellt.

Oder Dortmund: Die Stadt hat eine Koordinierungsstelle für Open Source und digitale Souveränität gegründet. In München wurde ein Open-Source-Sabbatical eingerichtet, dort können Verwaltungsangestellte an der Verbesserung der genutzten Open-Source-Software arbeiten. Berlin hat ein Open-Source-Kompetenzzentrum ins Leben gerufen, das die Verwaltung unterstützt. Oder die Stadt Treuchtlingen: Sie nutzt bereits seit dem Jahr 1999 Open-Source-Software und teilt ihre Eigenentwicklungen frei mit anderen Behörden. Diese Beispiele zeigen, wie Kommunen Open-Source-Software schon heute strategisch einsetzen.

Miriam Seyffarth


Die Autorin

Miriam Seyffarth ist Leiterin Politische Kommunikation bei der Open Source Business Alliance (OSBA) – Bundesverband für digitale Souveränität e.V.


Zum Weiterlesen

Die Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement (KGSt) hat Leitfäden für Open Source in Kommunen veröffentlicht. Auf der OSBA-Website finden sich Hinweise zur Open-Source-Nutzung.

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