Bamberger Flusswärme-Projekt als Vorbild für ganz Bayern

Die Stadtwerke Bamberg wollen Vorreiter der Energiewende sein – und stellen das eindrücklich unter Beweis. Ihr aktuelles Projekt: Flusswärmepumpen bei der Dekarbonisierung der Wärmeversorgung einsetzen. Der Freistaat Bayern will es als Blaupause nutzen, um künftige Genehmigungsverfahren zu vereinfachen.

Zwei Flusswärmepumpen sollen in Zukunft 2.000 Haushalte im Bamberger Stadtteil Gereuth mit umweltfreundlicher Wärme versorgen. Foto: Stadtwerke Bamberg

Als einer der ersten Energieversorger in Deutschland wollen die Stadtwerke Bamberg mit zwei Flusswasserwärmepumpen einen ganzen Stadtteil mit mehr als 2.000 Wohnungen klimaneutral mit Flusswasserwärme versorgen. Das Projekt lässt aufmerken. Denn bislang sind die regulatorischen und fachlichen Vorgaben für die Flusswärmenutzung hoch und undurchsichtig – nur wenige trauen sich an derartige Genehmigungsverfahren heran. Anhand des Bamberger Beispiels will der Freistaat Bayern das nun ändern und vor dem Hintergrund der enormen Potenziale die Genehmigungsprozesse für die Nutzung von Flusswasserwärme vereinfachen.

Nach einer aktuellen Studie der Münchner Forschungsstelle für Energiewirtschaft (FfE) könnten Wärmepumpen an Fließgewässern künftig eine zentrale Rolle bei der Wärmewende spielen, insbesondere in urbanen Räumen, die über wenige alternative erneuerbare Wärmequellen verfügen. Theoretisch hat die Flusswasserwärme sogar das Potenzial, den Wärmebedarf aller Haushalte und Gewerbe in Bayern zu decken, heißt es in der Studie. Ebenfalls an ihr beteiligt waren der Verband der Bayerischen Energie- und Wasserwirtschaft (VBEW) und die Landesgruppe Bayern im Verband kommunaler Unternehmen (VKU).

Die Technik ist ausgereift, und langfristig könnten Flusswärmepumpen einen wesentlichen Beitrag zur Dekarbonisierung der Wärmeversorgung leisten. Auch deshalb, weil nahezu das ganze Jahr über zuverlässig Wärme aus Flüssen gewonnen werden kann, ohne dabei den Fluss merklich abzukühlen.

Flusswärmepumpen
Im Bamberger Stadtteil Bug, nahe der Franz-Fischer-Brücke am Einfluss des ehemaligen Ludwig- Donau-Main-Kanals, soll das Flusswasser aus der Regnitz für den Betrieb der zwei Großwärme- pumpen entnommen werden. Foto: Stadtwerke Bamberg

Flusswärmepumpen sollen 90 Prozent des Bedarfs decken

In Bamberg (80.600 Einwohner) sollen die Großwärmepumpen im Stadtteil Gereuth einer Machbarkeitsstudie zufolge insgesamt 90 Prozent des benötigten Wärmebedarfs liefern. Hierfür sollen pro Sekunde 300 Liter Wasser aus der nahen Regnitz entnommen und flussabwärts mit leicht geringerer Temperatur wieder in den Fluss eingeleitet werden.

Zur Abdeckung von Spitzenlasten wollen die Stadtwerke zusätzliche Hackschnitzelkessel nutzen, die mit Holzabfällen aus den benachbarten städtischen Wäldern befeuert werden. In seinem neuen Heizwerk will der Energieversorger eine Heizleistung von insgesamt zehn Megawatt regenerativ erzeugen.

Heizwerk und Flusswärmepumpen könnten zugleich zu Demonstrationszwecken für die Aus- und Weiterbildung bei der Handwerkskammer für Oberfranken dienen. Deren neues Bildungszentrum wird ebenfalls durch die neue Anlage mitversorgt.

Noch keine klaren Regularien für Flusswärmepumpen

Trotz des hohen Potenzials, das die Flusswasserwärme bietet, fehlt es noch an klaren regulatorischen Vorgaben für die Nutzung von Fließgewässern zur Wärmeerzeugung. Insbesondere die wasserrechtliche Genehmigung stellt einen sehr aufwendigen sowie arbeits- und zeitintensiven Prozess dar. Er erfordert eine enge Zusammenarbeit und intensive Kommunikation zwischen den beteiligten Behörden, der Öffentlichkeit und den Interessenvertretern. Dies erschwert die Planung und Umsetzung entsprechender Projekte erheblich – viele Projektanten schrecken vor dem Genehmigungsverfahren zurück.


Zum Weiterlesen

Weitere Informationen zum Großwärmepumpenprojekt der Stadtwerke Bamberg, zum aktuellen Stand und zur weiteren Entwicklung gibt es online auf www.stadtwerke-bamberg.de/suedflur


Ziel des Freistaats Bayern ist es, diese Genehmigungsprozesse zu vereinheitlichen. Für das Genehmigungsverfahren des Bamberger Vorhabens hat er deshalb mit seinem Umweltministerium, dem zuständigen Wasserwirtschaftsamt sowie der Unteren und Oberen Naturschutzbehörde seine Unterstützung zugesichert. Der Freistaat möchte speziell den Bamberger Genehmigungsprozess mit seinen zuständigen Behörden engmaschig begleiten, um Erkenntnisse für zukünftige vergleichbare Projekte zu gewinnen.

Bambergs Flusswärmepumpen als Modellprojekt

„Das Bamberger Großwärmepumpen-Projekt kann als Modell für die Beschleunigung ähnlicher Genehmigungsverfahren in ganz Bayern dienen“, erklärt der bayerische Umweltminister Thorsten Glauber und ergänzt. „Die gewonnenen Erkenntnisse sollen in zukünftigen Projekten Anwendung finden. Damit bringen wir die Umsetzung der bayerischen Klimaziele voran. Erneuerbare Energien sind der Schlüssel zur Klimaneutralität.“

Die Stadtwerke Bamberg sind Vorreiter bei der Energiewende. Immer wieder machen sie mit innovativen Klimaschutzprojekten auf sich aufmerksam – allen technischen Herausforderungen und bürokratischen Fallstricken zum Trotz. 2011 etwa haben die Stadtwerke mit ihrem Familien- und Sportbad Bambados das europaweit erste zertifizierte Passivhaushallenbad in Betrieb genommen.

Seit dem vergangenen Jahr versorgen die Stadtwerke Bamberg auf dem heimischen Konversionsquartier Lagarde 1200 Wohnungen, Gewerbe- und Dienstleistungsflächen in hocheffizienten Neubauten und denkmalgeschützten Bestandsobjekten mit umweltfreundlicher Wärme. Sie wird zu 70 Prozent vor Ort und regenerativ gewonnen. Hierfür wurde ein kaltes Nahwärmenetz aufgebaut. Die Heizenergie wird mit Erdkollektoren unter den Neubauten, Erdsonden in den Freiflächen, Photovoltaikanlagen auf den Gebäuden und aus Abwasserwärme von tausenden Bamberger Haushalten gewonnen.       

Daniel Then


Der Autor

Dr. Daniel Then ist Abteilungsleiter Netze und Technik bei den Stadtwerken Bamberg. Er ist für das Zukunftsprojekt „Großwärmepumpe“ verantwortlich.


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