Transformation der kommunalen Energieversorgung: Wie sich die Herausforderungen meistern lassen

Das Thema Energieversorgung bleibt in Bewegung: Was ist aktuell entscheidend? Wo hakt es? Was können – und was sollten – Kommunen tun? Eine Einschätzung aus Verbandssicht von vgbe-Geschäftsführer Oliver Then.

Transformation der kommunalen Energieversorgung
Photovoltaik, Windenergie, Wasserstoffsysteme: Technologisch keine Herausforderung mehr – heute gehe es darum,  wie Erzeugung, Speicherung und Verbrauch zusammenkommen. Foto: Adobe Stock/Gerd

Die kommunale Ebene spielt eine zentrale Rolle bei der Umsetzung der Energiewende. Hier wird Vision zur Praxis, hier entscheidet sich, ob Ziele zur Realität werden – oder in Konzepten verharren. Aus technischer Sicht ist die Verfügbarkeit von Technologien wie Photovoltaik, Windenergie oder Wasserstoffsystemen derzeit nicht mehr die größte Herausforderung. Vielmehr liegt die Komplexität in der systemischen Integration von Erzeugung, Speicherung und Verbrauch. Netzmanagement und Sektorenkopplung müssen punktgenau, im zeitlichen und räumlichen Sinne, ineinandergreifen. Die Energiewende auf kommunaler Ebene ist heute eine Frage von technischer Systembeherrschung, Planungs- sowie Umsetzungskapazitäten und Geschwindigkeit.

Besonders deutlich wird dies beim Thema Versorgungssicherheit. Die Frage, wie sich eine lokal angepasste, stabile und resiliente Energieinfrastruktur aufbauen lässt, ist angesichts fluktuierender Einspeisung aus Sonne und Wind, ungewisser Gasversorgung und der noch jungen Wasserstoffwirtschaft hochaktuell.

Herausforderungen bei der Transformation

Dabei sind es nicht nur Großstädte oder wirtschaftsstarke Regionen, die mit der Transformation ringen. Gerade kleinere Kommunen stehen oft vor mehrfachen Herausforderungen: Sie verfügen über weniger Personal mit technischer Expertise, geringere Planungsbudgets, müssen aber dennoch dieselben regulatorischen und technischen Anforderungen erfüllen wie Großstädte.

Die Energiewende darf jedoch kein exklusives Projekt der urbanen Zentren werden. Eine sichere und klimaneutrale Energieversorgung wird nur gelingen, wenn alle regionalen Ebenen technisch Schritt halten können.

Was den Fortschritt der Transformation derzeit bremst, ist nicht die Verfügbarkeit innovativer Konzepte, sondern ihre Umsetzbarkeit vor Ort. Genehmigungsverfahren sind komplex und langwierig, Schnittstellen zwischen Kommunen, Stadtwerken, Netzbetreibern und privaten Akteuren oft unklar.

Anspruchsvolle Aufgaben wie die systemdienliche Einbindung von Batteriespeichern oder die Umstellung auf wasserstofffähige Heizkraftwerke benötigen Know-how, das nicht in jeder Kommune vorhanden ist. Dazu kommt: Ohne Klarheit über mittel- und langfristige Rahmenbedingungen bleibt der Investitionswille begrenzt.

Neue Formen der Zusammenarbeit

Wie lassen sich diese Herausforderungen dennoch meistern? Aus Sicht des vgbe müssen hier drei Punkte zusammenspielen:

  • Es braucht kommunale Kompetenznetzwerke – also neue Formen der Zusammenarbeit zwischen allen Beteiligten: zwischen Kommunen, Stadtwerken, großen Betreibern, Forschung und Industrie, um technisches Know-how zu teilen und systemische Lösungen zu erproben.
  • Eine stärkere Standardisierung technischer Schnittstellen ist erforderlich, insbesondere bei kommunalen Energieplattformen, Speicherintegration und sektorübergreifender Steuerung.
  • Die Förderpolitik sollte stärker auf konkrete Umsetzungsergebnisse statt auf Konzeptentwicklungen ausgerichtet sein.

Kommunen stehen heute vor der Aufgabe, strategische Weichen zu stellen, die langfristig Versorgungssicherheit, Wirtschaftlichkeit und Klimaschutz vereinen. Sie sollten dafür technologische Pfade mit belastbaren Perspektiven bevorzugen. Eine lokal verfügbare, regelbare, flexible Erzeugung – etwa durch Biomasse, Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) oder wasserstofffähige Gaskraftwerke – ist dabei ebenso wichtig wie der flächendeckende Ausbau intelligenter Verteilnetze.

Wer heute plant, wie Lastmanagement, Regelleistung und Einspeisung der Erneuerbaren künftig zusammenspielen, schafft sich Resilienz in einem zunehmend volatilen System. Auch gilt es, vorhandene Infrastrukturen – beispielsweise vorhandene Gasnetze oder Erzeugungsanlagen – zu bewerten und gezielt weiterzuentwickeln.

Zukunftsweisende Beispiele für eine gelungene Transformation auf kommunaler Ebene gibt es bereits. Plattformen zur Sektorkopplung wurden entwickelt, über die Photovoltaikanlagen, Nahwärme und Strom- und Wärmespeicher vernetzt betrieben werden. Eine wasserstofffähige KWK-Anlage wurde mit einem Batteriespeicher gekoppelt und an ein intelligentes Netzmanagementsystem angebunden – ermöglicht durch enge Kooperation zwischen Kommune, Hochschule und Anlagenhersteller. Solche Beispiele zeigen: Technisch ist die Energiewende auf kommunaler Ebene möglich, wenn Know-how, Ressourcen und Entscheidungswille gebündelt werden.

Die Zukunft beginnt in den Kommunen

Die technische Transformation der kommunalen Energieversorgung ist eine enorme Herausforderung – aber auch eine große Chance. Kommunen können zu Innovationsräumen für integrierte Lösungen werden. Entscheidend ist, dass sie frühzeitig technische Pfade definieren, Kompetenzen aufbauen und systemisch denken. Die Energiezukunft wird vor Ort entschieden – und beginnt mit technischen Realitäten, die der vgbe energy als Verband aller Energieunternehmen mit seinem Know-how und seinem Netzwerk unterstützt und mitgestaltet.

Oliver Then


Der Autor

Dr. Oliver Then ist Geschäftsführer des vgbe energy e.V.


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