Tonband verboten

Der Ratsvorsitzende darf Beeinträchtigungen der Funktionsfähigkeit des Gemeinderats unterbinden. (VG Augsburg vom 25. November 2004 – AZ Au 8K 04.1574)

Als in einer Ratssitzung festgestellt wurde, dass ein Zuhörer eine Tonbandaufnahme machte, ließ ihn der Bürgermeister des Sitzungssaales verweisen. Der Zuhörer meinte zum Tonbandmitschnitt berechtigt zu sein und bezog sich dafür auf die Geschäftsordnung des Rates. Danach kam eine Tonbandaufnahme für die Medien in Frage, wenn der Bürgermeister und der Rat zustimmten. Daraus konnte aber nicht hergeleitet werden, der Rat wollte Tonaufzeichnungen des Sitzungsverlaufs durch Privatpersonen generell zustimmungsfrei gestatten.

Eine Befugnis des Zuhörers ergab sich auch nicht aus Art. 5 Abs. 1 Grundgesetz, der jedem Bürger das Grundrecht auf Informationsfreiheit zuspricht. Diesem Grundrecht stand in dem konkreten Fall das vom Ratsvorsitzenden zu wahrende kommunale Selbstverwaltungsrecht entgegen. Die dem Vorsitzenden zustehenden Ordnungsbefugnisse sollen dazu dienen, die äußeren Bedingungen zu gewährleisten, die für einen ordnungsgemäßen Sitzungsbetrieb und damit für eine ungehinderte Beratung und Beschlussfassung durch das Gemeindeorgan notwendig sind. Zu den im Interesse der Funktionsfähigkeit des Organs zu schützenden Rechten gehörten insbesondere die Mitwirkungsrechte der Ratsmitglieder, vor allem das Recht auf freie Rede in öffentlicher Sitzung. Dieses organschaftliche Recht wird bereits durch die Ankündigung der Anfertigung einer Tonbandaufzeichnung durch einen Zuhörer unzulässig beeinträchtigt.

Der Ratsvorsitzende darf also Beeinträchtigungen der Funktionsfähigkeit des Gemeindeorgans, die die Erfüllung der ihm obliegenden administrativen Aufgaben in Frage stellen, unterbinden. Das durch die Sitzungsgewalt des Vorsitzenden repräsentierte allgemeine öffentliche Funktionsinteresse geht dem Interesse eines Zuhörers an der Dokumentation des Sitzungsverlaufs mittels eines Tonbandes vor.

Franz Otto