Vom Schlachthof zur Kulturinsel: Naumburg setzt bei seinem Stadttheater auf Umbau statt Neubau

Das kleinste Stadttheater Deutschlands hat große Pläne umgesetzt: Das Theater Naumburg (Saale) ist jetzt im alten Schlachthof zu Hause. Der Umbau des Bestandsgebäudes ist gelungen – und kommt bestens an, berichtet Kai Agthe. Der Leiter des OB-Büros schlüsselt auf, was dabei wichtig war.

Stadttheater Naumburg
Schlachthof, Flüchtlingsquartier, Impfzentrum – und jetzt die Bretter, die die Welt bedeuten: Das Theater in Naumburg an der Saale (32.000 Einwohner; Sachsen-Anhalt) hat ein neues Domizil gefunden. Foto: Stadt Naumburg/Torsten Biel

Als sich im neuen Theater Naumburg im alten Schlachthof erstmals die Türen für das Publikum öffneten, dürfte allen Besuchern bewusst gewesen sein, dass sie einen einzigartigen Abend erleben. Ein neues Stadttheater seiner Bestimmung zu übergeben, ist ein Ereignis, an dem teilzuhaben man wohl nur einmal im Leben Gelegenheit hat. „Dieser 25. April 2025 ist ein historischer Tag für unsere Stadt“, betonte der Oberbürgermeister der Stadt Naumburg (Saale), Armin Müller, in seiner Festansprache.

Zur Eröffnung zeigte das kleinste Stadttheater Deutschlands William Shakespeares Tragödie „Hamlet“ in einer Inszenierung von Intendant Stefan Neugebauer. Alle Aufführungen waren ausverkauft. Auch beim folgenden Sommertheaterstück „Odysseus“ blieb kein Platz leer.

Der richtige Standort für das Stadttheater Naumburg

Zuvor war die Stadt Naumburg mehrere Jahre auf der Suche nach einem neuen Theaterstandort gewesen, um das räumlich zu kleine und stark sanierungsbedürftige Domizil am Naumburger Kramerplatz zu ersetzen. Der Fokus richtete sich bald auf das Gebäudeensemble des alten Schlachthofs am Markgrafenweg, der durch die vorherige Nutzung als Flüchtlingsquartier und Impfzentrum bereits teilsaniert war. Wie die Kalkulation zeigte, würde der Um- und Ausbau des Schlachthofs weniger kosten als die grundlegende Sanierung des bisherigen Quartiers.

„Der alte Schlachthof ist ein tolles Bestandsgebäude, das, gemessen an der Grundstruktur, förmlich unser Theater werden wollte“, sagt Andrea Böhm. Sie betreute federführend beim Sachbereich Hochbau der Stadt Naumburg das Projekt in Zusammenarbeit mit dem Büro Zirkel – Gesellschaft von Architekten aus Dresden.

Im August 2022 begannen die Arbeiten an dem Objekt, im März 2025 konnten sie abgeschlossen werden. Bestehende Gebäude wurden um- und ausgebaut. Nur das Foyer mit seiner markanten Spiegelglasfassade ist ein Neubau. Entstanden ist ein Multifunktionsgebäude für Schauspiel, Konzerte, Lesungen, Ausstellungen und Gastronomie sowie Garderoben, Fundus und Werkstätten.

Eine private Spende kam dazu

Die Baukosten betrugen 3,75 Millionen. Die Gesamtkosten beliefen sich auf 4,85 Millionen Euro, etwa 2,8 Millionen Euro waren Bundes- und Landesmittel. Das Projekt wurde unter anderem durch die Programme „Stadtumbau Ost“ sowie „Wachstum und nachhaltige Erneuerung“ gefördert.

Als eine Art „Anschubfinanzierung“ für den Theaterbau diente eine private testamentarische Zuwendung: Der Stadt Naumburg wurde bereits vor längerer Zeit eine Million Euro unter der Maßgabe gespendet, diese – so wie es beim Theater dann geschehen ist – in ein denkmalpflegerisches Projekt zu investieren.

Das Theater steht im Rampenlicht

Die Resonanz nach der Eröffnung des neuen Theaters war durchweg positiv – bei den Besuchern aus nah und fern, den Akteuren vor und hinter den Kulissen und auch bei der regionalen sowie überregionalen Theater- und Architekturkritik. So hieß es etwa in einem Beitrag des Mitteldeutschen Rundfunks: „Die Transformation des ehemaligen Schlachthofs in eine moderne Theaterstätte war ein ambitioniertes Projekt. Das Ergebnis ist ein beeindruckendes Kulturzentrum, das weit mehr als nur eine Bühne beherbergt.“

Rainer Robra, Staatsminister und Minister für Kultur des Landes Sachsen-Anhalt, sagte bereits am Tag der Eröffnung: „In sehr herausfordernden Zeiten ist es ein Hoffnungs- und Aufbruchszeichen, wenn für die Kultur eine neue zeitgemäße Stätte entsteht. Der alte Schlachthof mit seiner markanten Architektur und seiner reichen Geschichte bietet die perfekte Kulisse für das neue Theater. Hier treffen Tradition und Moderne aufeinander, um ein einzigartiges Theatererlebnis zu ermöglichen.“

Oberbürgermeister Müller fasst die Vorzüge der neuen Spielstätte so zusammen: „Eine Kulturinsel als Gelenkstelle zwischen Bahnhof und Altstadt, die alles bietet, was der alte Theaterstandort vermissen ließ: einen großen Saal mit über 100 Sitzplätzen und eine Studiobühne mit 70 Sitzen, ein großzügiges Foyer, ein einladendes Café, viel Platz für Ausstellungen und Konzerte sowie ausreichend Raum für Garderoben und Werkstätten, Fundus und Verwaltung“ – das alles auf 2000 Quadratmetern Nutzfläche.

All dies führte dazu, dass das neue Naumburger Theater für den Stadtumbau-Award Sachsen-Anhalt „Städte gestalten – Verloren geglaubte Orte wiedergewinnen“ nominiert wurde, der im November 2025 in Gröningen (Bördekreis) vergeben wird. Das neue Theater ist ein großer Gewinn für die Kulturstadt Naumburg im Allgemeinen und für das Quartier im Nordwesten der Stadt im Besonderen, das dadurch aufgewertet wird.

Zahlreiche Besucher von außerhalb

Natürlich sind viele neugierig auf den neuen Theaterkomplex und den spannenden Spielplan. Aber auch die Nähe der Spielstätte zum Hauptbahnhof dürfte ein weiterer Grund dafür sein, dass die Zahl der Besucher, die aus traditionsreichen Theaterstädten wie Halle (Saale), Leipzig und Weimar nach Naumburg kommen, um eine Aufführung zu sehen, seit Eröffnung der neuen Spielstätte deutlich gestiegen ist.

Daran möchte das Ensemble um Intendant Neugebauer auch in der neuen Spielzeit anknüpfen. Eröffnet wurde sie am 19. September 2025 mit Friedrich Dürrenmatts Tragikomödie „Der Besuch der alten Dame“.

Kai Agthe


Der Autor

Kai Agthe leitet das Büro des Oberbürgermeisters in Naumburg (Saale).


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