München, Hamburg und Köln – die drei Spitzenreiter des Smart City Index aus dem vergangenen Jahr, haben ihre Positionen verteidigt und stehen auch 2024 wieder ganz oben auf dem Treppchen. Ansonsten zeigt sich viel Bewegung im sechsten Digital-Ranking der deutscher Großstädte des Branchenverbands Bitkom.
Neu unter den Top Ten in diesem Jahr sind Bochum (Platz 4, Vorjahr: 11), Freiburg im Breisgau (Platz 6, Vorjahr: 14) und Lübeck (Platz 8, Vorjahr: 19) während Aachen (Platz 11, Vorjahr: 5), Osnabrück (Platz 12, Vorjahr: 7) und Karlsruhe (Platz 13, Vorjahr: 10) aus den Top 10 herausgefallen sind.
München erreicht insgesamt 88,3 von möglichen 100 Punkten (plus 3,8 Punkte). Zwar verbessert sich Hamburg ebenfalls um 2,3 Zähler von 83,9 auf 86,2 Punkte, der Rückstand auf den ersten Platz wird damit aber größer. Auf Platz drei hält sich Köln (unverändert 83,2 Punkte), das sich zugleich erstmals die Top-Platzierung in der Kategorie Digitale Verwaltung sichert.
Erneut rücken die Top 10 enger zusammen. Lagen zwischen Platz 4 und 10 im Vorjahr noch 3,5 Punkte so sind es jetzt nur noch 2,5 Punkte. Und die Städte werden insgesamt digitaler: Haben 2023 noch 76,6 Punkte für eine Top-10-Platzierung gereicht, sind inzwischen 79,8 Punkte notwendig.
„Jede Stadt kann eine echte Smart City werden“
„Deutschlands Städte werden smarter. Auch wenn es an den drei Spitzenplätzen beim Smart City Index in diesem Jahr keine Veränderung in der Rangfolge gibt, sehen wir eine große Dynamik innerhalb des Rankings. Auffallend ist, dass nicht mehr nur die Siegerstädte die Spitzenwerte in den Einzelkategorien erreichen, sondern Städte wie Düsseldorf, Ingolstadt oder Berlin trotz schwächerem Abschneiden im Gesamtranking in einzelnen Bereichen echte Digitalisierungs-Vorreiter sind“, sagt Bitkom-Präsident Dr. Ralf Wintergerst. „Wir sehen teilweise große Sprünge nach vorn bei einzelnen Städten. Das zeigt: Jede Stadt kann eine echte Smart City werden. Ein gutes Zeichen ist auch, dass sich unter den Bestplatzierten nicht nur die ganz großen Metropolen finden.“
Smart City Index macht die Hidden Champions sichtbar
Etliche Städte haben in einzelnen Bereichen Stärken, auch wenn es im Gesamtranking nicht für eine Top-Platzierung reicht. Diese Hidden Champions macht der Smart City Index sichtbar. So gibt es in diesem Jahr erstmals in allen fünf Kategorien unterschiedliche Siegerstädte, die zudem mehrheitlich nicht aus den Top 10 stammen:
- Düsseldorf (Gesamtrang 17) ist 2024 spitze im Bereich Gesellschaft und Bildung, nachdem es in den beiden Vorjahren noch auf den Rängen 2 und 3 lag.
- Ingolstadt, im Gesamtranking auf Platz 23, belegt den ersten Platz in der Kategorie Energie und Umwelt – im Vorjahr kam die Stadt in dieser Kategorie nicht einmal unter die besten zehn.
- Berlin, im Gesamtranking lediglich auf 28, sichert sich den ersten Platz bei der Mobilität. Mit 100 Punkten schafft es die Bundeshauptstadt als erste Stadt überhaupt, in einer Kategorie bei allen Indikatoren die volle Punktzahl zu erreichen.
- Köln (Gesamtrang 3) erreicht erstmals den Spitzenplatz in der Kategorie Digitale Verwaltung.
- München (Gesamtrang 1) verteidigt seine Spitzenplatzierung bei IT und Kommunikation.
Aber auch andere Städte schneiden in Einzelkategorien deutlich besser ab als in der Gesamtwertung. So kommt etwa Bergisch Gladbach im Gesamtranking nur auf Platz 62, aber in der Kategorie Energie und Umwelt auf Platz 10. Gelsenkirchen landet insgesamt auf Rang 46, bei IT und Kommunikation schafft es die Stadt aber auf einen beachtlichen Platz 5. Und Hannover, im Gesamtranking auf Platz 41, ist im Bereich Mobilität auf Platz 8. Herne erzielt in der Kategorie Gesellschaft und Bildung Platz 14, auch wenn es gesamt nur zu Platz 42 reicht.
Smart City muss in der Fläche ankommen
„Wenn wir mehr digitale Infrastruktur und digitale Verwaltungsangebote wollen, dann müssen wir etablierte digitale Lösungen priorisieren. Bund und Länder fördern seit Jahren einzelne Leuchttürme und Pilotkommunen, aber viel zu wenig kommt in der Fläche an. Wenn jede Stadt das digitale Rad neu erfinden soll oder will, kommen wir in Deutschland nicht wirklich vom Fleck“, sagt Wintergerst. „Dazu gehört auch, dass die Smart City als Teil der kommunalen Infrastruktur dauerhaft finanziert wird und nicht immer nur einzelne Projekte, für deren Weiterbetrieb dann irgendwann kein Geld mehr da ist.“
Zudem fordert Bitkom in seiner Pressemitteilung zum Smart City Index von der Politik, die Umsetzung und Finanzierung des im Juni verabschiedeten Smart-City-Stufenplans zeitnah sicherzustellen. „Es gibt auch ganz konkrete, einfache Maßnahmen, die den Städten sehr helfen würden. Insbesondere sollten wir Rahmenverträge für Smart-City-Lösungen initiieren, damit nicht jede Kommune für sich alleine verhandeln muss, wofür ihr häufig sowohl Know-how als auch Personal fehlen.“
Baden-Württemberg, Bayern und Sachsen liegen vorne
Blickt man auf das Abschneiden der Großstädte aus den unterschiedlichen Bundesländern im Smart City Index, so schneiden wie in den Vorjahren im Mittel Städte in Baden-Württemberg (74,1 Punkte, 2023: 68,1 Punkte), Bayern (72,2 Punkte, 2023: 66,5 Punkte) und Sachsen (71,8 Punkte, 2023: 67,3 Punkte) deutlich besser ab als der Durchschnitt.
Rheinland-Pfalz (68,1 Punkte, 2023: 62,7 Punkte) und Nordrhein-Westfalen (66,2 Punkte, 2023: 61,1 Punkte) liegen im Mittelfeld.
In Hessen (64,5 Punkte, 2023: 63,7 Punkte) und Niedersachsen (64,0 Punkte, 2023: 61,4 Punkte) fallen die Ergebnisse dagegen unterdurchschnittlich aus.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich auch die Anzahl der im Ranking berücksichtigten Städte zwischen den Ländern deutlich unterscheidet – so gibt es in Nordrhein-Westfalen 30 Großstädte, während es in Rheinland-Pfalz nur fünf sind. Für Bundesländer mit weniger als drei Großstädten lässt sich daher auch keine Aussage treffen.
Überdurchschnittlich schneiden zudem große Städte ab 300.000 Einwohnern sowie die vom Bund geförderten Modellprojekte Smart Cities (MPSC) ab. Aber auch Landeshauptstädte und Universitätsstädte liegen über dem Durchschnitt. „Es gibt Strukturmerkmale, die es Städten erleichtern, eine Smart City zu werden. Der Austausch zwischen Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft gehört ebenso dazu wie etwa Hochschulstandorte mit einer hohen Startup-Dichte“, so Wintergerst. „Aber auch Städte, die nicht über diese Vorteile verfügen, können mit einer klaren Strategie, klarer Verantwortung und klarer Schwerpunktsetzung smarter und digitaler werden.“
Reutlingen und Potsdam machen am meisten Plätze gut
Viel Bewegung im Smart City Index 2024 gibt es auch jenseits der Top-Platzierungen. Größter Aufsteiger im Gesamtranking ist Reutlingen (64,7 Punkte), das sich von den hinteren Rängen um 27 Plätze auf Rang 51 verbessert hat. Die Brandenburger Landeshauptstadt Potsdam (75,2 Punkte) klettert ebenfalls um mehr als 20 Plätze auf Rang 27 (plus 21 Plätze). Fast genauso stark aufgestiegen sind Würzburg (63,8 Punkte, plus 19 Plätze auf Rang 52) und Ingolstadt (76,6 Punkte, plus 19 Plätze auf Rang 23). Saarbrücken (65,6 Punkte) verbessert sich um 17 Plätze auf Rang 49. „Digitalisierung ist kein Zustand, sondern ein Prozess“, sagt Wintergerst. „Auch in kurzer Zeit lässt sich – politischer Wille und Engagement vorausgesetzt – in den Städten viel bewegen.“
Es gibt aber auch Städte, die zurückfallen. Gegenüber dem Vorjahr haben Siegen (55,8 Punkte, Rang 68, minus 18 Plätze), Offenbach am Main (54,4 Punkte, Rang 72, minus 16 Plätze), Mannheim (73,4 Punkte, Rang 30, minus 15 Plätze) und Erlangen (56,8 Punkte, Rang 66, minus 15 Plätze) am stärksten verloren. Auf Platz 80 liegt Remscheid (41,6 Punkte), auf Platz 81 folgt erstmals und neu im Ranking Hanau (41,1 Punkte). Auf Platz 82 findet sich Salzgitter (40,3 Punkte). Salzgitter löst damit das Vorjahres-Schlusslicht Bremerhaven (52,8 Punkte) ab, das sich um vier Plätze auf Rang 77 verbessern konnte.
Eine interaktive Online-Karte zum Smart City Index gibt es auf https://www.bitkom.org/Smart-City-Index.
Methodik zum Smart City Index
Für den Smart City Index wurden insgesamt 13.284 Datenpunkte erfasst, überprüft und qualifiziert. Das sind noch einmal 567 mehr als im Vorjahr. Analysiert und bewertet wurden alle Städte mit mehr als 100.000 Einwohnern. Mit 82 sind das eine Stadt mehr als im Vorjahr, da Hanau den Status einer Großstadt erreicht hat.
Untersucht wurden die fünf Themenbereiche Verwaltung, IT und Kommunikation, Energie und Umwelt, Mobilität sowie Gesellschaft und Bildung. Diese fünf Bereiche fächern sich in 37 Indikatoren auf. Diese wiederum bestehen aus insgesamt 162 Parametern (fünf mehr als noch 2023) bestehen – von Online-Bürger-Services über Sharing-Angebote im städtischen Verkehr und Umweltsensorik bis zur Breitbandverfügbarkeit und Digital-Fortbildungen für Lehrkräfte und Verwaltungsangestellte.
red.