Der Einsatz von hochgiftigen Wirkstoffen bei der Rattenbekämpfung ist zurückgegangen: Das zeigt eine Umfrage des Umweltbundesamtes unter Kommunen. Dennoch wird vielerorts weiterhin gegen aktuelle Vorschriften und Gesetze verstoßen – die sich bald noch weiter verschärfen werden.
Da Ratten gefährliche Krankheiten übertragen und wichtige Infrastruktur beschädigen können, sind Kommunen zur Rattenbekämpfung verpflichtet. Wie eine Umfrage des Umweltbundesamts (UBA) belegt, kommen die meisten Kommunen dieser Pflicht nach. Von den 288 Kommunen, die an der bundesweit durchgeführten Umfrage teilnahmen, gaben 83 Prozent an, dass sie im Jahr 2022 Ratten in der Kanalisation bekämpft haben. Der Bekämpfung der Schadnager in der Kanalisation kommt eine wichtige Rolle zu, da die Tiere sie unter anderem nutzen, um sich unterirdisch fortzubewegen.
Befallserhebung vor der aktiven Rattenbekämpfung
Mittlerweile führen rund 70 Prozent der rattenbekämpfenden Kommunen eine vorherige Befallserhebung sowie eine abschließende Erfolgskontrolle durch. Das führen Experten wie Julia Regnery von der Bundesanstalt für Gewässerkunde und Anton Friesen vom Umweltbundesamt auch auf die verschärften, rechtsverbindlichen Anwendungsbestimmungen und Risikominderungsmaßnahmen für Rodentizide zurück. Erfreulich ist ebenfalls, dass sich die Einsatzmengen von Antikoagulanzien der zweiten Generation im Vergleich zum Jahr 2017 um fast ein Drittel (28 Prozent) verringert haben.
Insgesamt wurden bei den teilnehmenden Kommunen 23,5 Tonnen Köder zur Beköderung im Kanal eingesetzt. Rechnet man die Umfrageergebnisse unter den Teilnehmern auf das gesamte Bundesgebiet hoch, ergibt sich daraus eine Menge von rund 148 Tonnen Giftköder.
Die über die Jahre stetig verschärften Vorschriften und Gesetze sowie die gezielte Aufklärung von Anwendern hat offenbar dazu geführt, dass vielerorts ein neues Bewusstsein für die teils schwerwiegenden Folgen ungeschützt eingesetzter Rattengiftköder herrscht. Allerdings zeigt die Umfrage auch, dass weiter Handlungsbedarf besteht. Denn die am weitesten verbreitete Methodik ist weiterhin, dass die Giftköder ungeschützt am Draht in die Kanalschächte eingehängt werden.
Rattenbekämpfung mit Giftköder bergen hohes Risiko
Zwar sank der Anteil von 86,3 Prozent im Jahr 2017 auf nunmehr 70,6 Prozent. Dennoch bedeutet dies, dass mehr als zwei Drittel der Kommunen weiterhin zumindest teilweise auf diese für Natur und Umwelt gefährliche Methode setzen. Selbst nach der Beendigung der Bekämpfungsmaßnahme werden die Giftköder oft nicht oder nur teilweise aus der Kanalisation entfernt.
Dass immer weniger Giftstoffe eingesetzt werden und sie zudem nicht in die Umwelt gelangen, ist vor allem auf den zunehmenden Einsatz sogenannter Köderschutzstationen zurückzuführen. In 47 Prozent aller Kommunen werden sie bereits eingesetzt: Das stellt eine deutliche Steigerung gegenüber 2017 dar (13 Prozent). Es bedeutet aber auch, dass die Köderschutzboxen von der Hälfte aller Kommunen weiterhin ignoriert werden. Selbst dort, wo sie genutzt werden, werden offenbar nicht alle Giftköder mit entsprechenden Stationen geschützt – anders lässt sich nicht erklären, dass in 70 Prozent aller Kommunen Giftköder weiterhin am Draht eingehängt werden.
Wie eine 2021 durchgeführte Untersuchung des Instituts für Angewandte Bauforschung (IAB) belegt, ist das ungeschützte Einhängen von Ködern am Draht keine (rechts-)sichere Anwendungsmethode. Gleichzeitig zeigte die Untersuchung, dass nicht alle erhältlichen Köderschutzboxen zuverlässig den Kontakt zwischen Wasser und Giftköder verhindern, wenn es etwa zu Flutungen oder zu Rückstau im Kanal kommt. Entsprechend wichtig ist es, darauf zu achten, dass die Köderschutzstationen im Alltagstest wie der IAB-Untersuchung ihre Zuverlässigkeit unter Beweis gestellt haben.
Sinnvolle Kombination von Gift und Software
Während Kommunen bereits heute sicherstellen müssen, dass es beim Einsatz von Rattengiftködern zu keinem Kontakt zwischen Giftköder und Wasser kommt, werden sich die Vorschriften noch einmal verschärfen. Ab 1. Januar 2026 werden Köderschutzstationen verpflichtend sein, da mit den Boxen bis zu 95 Prozent an Giftködern eingespart werden können.
Anstatt mit der Umstellung zu warten, macht es also Sinn, jetzt aktiv zu werden. Zumal es längst Köderschutzboxen gibt, mit denen sich Rattenhotspots vom PC aus erkennen lassen. Dadurch ist stets eine anlassbezogene Bekämpfung mit Giftködern möglich. So fängt man zwei Fliegen mit einer Klappe. Denn ohne einen zuvor festgestellten Befall dürfen Köder bereits heute nicht eingesetzt werden.
Der Autor
Tillmann Braun ist Fachjournalist mit Schwerpunkt IT und Digitalisierung aus Haiterbach.
Tillmann Braun