Für erstmals erstellte Straßen werden Anlieger zum Erschließungsbeitrag herangezogen, für Ausbauarbeiten zum Straßenbaubeitrag. (OVG Thüringen vom 27. April 2006 – AZ 4 EO 1089/04)
Beim ersten Zusehen möchte man meinen, die Begriffe Erschließungsbeitrag und Straßenbaubeitrag würden dasselbe besagen. Das trifft nicht zu. Wenn eine Gemeinde eine Straße baut und den Aufwand auf die Eigentümer der angrenzenden Grundstücke umlegen will, ist die Art des Beitrages von großer Bedeutung für die Höhe der finanziellen Belastung. Handelt es sich um einen Erschließungsbeitrag, wird der Bauaufwand allgemein zu 90 Prozent auf die Anlieger umgelegt. Handelt es sich um einen Straßenbaubeitrag, beträgt die Belastung je nach Straßenart vielleicht nur 30 oder 50 oder 70 Prozent.
Wenn die Gemeinde einen Erschließungsbeitrag verlangt, und die Berechtigung dafür von den Anliegern in Zweifel gezogen wird, ist die Gemeinde dafür beweispflichtig, dass die Erschließungsanlage erstmalig in vollem Umfang hergestellt wird. Dies ist bei Straßen in einem neuen Baugebiet offenkundig, nicht aber für Straßen innerhalb der Ortslage. Sie sind dann vor Jahren oder Jahrzehnten endgültig hergestellt worden, wenn ein schriftliches Ausbauprogramm vorgelegt werden kann, das zu erkennen gibt, welche Vorstellungen früher bestanden haben, um eine Straße endgültig herzustellen. Vielfach sind die entsprechenden Akten aber verloren gegangen. Dann kann sich die endgültige Herstellung der Straße aus den örtlichen Ausbaugepflogenheiten ergeben, die ermittelt werden müssen.
Wenn sich ergibt, dass die Straße bereits früher endgültig hergestellt worden war, kann die Gemeinde keinen einen Erschließungsbeitrag zu verlangen. Sie kann nur einen Straßenbaubeitrag fordern, der die Anlieger finanziell weniger belastet. Lässt sich nicht eindeutig feststellen, ob die Straße bereits früher endgültig hergestellt worden war, gehen Zweifel zu Lasten der Gemeinde.
Franz Otto