Nachhaltige Beschaffung: Ohne einen Wandel geht es nicht

Wie steht es um die nachhaltige Beschaffung? Eine Studie der Bertelsmann Stiftung kam vor einem Jahr zu dem Schluss, dass alte Defizite aktueller denn je sind. Dabei ist es geblieben: Nach wie vor ist immer noch viel Luft nach oben.

Nachhaltige Beschaffung
Büroaustattung und anderes nachhaltig einkaufen: Das Ziel ist klar, Lösungsvorschläge gibt es auch, dennoch gelingt die Umsetzung oft nicht – hier müsste sich einiges tun. Foto: Adobe Stock/nd700

Um Peanuts geht es nicht: Laut Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) gibt die öffentliche Hand jedes Jahr einen dreistelligen Milliardenbetrag aus, unter anderem für Textilien und Informationstechnik. Durch nachhaltigen Einkauf könnten bessere Produktionsweisen weltweit unterstützt und soziale sowie ökologische Risiken eingedämmt werden.

Im vergangenen Jahr – 20 Jahre nach der vorletzten Vergaberechtsreform, die explizit auf die Notwendigkeit der Berücksichtigung von Umweltkriterien hinweist – legte das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz seine Statistik zum tatsächlichen Vergabeverhalten vor. Das Fazit: „Die öffentliche, nachhaltige Kriterien berücksichtigende Beschaffung bleibt weiterhin deutlich hinter den Möglichkeiten der strategischen Beschaffung zurück.“ 2021 wurden nur bei gut zwölf Prozent der Vergabeverfahren nachhaltige Aspekte berücksichtigt.

Nachhaltige Beschaffung: Studie belegt Defizite

Hier setzt eine Studie der Bertelsmann Stiftung und der Universität der Bundeswehr München aus dem Jahr 2024 an: „Nachhaltigkeit in der öffentlichen Beschaffung“. Sie beschäftigt sich mit der Diskrepanz zwischen der Intention einerseits und der tatsächlichen Umsetzung dieser Schritte in der Vergabepraxis andererseits. Die Schlüsselfrage „Gibt es ein Implementierungsdefizit bei der nachhaltigen öffentlichen Beschaffung“ wurde nach der Untersuchung mit einem Ja beantwortet.

Dabei verläuft der Wandel nach wie vor unterschiedlich. Zum Beispiel im Südwesten: „Die Kommunen in Baden-Württemberg sind auf dem Weg, bei manchen geht es schneller, bei anderen langsamer voran“, sagt Tatjana Erkert, Pressesprecherin der LUBW Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg. Von allein läuft es oft nicht – Angebote stehen aber bereit: „Das Nachhaltigkeitsbüro der LUBW unterstützt bei diesem Prozess.“

Wie aber kam die Studie zu ihren Ergebnissen? Grundlage waren 108 Untersuchungen zum Thema, die zwischen 2005 und 2023 durchgeführt wurden; zudem Workshops mit Verwaltungsangestellten, die Ergebnisse validieren sollten.

Die Forschenden haben unterschiedliche Ursachen für die Defizite eingegrenzt. Beispielsweise erschweren Professionalisierungsdefizite – wenn spezifisches Wissen und entsprechende Ausbildung fehlen – die erfolgreiche Implementierung. Aber auch Evaluations- und Wirksamkeitsdefizite, die einen Mangel an Kontroll- und Nachverfolgungsmechanismen betreffen, spielen eine Rolle. Gleichzeitig erschweren operative und strategische Hürden die praxisorientierte Umsetzung und eine langfristige Planung. Eingeschränkte Verfügbarkeit von nachhaltigen Angeboten und fehlende Ressourcen sind dabei kritische Faktoren.

Vom Anspruch ins Handeln kommen

Neu sind die Defizite nicht – das bestätigten die Workshopteilnehmer der kommunalen Beschaffung aus Frankfurt am Main. Als sehr relevant stuften die Befragten das Professionalisierungsdefizit ein. Aber auch vergaberechtliche Sicherheit – fehlende Rechtssicherheit bei der Implementierung der nachhaltigen Beschaffung – ist ein Faktor. Zudem behindern fehlender Veränderungswille und fehlende Unterstützung von Führungskräften.

Einige Lösungsansätze werden bereits seit langem besprochen, etwa Zentralisierung und Stärkung der Kommunikation. Die Workshopteilnehmer erachteten zudem unter anderem Training und Ausbildung, Strategie und Zielsetzung, verbindliche Regelungen, Sensibilisierung sowie Kommunikation als besonders wichtig.

Dabei gilt zu beachten: Kein Lösungsansatz ist auf jede Situation anwendbar. Die Vorschläge sollen als modularer Baukasten von Implementierungsinstrumenten dienen – und genau darum sollte es gehen: die Instrumente auch tatsächlich einzusetzen.

Fabienne Acker


Zum Weiterlesen

Die Bertelsmann-Studie ist online zugänglich.


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