Längst ist die Berücksichtigung von Aspekten der Nachhaltigkeit bei der Beschaffung von Produkten und Dienstleistungen vorgeschrieben – doch wie sieht es in der kommunalen Praxis aus? Kathrin Maier vom Beschaffungsamt des Bundes kennt Herausforderungen und Hürden, aber auch positive Beispiele.
Die kommunale Ebene ist wie auch andere Verwaltungsebenen (Bund, Länder und andere öffentliche Auftraggeber) unterschiedlich gut in Bereichen der nachhaltigen Beschaffung aufgestellt. Es gibt Vorreiter, die als Best-Practice-Beispiele dienen, aber auch Institutionen, die dem Nachhaltigkeitsgedanken in der Beschaffung noch nicht in der Tiefe folgen (können).
Das ist auf unterschiedliche Ursachen zurückzuführen. Eine davon ist beispielsweise der Personalmangel beziehungsweise die Auslastung der Mitarbeitenden, die mit der Vergabe befasst sind. Aber auch mangelnde Informationen zur konkreten Umsetzung einer nachhaltigen Beschaffung in den Ausschreibungen führen zu Problemen. Bei letzterem setzt das Informationsangebot der Kompetenzstelle für nachhaltige Beschaffung (KNB) an, die im Beschaffungsamt (BeschA) des Bundesinnenministeriums angesiedelt ist.
Mit Schulungen, Produktgruppenblättern und Hinweisen auf der Website, aber auch mit der für alle Interessierten erreichbaren E-Mail- und Telefonhotline versucht die Kompetenzstelle für nachhaltige Beschaffung (KNB), die Informationen der Zielgruppe näherzubringen.
Es gibt Produktbereiche, für die eine nachhaltige Beschaffung auf der Hand liegen, und es gibt Produktbereiche, die dafür noch nicht so leicht zugänglich sind. Neben der Beschaffung von Lieferleistungen wie zum Beispiel Papierprodukte aus nachhaltiger Forstwirtschaft, für die es eine große Marktabdeckung gibt, steigt die Zahl der Produkte, die aufgrund vorhandener Gütezeichen stärker in die tägliche Beschaffungspraxis einfließen.
Beispiele hierfür sind Lebensmittel, Informations- und Kommunikationstechnik (IKT) oder auch Textilien. Damit stellen sich aber auch zunehmend Fragen nach der Integration in den Vergabeprozess, und es stellt sich die Frage, welche Gütezeichen miteinander vergleichbar sind. Die KNB versucht, durch die Produktgruppenblätter und das direkte Beratungsangebot zu unterstützen, damit auch hier nachhaltige Beschaffung zum neuen Normal wird.
Globale Lieferketten sind meist schwer durchschaubar
Nachhaltigkeit in der Beschaffung bedeutet die Einbeziehung von ökologischen, ökonomischen und sozialen Kriterien in öffentliche Vergabeverfahren. Gerade bei Produkten mit langen und intransparenten Lieferketten gelangt man schnell zu der Frage, unter welchen Arbeitsbedingungen bestimmte Produkte hergestellt wurden und welche ökologischen Auswirkungen entlang der Lieferkette entstehen. Produktgruppen wie Textilien oder IKT haben dabei ein höheres Risiko für Menschenrechtsverletzungen entlang der Lieferkette, beispielsweise durch die Arbeit in Fabriken mit Sicherheitsmängeln oder durch den Einsatz von Konfliktmineralien.
Die Antworten darauf sind oft komplex, aber in den vergangenen Jahren haben sich viele Beschaffungsstellen bereits auf den Weg gemacht. Praxisbeispiele und Erfahrungen, die im Rahmen konkreter Vergabeverfahren gesammelt und auf Infoportalen zur nachhaltigen Beschaffung zur Verfügung gestellt werden, sind in der Regel sehr hilfreich für andere Städte und Gemeinden. Die Nutzung von Gütezeichen und deren Kriterien kann hierzu ebenfalls hilfreich sein, sowie in einem ersten Schritt zum Beispiel die Fokussierung auf bestimmte Standardprodukte.
Best-Practice-Beispiele aus der kommunalen Beschaffungspraxis
Eine große Sammlung an Praxisbeispielen bietet die Informationsplattform kompass-nachhaltigkeit.de, die mittels interaktiver Deutschlandkarte den Zugriff auf kommunale Beispiele ermöglicht. Das umfasst unter anderem Ausschreibungen, Ratsbeschlüsse, Dienstanweisungen und Leitfäden.
Die bayerische Metropolregion Nürnberg bietet als Best-Practice-Beispiel Erfahrungswerte: ein Zusammenschluss von 23 Landkreisen und elf kreisfreien Städten. Seit 2019 setzt sich die Metropolregion Nürnberg durch den „Pakt zur nachhaltigen Beschaffung“ anspruchsvolle Ziele zur Umsetzung einer nach- haltigen Entwicklung in der Beschaffung. Beispielsweise haben die Mitglieder des Pakts im Jahr 2022 insgesamt Waren im Wert von 13,5 Millionen Euro nachhaltig beschafft. Damit wurde das vorher gesetzte Ziel von zehn Millionen Euro deutlich übertroffen – und es bleibt spannend, ob das Ziel für 2023 von mindestens 15 Millionen Euro erreicht werden konnte.
Auch die Stadt Ludwigsburg in Baden-Württemberg ist ein Vorbild für Nachhaltigkeit in der kommunalen Beschaffung. Ludwigsburg hat sich im Rahmen einer Dienstanweisung dazu verpflichtet, die öffentliche Beschaffung an den Cradle-to-Cradle (C2C)-Prinzipien auszurichten. C2C bietet einen Ansatz für konsequente Kreislaufwirtschaft und ganzheitliche Nachhaltigkeit auf Produktebene.
Kathrin Maier
Die Autorin
Kathrin Maier ist Mitarbeiterin der Kompetenzstelle für nachhaltige Beschaffung im Beschaffungsamt des Bundesministeriums des Innern und für Heimat (BMI).