Moor-Biomasse zur nachhaltigen Wärmeversorgung

Wärmewende, Energieversorgung
Forschende der Universität Greifswald und der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin haben untersucht, wie gut sich Süß- und Sauergräser, die die Vegetation von wiedervernässten Niedermooren prägen, als Brennstoff für die Versorgung von Wärmenetzen eignen. Foto: Wendelin Wichtmann

Das Forschungsprojekt BonaMoor hat am Beispiel des Niedermoorbiomasse-Heizwerks Malchin analysiert, wie gut sich die Vegetation von wiedervernässten Niedermooren als Brennstoff für die Versorgung von Wärmenetzen eignet.

Süß- und Sauergräser, die die Vegetation von wiedervernässten Niedermooren prägen, eignen sich als Brennstoff für die Versorgung von Wärmenetzen. So lautet ein Ergebnis des Projektes BonaMoor, in dem Forschende am Beispiel des Niedermoorbiomasse-heizwerks Malchin (Mecklenburg-Vorpommern) untersucht haben, wie gut dieser Ansatz funktioniert und wie er sich optimieren lässt.

Die Emissionsgrenzwerte nach der Technischen Anleitung zur Reinhaltung der Luft (TA Luft) sind laut den Forschungsergebnissen einhaltbar. Der Beitrag zum Klimaschutz falle überdurchschnittlich hoch aus.

Im Zentrum der Untersuchungen standen vor allem Anbau und Ernte der Biomasse, verbrennungstechnische Fragen sowie eine ökonomische und ökologische Bewertung. Beteiligt an dem Projekt waren die Universität Greifswald und die Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin.

Biomasse aus Nasswiesengräsern als Brennstoff

Aus Klimaschutzgründen steht in vielen Niedermooren früher oder später die Wiedervernässung an. Allerdings fragen sich viele der dort wirtschaftenden Landwirte, ob sie die nassen Flächen weiterhin bewirtschaften können und was mit dem Aufwuchs geschehen soll. Denn durch den höheren Wasserstand stellen sich Pflanzenarten ein, die als Futtermittel ungeeignet sind. Das Biomasseheizwerk Malchin der Agrotherm GmbH zeigt eine mögliche Antwort auf: die Nutzung der Nasswiesengräser als Brennstoff.

Die in dieser Größe deutschlandweit einzigartige Anlage speist Wärme in das Wärmenetz der 7000-Einwohner-Kleinstadt ein. Der 800 kW-Biomassekessel versorgt 490 Haushalte, zwei Schulen und mehrere Bürogebäude. Den Aufwuchs erntet Landwirt Hans Voigt auf rund 300 Hektar nassen Grünlandflächen am Rande des nahegelegenen Kummerower Sees. Er hat Lieferverträge mit Agrotherm abgeschlossen und kann so auf den seit 2008 wiedervernässten Flächen ein Einkommen erwirtschaften.

„Die Herausforderung besteht darin, immer das Wetter und die Bodenverhältnisse zu beobachten, richtig einzuschätzen und sofort loszulegen, wenn die Ernte möglich ist“, erklärt Voigt. Bodenschonung sei das A und O, in nassen Jahren sind außerdem nicht alle Flächen voll befahrbar. Für solche Fälle kann der Biomassekessel in Malchin auch Stroh oder Holzhackschnitzel verbrennen.

Kommunaler Beitrag zum Klimaschutz

Das BonaMoor-Forscherteam hat am Beispiel der Malchiner Anlage die gesamte Kette von der Biomasseproduktion bis zur Verbrennung untersucht. Unter anderem fand es heraus, dass möglichst späte Erntezeitpunkte wichtig für gute Brennstoffeigenschaften sind. Die Erträge werden stark über den mittleren Wasserstand beeinflusst, der sich durch die Wiedervernässung des Moorstandortes ergeben hat und die Zusammensetzung der Vegetation bestimmt.

Für die Wirtschaftlichkeit der Heizung ist eine hohe Auslastung entscheidend: Ab jährlich 4000 Volllaststunden und bei einem Erdgas-Brennstoffpreis von etwa 65 Euro pro MWhHU liegen die Wärmegestehungskosten mit Nasswiesenheu in Malchin günstiger als mit Erdgas. Aktuell beträgt der Erdgaspreis etwa 100 Euro/MWhHU.

Die Malchiner Anlage hält die Grenzwerte der TA Luft ein, durch technische Optimierungen ließen sich die Emissionen weiter reduzieren. Die Klimaschutzeffekte des Energieträgers Nasswiesen-Biomasse gegenüber Öl und Gas sind besonders groß und überrunden die von Holz und Stroh. Das liegt an der Wiedervernässung der Moorböden: Im trockenen Zustand emittieren sie große Mengen CO2, bei hohen Wasserständen wird der Prozess gestoppt oder deutlich gemindert.

Projektleiter Dr. Wendelin Wichtmann von der Universität Greifswald zieht als Fazit: „Der Malchiner Ansatz ist durchaus auf andere Standorte übertragbar. Zu den Voraussetzungen gehört neben ausreichend verfügbarer Biomasse von wiedervernässten Niedermoorflächen das Vorhandensein eines Nahwärmenetzes, um eine hohe Wärmeabnahme zu gewährleisten. Kommunen können mit der Verwertung von Nasswiesenheu einen großen Beitrag zum Klimaschutz leisten, indem sie fossile Rohstoffe ersetzen und gleichzeitig die wirtschaftliche Voraussetzung für die dauerhafte Vernässung von Niedermooren schaffen.“

Hintergrund

Im November 2022 hat das Bundeskabinett die Nationale Moorschutzstrategie als Teil des Aktionsprogramms Natürlicher Klimaschutz (ANK) beschlossen. Das ANK soll Ökosysteme wie Moore und Wälder als natürliche Klimaschützer und für den Erhalt der Biodiversität stärken und wurde im März beschlossen.

Zentrale Maßnahme der Nationalen Moorschutzstrategie ist die Wiedervernässung von Moorböden. In Deutschland stammen gegenwärtig etwa sieben Prozent der gesamten Treibhausgasemissionen aus der Zersetzung von Moorböden infolge von Entwässerungsmaßnahmen, hauptsächlich für die Land- und Forstwirtschaft und die Torfnutzung.

Das Vorhaben BonaMoor wurde vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) über den Projektträger Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. (FNR) gefördert. Die Abschlussberichte stehen auf fnr.de in der Projektdatenbank unter den Förderkennzeichen 22400518 und 22404418 zur Verfügung.