Ein nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag in der Handelsbilanz hindert nicht die finanzielle Leistungsfähigkeit. (OLG Celle vom 11. Juni 2015 – AZ 13 Verg 4/15)
Ein Bieter ist finanziell leistungsfähig, wenn er über ausreichend finanzielle Mittel verfügt, um während der gesamten Laufzeit des ausgeschriebenen Auftrags seinen laufenden Verpflichtungen nachzukommen. Eine Bewertung der finanziellen Leistungsfähigkeit anhand der Handelsbilanz des Bieters ist ausgeschlossen, da sich daraus eine bilanzielle Überschuldung nicht entnehmen lässt. Die bloße Höhe der Verbindlichkeiten lässt für sich alleine keine Rückschlüsse auf die Leistungsfähigkeit zu. Ein nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag kann allenfalls Anlass zu einer Überschuldungsprüfung geben, sofern belastbare Hinweise für eine Überschuldung vorliegen.
Kann der Bieter die als Sicherheit angeforderten Bürgschaften mühelos erbringen, spricht dies für dessen finanzielle Leistungsfähigkeit. Die Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Bieters bedarf stets einer einzelfallbezogenen Prognose unter Berücksichtigung des konkret ausgeschriebenen Auftrags.
Ute Jasper / Jens Biemann
Die Autoren
Dr. Ute Jasper ist Rechtsanwältin und Partnerin der Sozietät Heuking Kühn Lüer Wojtek in Düsseldorf und leitet die Practice Group „Öffentlicher Sektor und Vergabe“; Dr. Jens Biemann ist Rechtsanwalt der Kanzlei.