Kommunen als zentrale Sonnenakteure

Die aktuellen Zahlen sind positiv: Der Anteil der Solarenergie an der Stromerzeugung ist deutlich gestiegen. Wie aber schätzt die Branche die Entwicklung ein? Noch bleibt viel zu tun, betont Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des BSW-Solar – und verbindet seine Einschätzung mit einem Appell an die Kommunen.

Solaranlagen werden auf einer Freifläche aufgebaut.
(Noch) mehr Tempo beim Ausbau – das ist der Branchenappell: Nur so können die gesetzten Klima- und Energieziele erreicht werden. Foto: Adobe Stock/somchai20162516

Die in Deutschland installierte Photovoltaikleistung ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Zwischen 2016 und 2024 hat sich der jährliche PV-Zubau von rund 1,5 Gigawatt auf etwa 17 Gigawatt (GW) neu installierter Leistung mehr als verzehnfacht. Zum Jahreswechsel 2024/2025 wurde die 100-GW-Schwelle bei der installierten PV-Leistung überschritten. Die bis Ende 2024 installierten Solarstromanlagen produzierten im vergangenen Jahr rund 73 Terrawattstunden Strom und deckten damit etwa 14 Prozent des gesamten Bruttostromverbrauchs.

Um die gesetzten Klima- und Energieziele zu erreichen, muss das Ausbautempo weiterhin hochgehalten werden – insbesondere auch durch die öffentliche Hand. Kommunen und Solarbranche benötigen dafür verlässliche Rahmenbedingungen, den Abbau weiterer Marktbarrieren sowie eine kluge Systemtransformation.

Viele Kommunen investieren bereits in Photovoltaikanlagen, gerade im Neubau. Allerdings ist weiterhin der überwiegende Teil der öffentlichen Gebäude bisher nicht mit einer PV-Anlage ausgestattet. Hier ist eine deutliche Beschleunigung notwendig.

EU-Solarpflicht ist im Kommen

Zu einem schnelleren Ausbau von PV-Anlagen auf öffentlichen Gebäuden verpflichtet auch die europäische Gebäudeenergierichtlinie. Sie sieht unter anderem eine Solarpflicht für alle neuen öffentlichen Gebäuden ab 2027 vor. Bestehende öffentliche Gebäude mit einer Nutzfläche von mehr als 250 Quadratmetern müssen stufenweise bis Ende 2030 nachgerüstet werden.

Mit der großen Anzahl kommunaler Gebäude und der Vorbildfunktion der öffentlichen Hand kommt den Kommunen eine wichtige Rolle bei der Umsetzung der Energiewende zu, unter anderem durch gezielte Investitionen in PV-Anlagen auf öffentlichen Gebäuden oder beim kommunalen Wohnungsbau. Auch öffentliche Nutzflächen wie Parkplätze sollten künftig verstärkt mit Photovoltaikanlagen und Ladeinfrastruktur ausgestattet werden, um dort Elektroautos mit Sonnenstrom betanken zu können.

Solarthermie als wichtiger Baustein

Kitas, Schulen, medizinische Einrichtungen oder Altenheime können von einer Warmwasserbereitung mittels Solarthermie profitieren, die ebenfalls zur Erfüllung der EU-Solarpflicht eingesetzt werden kann.

Bei der Planung von solarthermischen Systemen und deren Einbindung in kommunale Wärmenetze können Städte auf umfangreiche Erfahrungen zurückgreifen: Solarthermie ist eine etablierte und emissionsfreie Technologie, die deutschlandweit seit über zwei Jahrzehnten in fast 50 großen Projekten erfolgreich angewendet wird und bereits für rund fünf Cent/kWh Wärme bereitstellen kann.

Solarthermische Anlagen sind zudem mit anderen erneuerbaren Wärmequellen kombinierbar, sodass beispielsweise im Sommer auf Holzverbrennung verzichtet werden kann, indem die Solarthermieanlage die Warmwasserversorgung der Fernwärmekunden vollständig übernimmt. Ein weiterer Vorteil ist, dass insbesondere in der Peripherie größerer Netze solarthermische Anlagen die Temperatur ohne zusätzliche Belastung des Hauptwärmeerzeugers erhöhen können.

Wärmeplanung mit Solarthermie

Für ein Megawatt solarthermischer Leistung wird etwa eine Fläche von einem halben Hektar benötigt, was Solarthermie zur flächeneffizientesten Technologie unter den erneuerbaren Wärmequellen macht. Abhängig von der Größe der solarthermischen Anlagen, die in das kommunale Wärmenetz integriert werden, kann die Installation von Speicherkapazitäten erforderlich sein.

Geeignete Flächen für Solarthermieanlagen müssen im Rahmen der kommunalen Wärmeplanung systematisch erfasst werden.

Eine entscheidende Rolle kommt den Kommunen zudem bei der Genehmigung von PV-Freiflächenanlagen zu, die sich weiterhin einer hohen Akzeptanz erfreuen. So liegt laut einer repräsentativen Bevölkerungsumfrage der Agentur für Erneuerbare Energien (AEE) die Zustimmung zu einer PV-Freifläche bei Befragten, die bereits eine Anlage in der eigenen Nachbarschaft haben, bei 69 Prozent. Um diese Akzeptanz zu erhalten, ist es deshalb richtig, dass die Planungshoheit für neue PV-Freiflächenanlagen weiterhin größtenteils in den Kommunen liegt.


Was geht mit der Sonne?

Weiterführende Informationen gibt es online, zum Beispiel:
Dokumentation über solare Fernwärme https://youtu.be/wAOCkuBMt1E
Informationsmaterial zur Solarthermie https://bit.ly/43EFIU9


Plädoyer für einfach Genehmigung

Eine Herausforderung ist jedoch die zunehmende Anzahl an Vorgaben für ebenerdig errichtete PV-Kraftwerke auf kommunaler, regionalplanerischer sowie Landes- und Bundesebene, die sich zum Teil widersprechen. So soll die Anlagenzusammenfassung im EEG eine Konzentration von PV-Freiflächenanlagen an einem Standort verhindern – selbst, wenn dies politisch in einer Kommunen gewünscht ist und die baurechtliche Genehmigung weiterhin der Kommune obliegt.

Netze effektiver nutzen

Ein weiteres zentrales Thema für die PV-Freiflächenanlagen ist der Netzanschluss neuer Anlagen. Dabei werden bestehende Netze bisher teilweise kaum ausgelastet. Innovative Konzepte ermöglichen es, bestehende Netze effektiver zu nutzen, zum Beispiel, indem mehrere Energie- und Speichertechnologien hinter dem gleichen Netzverknüpfungspunkt installiert werden („Überbauung“).

Auch Netztransparenzkarten und befristete Reservierungen von Netzanschlusspflichten können einen effizienteren Anschluss von PV-Anlagen ermöglichen sowie die Anzahl der Anschlussanträge deutlich reduzieren. Kommunale Netzbetreiber können bereits heute mit eigenen Transparenzkarten und der Genehmigung zur Überbauung von Netzverknüpfungspunkten einen Beitrag dazu leisten.

Was jetzt anstehen sollte

Für die nächste Phase der Transformation des Energiesystems ist ein Hochlauf von Flexibilitäten und der Ausbau von Speichern notwendig, um die Stromerzeugung mit dem Stromverbrauch in Einklang zu bringen. Dafür werden sowohl Heimspeicher, Gewerbespeicher als auch Großspeicher in der Freifläche benötigt.

Batteriespeichern muss es dafür rechtlich ermöglicht werden, sich systemdienlich zu verhalten. Mit dem kürzlich im Bundestag beschlossenen Stromspitzenpaket wurden dafür die ersten regulatorischen Weichen gestellt. Nun gilt es, sie in der Praxis umzusetzen.


Der Autor

Carsten Körnig ist Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Solarwirtschaft (BSW-Solar).


Carsten König

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