Kommunaler Bodenschutz: Wo Klimaanpassung verwurzelt ist

Oft ist der Boden nur dann im medialen Fokus, wenn es um Umweltgifte geht. Dabei gibt es zahlreiche gute Gründe, warum Kommunen dieser Ressource besondere Aufmerksamkeit schenken sollten. Wulf Grube und Michael Kastler graben die Gründe aus und erläutern, was der Boden leisten kann.

Kommunaler Bodenschutz
Der Boden ist eine der wertvollsten Ressourcen – es gilt, ihn zu schützen und damit zukunftsfähig zu werden: So lautet der Appell des Bundesverbands Boden an die Kommunen. Foto: Adobe Stock/M.Dörr & M.Frommherz

Die Vorstellung, dass er einmal nicht mehr da wäre, offenbart es: Boden ist unverzichtbar als Lebensgrundlage und Lebensraum. In einer Handvoll gesunden Bodens leben mehr als neun Milliarden Organismen. Er ist der artenreichste Lebensraum der Welt. Seine besonderen Eigenschaften machen ihn zur Grundlage allen Pflanzenwachstums und damit für das Bestehen unserer Wälder, aber auch für die Produktion von Nahrungsmitteln.

Mehr noch: Der Boden ist von größter Bedeutung für die Gewinnung sauberen Trinkwassers. Unversiegelter Boden mindert die Auswirkungen von Überflutungen. Zudem ist er zentraler Bestandteil der natürlichen städtischen Klimaanlage, die durch Verdunstungskühlung dafür sorgt, dass sich die bodennahen Luftschichten an heißen Sommertagen weniger stark erhitzen, als sie das über versiegelten Flächen tun. Boden stellt die Verbindung zwischen Bio- und Atmosphäre, Hydro- und Geosphäre her und wird an dieser Schnittstelle seit jeher durch den Menschen genutzt.

Kommunaler Bodenschutz in Zeiten des Klimawandels

Die heutigen Herausforderungen für Kommunen sind vielfältig. Sie bewegen sich im Spannungsfeld zwischen wirtschaftlichem Wohlergehen, der Schaffung von Raum für Wohnen, Gewerbe, Verkehrsinfrastruktur und den Anforderungen der Bürgerinnen und Bürger an die Lebensqualität und Zukunftsfähigkeit  ihrer Stadt.

Nicht zuletzt vor dem Hintergrund des Klimawandels und der notwendigen Maßnahmen zur Anpassung an dessen Folgen rücken der Schutz und die nachhaltige Nutzung des Bodens verstärkt in den Fokus. Dabei geht es nicht um einen Konflikt zwischen dem Erhalt von Böden und der Inanspruchnahme dieser Flächen für die bauliche Entwicklung der Kommunen. Vielmehr geht es darum, beide Ansprüche zusammenzubringen.

Nachhaltige Nutzung ist essenziell

Fläche und Boden sind begrenzte natürliche Ressourcen, die eine nachhaltige Nutzung erfordern. Das gelingt mit Weitsicht und der frühzeitigen Etablierung des Vorsorgegedankens für den Boden in den kommunalen Planungsprozessen. Dabei bietet der Bodenschutz zahlreiche Anknüpfungspunkte zu anderen, ebenfalls zu berücksichtigenden Themen: beispielsweise der Erhalt eines gesunden Stadtklimas, Regenwasserbewirtschaftung und Trinkwassergewinnung, die Versorgung mit ausreichend Grün- und Freiflächen in hoher Aufenthaltsqualität oder der Naturschutz.

Stadtplanung muss heute das Thema Klimaanpassung von der vorbereitenden Bauleitplanung, der Schaffung von Planungsvoraussetzungen über den städtebaulichen Entwurf bis hin zum Bebauungsplan mitdenken – und so verlangt auch der Boden in all diesen Planungsphasen die nötige Aufmerksamkeit. Allein mit einer Altlastenauskunft ist es dabei nicht getan.

Gerade mit Blick auf die notwendigen Bestrebungen hin zu einer verstärkten Innenentwicklung der Kommunen kommt dem Erhalt oder der Entsiegelung und Wiederherstellung von funktionstüchtigen Böden eine große Bedeutung zu: als Standort für die grüne Infrastruktur und deren zielgerichtete Vernetzung.

Dabei gibt es im Vergleich der Kommunen unterschiedliche Voraussetzungen. Für die weitere bauliche Nachverdichtung und Versiegelung des Bodens der Großstädte besteht oft kaum noch Spielraum, ohne weitere Risiken durch verstärkte sommerliche Aufheizung oder Überflutungen bei Starkregen in Kauf zu nehmen. Gerade dort besteht ein hoher wirtschaftlicher Druck, im Bestand noch unbebaute Flächen in Anspruch zu nehmen. Brachflächen werden schnell revitalisiert, was aus Sicht des Bodens stets begrüßenswert ist, da dann keine bislang unberührten und funktionsfähigen Böden überbaut werden müssen.

Neuversiegelung vermeiden

Im Umland der größeren Städte stellt sich eher die Frage danach, wo neues Bauland ausgewiesen werden kann, um die Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum zu bedienen. Daraus erwächst ein erheblicher Beitrag zum Flächenverbrauch, der dem Ziel der Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung entgegensteht, bis 2050 Netto-Null zu erreichen. Auch hier kann Flächenrecycling dafür sorgen, die Neuinanspruchnahme von Böden möglichst zu vermeiden. Um die eigene Entwicklung besser steuern zu können, gewinnt der strategische Erwerb solcher Flächen durch die Kommune zunehmend an Bedeutung. Bei der Sanierung belasteter Böden und der Wiedernutzbarmachung der Flächen können die Kommunen von Bundes- und Landesförderung profitieren.

Planungshilfen für Kommunen

Doch gerade in kleineren Gemeinden stehen keine Brachflächen zur Verfügung, sodass meist für die Entwicklung neue Flächen am Ortsrand erschlossen werden. Um hier die richtigen Entscheidungen zu treffen und die Böden zu schonen, die erhalten bleiben müssen, um Kommunen zukunftsfest zu gestalten, erweist sich Weitsicht in der Arbeit der Planungsämter als wirksam. Unterstützung für ihre Planungen finden sie bei den Geologischen Landesämtern oder den Landesumweltämtern, die sie mit den notwendigen Informationen über die Verbreitung und die Schutzwürdigkeit der Böden im Gemeindegebiet unterstützen.

Die Bund-/Länder-Arbeitsgemeinschaft Bodenschutz (LABO) richtet sich mit den „Checklisten für das Schutzgut Boden in Planungs- und Zulassungsverfahren“ an Vorhabens- und Planungsträger sowie die involvierten Ingenieurbüros. Die Checklisten bieten Hilfestellung bei der Erstellung von Unterlagen im Rahmen der Verfahren sowie bei der Prüfung auf Vollständigkeit und Aussagekraft im Hinblick auf das Schutzgut Boden.

Bodenfunktionskarten sind wichtig

In den Kommunen wächst das Bewusstsein für die Bedeutung gesunder Böden weiter. Grundlage für den Überblick über die jeweiligen Bodenqualitäten ist eine Bodenfunktionskarte. Werden deren Inhalte in Verbindung mit weiteren Fachthemen in Form eines kommunalen Bodenschutzkonzeptes dargestellt, lassen sich die vielfältigen Fragestellungen zu Boden und Fläche beantworten. So geben sie Akteuren und Entscheidern die nötige Orientierung.

Erste Erfahrungen gibt es bereits

Pioniere sind Städte wie Nürnberg, Stuttgart, Rostock, Augsburg oder Berlin, das sich gerade eine neue Landesbodenschutzkonzeption gegeben hat. Inzwischen haben auch kleinere Kommunen wie Wetzlar, Idstein oder Rodgau diesen Weg eingeschlagen. Der Landkreis Hildesheim lässt derzeit in enger Abstimmung mit den vier Mitgliedskommunen Stadt Elze sowie den Gemeinden Giesen, Harsum und Sibbesse kommunale Bodenschutzkonzepte im ländlichen Raum entwickeln. Diese Kommunen  schaffen damit eine grundlegende Voraussetzung dafür, den kommunalen Bodenschutz langfristig zu etablieren und ihre zukunftsorientierte Entwicklung zu stärken.

Michael Kastler, Wulf Grube


Die Autoren

Dr. Michael Kastler und Wulf Grube engagieren sich im Bundesverband Boden e.V.. Michael Kastler ist für die ahu GmbH in Aachen im vorsorgenden Bodenschutz tätig, Wulf Grube für das Umweltamt im Landkreis Hildesheim.


Infos, Förderangebote, Checklisten

Klimaschutz und Klimaanpassung, Ernährungssicherheit, Trinkwasser und Hochwasserschutz: Der Bundesverband Boden hat die lebenswichtige Bedeutung des kommunalen Bodenschutzes in einem Flyer zusammengefasst.

Auf einem Internetportal des Bundes gibt es Informationen zum sparsamen Umgang mit der Ressource Fläche. Dabei sind auch Informationen zu Förderprogrammen.

Die Bund-/Länder-Arbeitsgemeinschaft Bodenschutz bietet Arbeitshilfen und Checklisten.

Die Präsentation der kommunalen Bodenschutzkonzepte im ländlichen Raum im Landkreis Hildesheim findet am 11. September 2025 statt: im Rahmen der Jahrestagung des Europäischen Bodenbündnisses ELSA (European Land and Soil Alliance).

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