Zunehmende Hitze und Trockenheit, dann aber Starkregen und Wasserfluten – Klimaschutz und Klimaanpassung werden spürbar essenziell. Sie müssen als kommunale Pflichtaufgabe verankert sein: Das fordert das Klima-Bündnis. Wie aber soll die Umsetzung erfolgen?

Viele Kommunen haben sich ambitionierte Klimaschutzziele gesetzt. Sie errichten Windparks, sanieren ihre Liegenschaften, bauen Fahrradwege und den öffentlichen Nahverkehr aus, fördern Balkonkraftwerke oder versuchen, ihre Bevölkerung für Klimaschutz zu sensibilisieren. Erfolgsbeispiele zeigen, welche Kraft in der lokalen Ebene liegt. Etwa die Stadt Mannheim: Sie hat erst kürzlich verkündet, dass sie als erste deutsche Großstadt bis 2035 ihr Gasnetz stilllegen möchte. Oder Monheim am Rhein: Die Stadt setzt auf kostenfreien Nahverkehr.
Es gibt viele weitere gute Beispiele für gelungene Klimaschutz- und Klimaanpassungsprojekte in deutschen Kommunen. Wer sie sucht, muss sich nur die Gewinner entsprechender Wettbewerbe wie Climate Star Award, Klimaaktive Kommune oder EnergieOlympiade anschauen.
Nicht auf mögliche Erfolge der internationalen Klimaverhandlungen warten, sondern vor Ort anfangen und machen – das war 1990 auch der Gründungsgedanke des Städtenetzwerks Klima-Bündnis: Engagierte Persönlichkeiten aus Kommunalpolitik und -verwaltung gründeten einen gemeinnützigen Verein, um sich zu vernetzen, voneinander zu lernen und gemeinsam Klimaschutzprojekte voranzutreiben. Heute ist das Klima-Bündnis mit rund 2000 Mitgliedskommunen das größte europäische Städtenetzwerk für gerechten und umfassenden Klimaschutz sowie Klimaanpassung.
Freiwillig oder verpflichtend?
Doch diese Erfolgsgeschichten dürfen über eines nicht hinwegtäuschen: Die aktuellen Rahmenbedingungen sind nicht geeignet, um Klimaschutz flächendeckend in Kommunen zu verankern und umzusetzen. Wenn personelle und finanzielle Ressourcen knapp sind, und das ist eher die Regel als die Ausnahme, müssen Kommunen ihre Pflichtaufgaben priorisieren.
Klimaschutz hingegen wird als freiwillige Aufgabe der kommunalen Selbstverwaltung noch immer größtenteils über kurzfristige und befristete Förderprogramme von Bund und Ländern finanziert. Ein fester Posten im kommunalen Haushalt ist hierfür nur selten vorgesehen.
So hat ein Großteil der knapp 11.000 Kommunen in der Praxis kaum Möglichkeiten, Klimaschutz zu betreiben: Ohne Personal können Fördermittel nicht beantragt werden, und ohne Fördermittel, kann kein Personal eingestellt werden. Insbesondere kleinere und finanzschwache Kommunen können diesen Teufelskreislauf nur schwer durchbrechen, zumal sie oft den meist vorgeschriebenen Eigenanteil nicht stemmen können.

Konzept für einen anderen Ansatz
Wie es besser gehen kann, hat die Ampelregierung 2024 mit dem Wärmeplanungsgesetz gezeigt. Es verpflichtet die Länder, „planungsverantwortliche Stellen“ zu bestimmen, die für die Kommunen eine Wärmeplanung aufstellen. Im Gegenzug bekommen sie unbürokratische Überweisungen vom Land (Konnexität), abhängig von der Bevölkerungsgröße der Kommune.
Sicher hat auch dieses Gesetz Schwachstellen und ist noch nicht in allen Bundesländern umgesetzt. Aber das Gesetz steht für einen Paradigmenwechsel: weg von der Abhängigkeit von Förderprogrammen und hin zu einer bundesweiten, gesetzlichen Verankerung und unbürokratischen Finanzierung von kommunalem Klimaschutz.
Klima-Bündnis veröffentlicht Reformvorschläge
Das Klima-Bündnis hat ein Diskussionspapier mit Reformvorschlägen zur bundesweiten Verankerung von Klimaschutz auf kommunaler Ebene veröffentlicht: „Klimaschutz als kommunale Pflichtaufgabe“. Die Idee: „eine systematische und nachhaltige Integration des Klimaschutzes in den Aufgaben der Kommunen zu erreichen, um die Zukunftsfähigkeit der Städte und Gemeinden zu sichern und die deutschen Klimaziele zu erreichen.“
Das Klima-Bündnis ist ein europäisches Netzwerk von Städten, Gemeinden und Landkreisen, die sich verpflichtet haben, das Weltklima zu schützen. Aktuell gehören fast 2000 Mitglieder aus mehr
als 25 europäischen Ländern dazu.
Die Finanzierung von Klimaschutz und Klimaanpassung muss auf Langfristigkeit ausgelegt sein und von Bund und Ländern gemeinsam getragen werden. Die Einführung einer neuen Gemeinschaftsaufgabe im Grundgesetz würde eine solche Bund-Länder-Mischfinanzierung für Kommunen finanzverfassungsrechtlich ermöglichen.
Aber auch hier kommt es auf die Ausgestaltung an: Eine Kopie der bürokratielastigen Förderprogramme der bereits existierenden Gemeinschaftsaufgaben darf nicht das Ziel sein. Stattdessen könnte Rheinland-Pfalz als Vorbild dienen: Im Rahmen des „Kommunalen Investitionsprogramms Klimaschutz und Innovation“ (KIPKI) wird allen Kommunen eine Pro-Kopf-Pauschale für Klimainvestitionen zur Verfügung gestellt, ohne dass sie hierfür einen Eigenanteil aufbringen müssen. Dank einer vorgegebenen Positivliste entfallen aufwendige Fördermittelanträge und der Bewilligungsprozess, was Personalkapazitäten spart. Ein ähnliches Investitionsprogramm könnte im Rahmen einer neuen Gemeinschaftsaufgabe bundesweit verstetigt werden.
Für Klima-Bündnis sind lokale Potenziale grundlegend
Eine zukunftsfähige Infrastruktur ist entscheidend für Deutschlands Wohlstand. Die hierfür notwendigen Planungen und Investitionen können nur auf lokaler Ebene getätigt werden. Bund und Länder müssen heute die entsprechenden Weichenstellungen vornehmen, damit die nachhaltige Transformation im großen Stil gelingen kann.
Als Sprachrohr der Kommunen setzt sich das Klima-Bündnis für die Verbesserung der Rahmenbedingungen ein und hat zuletzt ein Diskussionspapier mit Reformvorschlägen Thema veröffentlicht: Eine verbindliche und flächendeckende Verankerung von Klimaschutz auf kommunaler Ebene und eine langfristige finanzielle Unterstützung von Bund und Ländern sind entscheidend, um die Zukunftsfähigkeit der Kommunen zu sichern und die deutschen Klimaziele zu erreichen.
Julian A. Thoss, Helena Daum
Die Autoren
Julian A. Thoss ist Nationalkoordinator des Klima-Bündnis in Deutschland. Helena Daum ist für die Kommunikations- und Öffentlichkeitsarbeit des Klima-Bündnis in Deutschland verantwortlich.