Verantwortung lernen: Im Rahmen der Initiative „Klimaneutrale Schule“ engagieren sich Schüler, Lehrkräfte und Schulbedienstete in Niedersachsen gemeinsam. Ihr Ziel: sparsamer mit Energie und Emissionen umgehen.
Schulgebäude und der Schulbetrieb gehören in Kommunen mit zu den größten Treibhausgasquellen. Die Auswertungen der Daten von mehr als 200 weiterführenden Schulen in Niedersachsen zeigen, dass 30 Prozent der Energie für Heizung und Warmwasser aufgewendet werden und der komplette Mobilitätsbereich rund 50 Prozent ausmacht.
Es gibt also ein hohes Einsparpotenzial im Bereich des individuellen und kollektiven Verhaltens der Nutzerinnen und Nutzer der Schule. An dieser Stelle setzt die Initiative „Klimaneutrale Schule“ an. Gemeinsam mit ihren Lehrkräften, den Hausmeistern und anderen Schulbediensteten erfassen die Schülerinnen und Schüler die Energieverbräuche von Strom, Heizung, Mobilität und Schulverpflegung. Daraus werden die Emissionen berechnet, Einsparpotenziale abgeleitet und entsprechende Maßnahmen umgesetzt.
Da eine vollkommen emissionsfreie Schule nicht zu erreichen ist, werden nicht vermeidbare CO2-Emissionen über seriöse Anbieter kompensiert. Danach können sich die Schulen für die Auszeichnung als „Klimaneutrale Schule“ bewerben. Die Schüler, Lehrer und Schulbediensteten leisten damit nicht nur einen Beitrag zum Energiesparen und Klimaschutz. Im Rahmen der Initiative werden die Schüler so auch im Sinne einer Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) zu zukunftsfähigem Denken und Handeln befähigt.
Klimaneutrale Schule für zukunftsfähiges Denken und Handeln
Mit diesem pädagogischen Ansatz wurde die Initiative ab 2020 vom Verein „Wasser für Kenia“ und mit wissenschaftlicher Begleitung des ifeu-Instituts entwickelt, gefördert durch die Niedersächsische Bingo-Umweltstiftung. 2024 hat die Klimaschutz- und Energieagentur Niedersachsen (KEAN) dann die landesweite Koordination für Niedersachsen übernommen.
Ein wichtiger Bestandteil der Landeskoordination ist die zunehmende Vernetzung der Schulen mit ihren Trägern und den weiteren Akteuren in den Kommunen. In den Schulen gibt es zwar für das Liegenschaftsmanagement zuständige Lehrkräfte. Häufig ist jedoch nicht bekannt, dass es in vielen Kommunen Klimaschutz- und Energiemanager gibt, von denen die Arbeit der Schulen sehr gut unterstützt werden kann.
Weitere Vernetzung ermöglichen die „Regionalen BNE-Netzwerke“, die sich nach dem BNE-Erlass des niedersächsischen Kultusministeriums in vielen Städten und Landkreisen gegründet haben. Das gilt auch für Bildungsregionen des Landes mit ihren regionalen Geschäftsstellen, oft auch Bildungsbüros genannt: Dort arbeiten meist kommunale Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gemeinsam mit Lehrkräften, die vom Land an die Kommunen abgeordnet werden.
Der Praxistest ist bestanden
Es gibt bereits einige gute Beispiele aus der Praxis. Etliche Schulen haben in den zurückliegenden Jahren mit viel Engagement und Kreativität Klimaschutzprojekte durchgeführt und Abläufe in Schulgebäuden optimiert. Eine erste Analyse zeigt die größten Hebelwirkungen: So bestehen etwa bei Heizungen als großem CO2-Emittent in der Regel hohe Einsparmöglichkeiten.
Auch Hausmeister werden geschult
Allerdings lässt sich das Nutzerverhalten in Schulen nur schwer steuern. Hier sind die Kommunen und Gebäudebeauftragten, zum Beispiel die Hausmeister, gefragt. Sie können durch Optimierungen der Heizanlagen Einsparungen erreichen. Für Hausmeister bietet die KEAN eine spezielle Schulungsreihe sowie die Broschüre „Energieeinsparung in Gebäuden“ an.
Beim Strom lassen sich rund 15 Prozent der Emissionen durch ein verbessertes Verhalten der Nutzer einsparen. Damit dies zum Alltag wird, hat sich die Einführung sogenannter „Energiewächter“ in den Klassen bewährt. Auch Klima-AGs sind gut geeignet, um das Handeln strukturell zu verankern.
Gute Erfahrungen gibt es mit Energiesparmodellen wie „fifty/fifty“ vom Unabhängigen Institut für Umweltfragen. Hierbei zahlen die Kommunen häufig einen Teil der eingesparten Energiekosten als Prämien an die Schulen aus. Etabliert haben sich solche Prämienmodelle in Hannover und Oldenburg.
Eine weitere große Treibhausgasquelle ist die Mobilität. Die Emissionen der Schülerinnen und Schüler auf dem Weg zum Unterricht machen durchschnittlich 30 Prozent aus und stellen damit ein großes Minderungspotenzial dar. Die Gründe liegen in der städtischen oder ländlichen Lage und dem damit zusammenhängenden Modal Split, also der Verteilung auf verschiedene Verkehrsmittel. Von den gesamten Emissionen werden im Schnitt 22 Prozent durch den ÖPNV und acht Prozent durch Autos und Elterntaxis verursacht. Die ÖPNV-Emissionen entstehen durch die noch überwiegend dieselgetriebenen Schulbusse.
Verringern lassen sich die Emissionen durch: weniger Elterntaxi- und Pkw-Fahrten der Oberstufenschüler, Förderung des Radfahreranteils − auch unter den ÖPNV-Nutzern − und eine Verbesserung der Radinfrastruktur, Umstellung der Schulbusse auf CO2-freie Antriebsarten, etwa E-Busse sowie Anpassung der Taktung an die Bedürfnisse der Nutzer.
Zum Weiterlesen
Unterrichtsmaterialien und Erfassungsbögen gibt es auf:
https://klimaneutrale-schule.de;
https://www.klimaschutz-niedersachsen.de/themen/klimabildung/So-
gelingt-Klimaschutz-in-Schulen.php
Handbuch „Auf dem Weg zur klimaneutralen Schule“ (www.oekom.de/buch/auf-dem-weg-zur-klimaneutralen-schule-9783987261145)
Broschüre „Energieeinsparung in Gebäuden“ (https://www.klimaschutz-niedersachsen.de/_downloads/Broschueren/2019-06-14_Broschuere_Energieeinparung_in_Gebaeuden_Hausmeisterschulung1.pdf)
Gute Ideen machen Schule
Einen langfristigen Effekt haben energetische Gebäudesanierung und die konsequente Nutzung von erneuerbaren Energien. Schuldächer sind oft großflächig und eignen sich optimal für die Nutzung von Solarenergie: Da der Strom dann verbraucht wird, wenn er produziert wird, sind Eigenverbrauchsquoten von bis zu 95 Prozent möglich. Hierfür gibt es verschiedene Betreibermodelle, etwa der Landkreis Schaumburg: Dort wurde der Bau von PV-Anlagen auf Schulen flächendeckend durch die Verpachtung der Dächer erreicht. An Schulen in Hannover und Leiferde gibt es PV-Anlagen, die mit Spenden finanziert wurden und von Fördervereinen betrieben werden.
Das Engagement der Initiative „Klimaneutrale Schule“ rechnet sich durch konsequentes Energiesparen nicht nur für den kommunalen Haushalt. Die gelebte Vorbildfunktion spielt auch für die Bürgerinnen und Bürger und vor allem die Schülerinnen und Schüler eine wichtige Rolle.
Die Autorin
Ruth Märtin arbeitet für den Fachbereich Öffentlichkeitsarbeit und Klimabildung der Klimaschutz- und Energieagentur Niedersachsen (KEAN) und ist Landeskoordinatorin für die Initiative „Klimaneutrale Schule“ in Niedersachsen.
Ruth Märtin