Wie sich eine ländliche Region mit dem ÖPNV und weiteren Mobilitätsangeboten erschließen lässt, zeigt das ausgezeichnete Modellprojekt SMILE24 entlang der Schlei. Dabei greifen zahlreiche Rädchen ineinander – wie man auch auf dem Land mobil bleibt, erklärt Ina Michael für den Nahverkehrsverbund Schleswig-Holstein.

Das Ziel, Deutschlands umfangreichstes Nahverkehrsangebot im ländlichen Raum ins Rollen bringen, ist mit dem Start des ÖPNV-Modellprojekts SMILE24 gelungen. Damit sind in der Region rund um den Ostseefjord Schlei und an der angrenzenden Ostseeküste nicht nur Bewohnerinnen und Bewohner der Region, sondern auch Ausflügler und Touristen rund um die Uhr mobil – ohne eigenes Auto.
Mobil auf dem Land
Vom reetgedeckten Ferienhaus im beschaulichen Örtchen zum Strand, ins Museum oder abends noch ins Restaurant und wieder zurück? Die umfangreiche Erweiterung des bestehenden Nahverkehrsangebots macht dies unter der Woche ebenso wie am Wochenende möglich:
- Drei elektrische, barrierefreie Express-Buslinien rollen zwischen den regionalen Zentren und ergänzen den bestehenden Takt um eine zweite Verbindung pro Stunde unter der Woche und eine stündliche Verbindung am Wochenende. Drei Tourismusbuslinien fahren sehenswerte Orte, Erholungsgebiete, Strände und Weltkulturerbestätten an. Die Gäste erhalten Ausflugstipps auf Bildschirmen im Fahrzeug und ebenso, wenn sie sich ins WLAN des Busses einloggen. Alle elektrischen Busse ermöglichen außerdem die Mitnahme von mehr als fünf Fahrrädern im Fahrzeug.
- Ein flächendeckender elektrischer, barrierefreier On-Demand-Dienst ist rund um die Uhr unterwegs. Dabei stellen die Shuttles die Verbindung zu Bahn und Bus her, wenn keine Busse fahren. Der sogenannte NAH-SHUTTLE-Dienst kann per App oder telefonisch gebucht werden. Er fährt zum Nahverkehrstarif und ist auch im Deutschlandticket enthalten.
- Ein erheblich ausgeweitetes Bikesharingangebot lädt an mehr als 50 Stationen und mit 275 Rädern zum Radeln ein.
- Elektrische Carsharingautos stehen an zwölf festen Standorten zur Leihe.
- Eine App ermittelt die Reisekette von A nach B und verknüpft die verschiedenen Mobilitätsangebote.
- Mobilitätsstationen sollen bald den barrierefreien Umstieg zwischen den verschiedenen Verkehrsmitteln ermöglichen und die Aufenthaltsqualität an den Haltestellen für die Fahrgäste erhöhen.
Nachhaltig mobil auf dem Land
Weitere Elemente des Projektes sind die Beratung von Kommunen rund um nachhaltige Mobilität und deren Vernetzung zu diesem Thema. Außerdem soll die Disposition der On-Demand-Shuttles mittels Künstlicher Intelligenz für einen effizienteren Fahrzeugeinsatz verbessert werden. Eine umfangreiche wissenschaftliche Begleitung sorgt für die Übertragbarkeit der im Projekt erlangten Erkenntnisse und macht die Projekterfolge messbar.



Wer in ländliche Tourismusregionen reist und im Urlaub vor Ort mobil sein möchte, hat bisher in der Regel keine attraktive Alternative zum Auto. SMILE24 zeigt, dass es auch anders geht, und setzt dem eigenen Pkw die Vision einer öffentlichen und integrierten Alltagsmobilität entgegen. Damit zahlt das Projekt direkt auf das nachhaltige Tourismusentwicklungskonzept der Region ein.
Alternative (Urlaubs-) Mobilität
Der Projektname SMILE24 steht für „Schlei-Mobilität: innovativ, ländlich, emissionsfrei und 24/7“. Mit ihren rund 1040 Quadratkilometern ist die Projektregion größer als Berlin, zählt aber nur 120.000 Einwohner. Dafür verbucht die Region jährlich rund 6,25 Millionen Tagesgäste und etwa fünf Millionen Übernachtungen.
Von Anfang an war die Zusammenarbeit mit den touristischen Akteuren eng: Beherbergungsbetriebe erhalten Informationen zum Projekt, die sie mit der Buchungsbestätigung direkt an die zukünftigen Gäste senden können. Social-Media- und Blog-Beiträge von regionalen und überregionalen Influencern sollen deutschlandweit Gäste ansprechen, Lust auf die SMILE24-Region machen und Ausflugs- sowie Unternehmungstipps für jede Jahreszeit geben, zu denen die Gäste mit dem ÖPNV anreisen.
Das Projekt bringt der Nahverkehrsverbund Schleswig-Holstein (NAH.SH) gemeinsam mit den Kreisen Schleswig-Flensburg und Rendsburg-Eckernförde auf den Weg. SMILE24 ist Teil des Förderaufrufs für „Modellprojekte zur Stärkung des ÖPNV“ und erhielt im Januar 2023 den Zuwendungsbescheid über knapp 30 Millionen Euro vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr. Das Land Schleswig-Holstein fördert SMILE24 mit weiteren 7,3 Millionen Euro. Hinzu kommen die beiden Kreise und NAH.SH mit 1,9 Millionen Euro. Der Förderzeitraum läuft noch bis 31. Dezember 2025.
Stark steigende Fahrgastzahlen
Wie gut das Angebot seit seinem Start an Ostern 2024 angenommen wird, zeigen die Nutzungszahlen aller Buslinien im Projektgebiet, der NAHSHUTTLE-Fahrten sowie der Bike- und Carsharingleihen: Im Vergleich zur Zeit vor der Einführung des Deutschlandtickets im Frühjahr 2023 sind die Fahrgastzahlen im Projektgebiet um die Hälfte gestiegen.
Auch national findet das Projekt Beachtung: Im Oktober 2024 erhielt SMILE24 den Deutschen Mobilitätspreis in der Kategorie „Praxisbeispiele“ und wurde im November mit dem Deutschen Tourismuspreis ausgezeichnet.
Das Angebot wird weiterentwickelt – dazu gehören unter anderem die Verbesserung der App und Anpassungen bei der Verknüpfung der verschiedenen Mobilitätsoptionen. Zudem arbeiten alle Projektpartner daran, Perspektiven zu schaffen und klären zu können, in welchem Umfang das Angebot auch nach Ende des Förderzeitraums weitergeführt werden kann.
Die Autorin
Ina Michael arbeitet im Kommunikationsteam des Nahverkehrsverbunds Schleswig-Holstein GmbH (NAH.SH GmbH).
Ina Michael