Größeres Netz

Wird eine Teilkanalisation zu einer Vollkanalisation ausgebaut, ändern sich die Bemessungsgrundlagen für die Heranziehung der Anlieger zu Entwässerungsgebühren. (VGH Kassel vom 8. März 2005 – AZ 5 ZU 1495/04)

Vielfach ist für die Entwässerung von bebauten Grundstücken nur eine Teilkanalisation für das Schmutzwasser vorhanden, die aber nicht ausreicht, auch das abzuleitende Oberflächenwasser von Dächern und befestigten Flächen aufzunehmen. Wenn dieser Zustand nicht länger hingenommen werden soll, muss die Teilkanalisation durch eine Vollkanalisation ersetzt werden.

Haben die Eigentümer der bereits bebauten Grundstücke Beiträge für die Teilkanalisation gezahlt, taucht die Frage auf, ob sie zu den Kosten der Vollkanalisation ebenso hergezogen werden können, wie die Eigentümer von Grundstücken, die gleich nach der Bebauung die Vollkanalisation in Anspruch nehmen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Kosten nicht nur durch die Ersetzung der Teilkanalisation entstehen. Da mehr Abwasser in die Kanalisation gelangt, müssen auch die übrigen Entwässerungseinrichtungen wie Klärwerk und weiterführende Kanäle vergrößert werden.

Nach dem Beschluss des Gerichts ist davon auszugehen, dass das im Zuge der Umstellung auf Vollkanalisation geschaffene Netz nicht identisch ist mit dem Leitungsnetz der früheren Teilkanalisation, sondern über die baulichen Veränderungen mit entsprechendem Aufwand die Eigenschaften eines Vollkanalisationsnetzes erlangt. Deshalb müssen in die Verteilung der Kosten dieses Netzes auch die Anlieger der früheren Teilkanalisation einbezogen werden. Auch ihnen wird der Vorteil einer Vollkanalisation erstmals vermittelt.

Dass diese Anlieger bereits an den Kosten der früheren Teilkanalisation beteiligt worden sind, kann kein Grund sein, sie von der Belastung für das sonstige Vollkanalisationsnetz freizustellen. In Betracht kommt allenfalls eine geringere Belastung als Folge einer Anrechnung ihrer auf das frühere Teilkanalisationsnetz bezogenen Kostenbeteiligung, sofern dieses Netz nicht gänzlich aufgegeben, sondern wenigstens teilweise in das neue Vollkanalisationsnetz integriert wird.

Franz Otto