Falsch berechnet

Großverbraucher sollten darauf vertrauen dürfen, dass Rechnungen vollständig sind und sie keinen weit zurückliegenden Nachforderungen ausgesetzt werden. (BGH vom 29. Januar 2003 – AZ VIII ZR 92/02)

Bei einem Betrieb war davon auszugehen, dass jährlich mindestens eine bestimmte Menge Wasser benötigt wurde. Die gelieferte Wassermenge wurde jeweils monatlich ermittelt und abgerechnet. Später wurde dann die vereinbarte Mindestabnahmemenge nicht mehr erreicht, ohne dass der Versorger dafür einen Ausgleichsbetrag in Rechnung stellte. Erst vier Jahre später fiel der Fehler beim Versorger auf, der daraufhin den Abnehmer zu einer Nachzahlung für vier Jahre in Höhe von rund 250000 Euro aufforderte. Jedoch war keine Einigung zu erreichen.

Die Rechtslage bestimmte sich nach Paragraf 21 der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser (AVB Wasser V). Danach ist – außer bei Messfehlern – bei der Feststellung von „Fehlern in der Ermittlung des Rechnungsbetrages“ der zu viel oder zu wenig berechnete Betrag zu erstatten oder nachzuentrichten. Dieser selbstständige vertragliche Ausgleichsanspruch ist allerdings auf längstens zwei Jahre beschränkt.

Ein solcher Berechnungsfehler des Lieferanten lag vor. Die von ihm erteilten Rechnungen wiesen zwar die abgenommene Wassermenge und das jeweilige Entgelt richtig aus. Sie waren jedoch insoweit nur vorläufig, weil vor Ende des jeweiligen Jahres nicht feststand, ob die vereinbarte Mindestabrechnungsmenge erreicht worden war. War dies nicht der Fall, hatte eine Nachberechnung auf der Grundlage der Differenzmenge zu erfolgen. Unterblieb eine solche Nachberechnung, waren die für das betreffende Jahr erteilten Abrechnungen falsch, weil die zwölf Monatsabrechnungen nicht dem für das Gesamtjahr geschuldeten Entgelt entsprachen.

Es fehlte nicht an einer berücksichtigungsfähigen Rechnung. Der Lieferant hatte monatlich den Verbrauch abgelesen und hierüber Einzelrechnungen erteilt. Der Abnehmer konnte davon ausgehen, dass mit dem Ausgleich dieser Rechnungen die bestehenden Zahlungsverpflichtungen erfüllt worden waren.

Nach dem Urteil fallen unter den weiten Begriff des Berechnungsfehlers alle Elemente des Gesamtpreises, insbesondere die Berechnung eines falschen Grund- oder Arbeitspreises (falscher Tarif). Wenn der Lieferant über mehrere Jahre hindurch die vertraglich zulässige Nachberechnung der nicht erreichten Mindestabrechnungsmenge unterlassen hatte, waren die Rechnungen unrichtig ermittelt und damit fehlerhaft, auch wenn diese Fehler auf der Nichtanwendung einer vertraglich vereinbarten Nachberechnung beruhten.

Franz Otto