Wahl beeinflusst

Verletzt ein Bürgermeister im Wahlkampf seine Neutralitätspflicht, muss die Wahl unter Umständen wiederholt werden. (VGH Baden-Württemberg vom 16. Mai 2007 – AZ 1 S 567/07)

Die Bürgermeisterwahl einer Gemeinde vom 2. Juli 2006, bei der der bisherige Bürgermeister im ersten Wahlgang mit knapper Mehrheit im Amt bestätigt worden war, muss wiederholt werden. Mit dieser Entscheidung hat das Gericht der Klage eines Gemeindebürgers stattgegeben. Der Kläger hatte mit seinem Einspruch die Verletzung von Wahlrechtsgrundsätzen gerügt. Er hatte unter anderem geltend gemacht, dass ein am Samstag vor der Wahl in der örtlichen Presse erschienener Leserbrief im Rathaus geschrieben worden sei. Dieser Leserbrief, der von einem örtlichen Gewerbetreibenden unterzeichnet worden war, nahm Bezug auf einen am Tag zuvor veröffentlichten Zeitungsartikel, in dem der Amtsinhaber kritisiert worden war, und ergriff für diesen Partei.

Das Gericht gelangte zum Ergebnis, dass ein Wahlfehler vorlag, der sich auch auf das Wahlergebnis auswirken konnte. Es hat dabei nicht nur diesen einen Leserbrief in den Blick genommen, sondern die damit zusammenhängenden Vorgänge geprüft. Dabei habe sich ergeben, dass der Bürgermeister seine Sekretärin beauftragt habe, als Reaktion auf den ihm ungünstigen Zeitungsartikel die Veröffentlichung von Leserbriefen vorzubereiten. Damit habe der Bürgermeister unter Verstoß gegen die ihm als Amtsinhaber obliegende Neutralitätspflicht eine Gemeindebedienstete als Wahlkampfhelferin eingesetzt.

Dieser Verstoß habe sich im Wahlkampf auch niedergeschlagen, da von den vier am Samstag erschienenen Leserbriefen zwei mit Unterstützung des Büros des Bürgermeisters verfasst oder geschrieben und ein Dritter zumindest maßgeblich angeregt worden seien. Diese gesetzwidrige Wahlbeeinflussung sei auch für das Wahlergebnis von Bedeutung gewesen.

Angesichts der äußerst knappen Entscheidung, bei der der Amtsinhaber die absolute Mehrheit der gültigen Stimmen, die ihm einen zweiten Wahlgang erspart habe, um nur neun Stimmen übertroffen habe, bestehe die konkrete Möglichkeit, dass sich der Wahlfehler auf das Ergebnis der Wahl ausgewirkt habe. Nach Rechtskraft des Urteils ist das Landratsamt verpflichtet, die Wahl für ungültig zu erklären.

Franz Otto