Vernetzung der Smart City braucht klare Struktur

Smart City? Das ist Big Data und intelligente Mobilität. Und das ist Energie­erzeugung auf Quartiersebene und neue Dienstleistungen. Grundlegend für die Zukunft der kommunalen Infrastruktur ist der weitere Bedeutungs­zuwachs vernetzter Informations- und Kommunikationstechnologie.

Das Konzept der Smart City hat in den vergangenen Jahren auch in Deutschland immer mehr an Bedeutung gewonnen. Wenngleich sich bisher keine allgemeingültige Definition durchgesetzt hat, was genau eine Smart City ist, so herrscht doch weitgehende Einigkeit dahingehend vor, dass mit dem Terminus die Nutzung moderner Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) für die Optimierung von Prozessen in Städten umschrieben wird.

Die Smart City ist eine Stadt, in der durch den Einsatz innovativer Technologien (vor allem IKT-Anwendungen), intelligente Lösungen für ganz unterschiedliche Bereiche der Stadtentwicklung bereitgestellt werden. Anders formuliert, Informations- und Kommunikationssysteme sind gleichermaßen Träger wie Treiber einer smarten Stadtentwicklung, und die rasant voranschreitende Digitalisierung ermöglicht und aktiviert neue Möglichkeiten zur Organisation von städtischen Dienstleistungen.

Smart City meint aber nicht nur technologische Veränderungen. Der Einsatz neuer Technologien wird in Verbindung gebracht mit einem entsprechenden unternehmerischen Umfeld in den Städten und einem Wettbewerb zwischen neuartigen Dienstleistungsangeboten. Die Absicht ist, die Lebensqualität in den Städten zu verbessern und ökonomisches Wachstum zu schaffen. Smart-City-Lösungen stellen einen riesigen Markt dar, in dem heute bereits große IKT-Dienstleister, aber auch kleinere Start-Up-Unternehmen ihre Produkte unterzubringen versuchen.

Ein zentraler Bereich zur Realisierung der Smart City ist die kommunale Infrastruktur und hier insbesondere die Systeme der Stadttechnik und der Mobilität. Intelligente „smarte“ Technologien ermöglichen es beispielsweise, die Bereitstellung und den Konsum von Energie effektiver zu steuern und Infrastrukturen enger miteinander zu koppeln. So bedarf es heute viel weniger als in der Vergangenheit einer Energieversorgung mit sehr großen Reservekapazitäten auf der Angebotsseite. Stattdessen kann sowohl die Einspeisung und Speicherung von Energie als auch der Verbrauch bedarfsgerecht über intelligente Netze („Smart Grids“) geregelt werden. Dies ist dann auch die Voraussetzung, um verschiedene regenerative Energieträger so miteinander zu kombinieren, dass die Versorgungssicherheit jederzeit stabil gewährleistet ist.

Damit verbunden ist eine mindestens partielle Dezentralisierung mit tendenzieller Verschiebung der Energieerzeugungskapazitäten von den oberen Stromnetzebenen (Höchst- und Hochspannungsebene) auf die Ebene der Verteilnetze (Mittel- und Niederspannungsbereich). Mehr noch: Sogenannte „zelluläre“ Versorgungskonzepte, bei denen autonome Versorgungsstrukturen geschaffen werden, dürften auf den Ebenen des Quartiers oder auch der einzelnen Gemeinde an Bedeutung gewinnen.

Umbrüche im Bereich der Mobilität

Im Bereich der Infrastrukturen für Verkehr und Mobilität sind ebenfalls massive Umbrüche erkennbar, ohne dass die künftigen Strukturen eindeutig wären. Die neuen Möglichkeiten der Vernetzung in Verbindung mit einer nachlassenden Bedeutung individuellen Pkw-Besitzes haben das Potenzial, die Zahl der Fahrzeuge zu minimieren. Das bedeutet jedoch nicht, dass auch der Verkehr insgesamt abnimmt. Derzeit jedenfalls führen veränderte Lieferbeziehungen beim Online-Handel dazu, dass Transportweiten und Lieferfrequenzen eher zunehmen.

Das Thema Smart City ist untrennbar mit der Entstehung, Erhebung und Verarbeitung von Daten in großem Umfang, großer Bandbreite und hoher Geschwindigkeit verbunden. Sowohl Big Data als auch Crowd Data als Prozess einer sowohl passiven wie aktiven Datengenerierung ist für die Städte von Interesse. Was dies für die kommunalen Infrastrukturen bedeutet, lässt sich am Beispiel der Wasserversorgung und Abwasserentsorgung illustrieren. Die Digitalisierung bietet hier Chancen für die verbesserte Organisation und Vernetzung von Prozessen und damit die Erhöhung der Effizienz des Gesamtsystems, etwa bei der Kanalnetzsteuerung.

Auch der Energieeinsatz für Transport und Behandlung sowie Bewirtschaftung von im Abwasser enthaltenen Ressourcen lassen sich digital besser bewerkstelligen. Zugleich steigen aber auch die Risiken durch eine noch größere Abhängigkeit von der Stromversorgung und vor allem durch mögliche Sabotageakte (Stichwort: IT-Sicherheit). Vor diesem Hintergrund wird das Thema „Wasser 4.0“ in den kommenden Jahren stärker auf die Agenda von Kommunen und deren wasserwirtschaftlichen Infrastrukturbetreibern kommen.

Beziehungen zu den Bürgern verbessern

Doch nicht nur die betriebswirtschaftliche Seite ist von Bedeutung. Wasserversorgung und Abwasserentsorgung sind elementarer Bestandteil der kommunalen Daseinsvorsorge, unterliegen gerade deshalb der öffentlichen Aufmerksamkeit. Die Kundenbeziehung zu den Bürgern lassen sich verbessern, wenn Daten zur Ressourceninanspruchnahme, zu Kosten und Preisen oder zur individuellen Wassernutzung bereitgestellt werden.

Es ist davon auszugehen, dass die rasante Entwicklung im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologien weiter anhält. Die ehemals mehr oder weniger separate Telekommunikationsinfrastruktur ist bereits zu einem von den übrigen Infrastrukturen nicht mehr zu trennenden System integrierter Infrastruktur zusammengewachsen. Wichtiger noch als der notwendige weitere Ausbau hochleistungsfähiger Breitbandnetze ist der Zuwachs von mobilen Endgeräten, die wiederum entsprechender Funknetze bedürfen. Mit der weiteren Entwicklung rein datenbasierter Anwendungen, etwa im Bereich des Internets der Dinge und der M2M-Kommunikation (Kommunikation von Maschine zu Maschine, Stichwort: autonomes Fahren), wachsen die Anforderungen an die drahtlose Breitbandversorgung.

Je mehr die Bedeutung „smarter“ Dienstleistungsangebote ins Bewusstsein rückt, desto deutlicher wird, dass Geschäftsmodelle und unternehmerische Strategien bisher nicht ausreichend darauf ausgerichtet sind. Die Smart City gehört daher noch stärker auf die kommunale Agenda. Dies muss nicht bedeuten, dass sich jede Stadt ein Smart-City-Konzept gibt. Dies würde dem Anspruch einer integrierten Stadtentwicklung vielleicht auch zuwiderlaufen. Erforderlich ist es aber, in Anbetracht der rasanten digitalen Transformation die eigenen Gestaltungsmöglichkeiten genauer zu bestimmen.

Jens Libbe / Roman Soike

Die Autoren
Dr. Jens Libbe ist Leiter des Bereichs Infrastruktur, Wirtschaft und Finanzen beim Deutschen Institut für Urbanistik in Berlin,
Roman Soike ist wissenschaftlicher Mitarbeiter in diesem Forschungsbereich des Instituts

Info: Treiber für Konzepte der Smart City

Trotz der dynamischen Entwicklung im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologien befasst sich derzeit laut einer aktuellen Erhebung des Deutschen Instituts für Urbanistik (Difu) von den 200 einwohnerstärksten Städten Deutschlands nur etwa ein Drittel intensiver mit dem Konzept der Smart City. Je größer die Stadt, desto strategischer ist dabei das Vorgehen. Ein technologieaffines Umfeld scheint zudem ein Treiber zu sein. So zeigen sich mobilitätsbezogene Smart-City-Initiativen insbesondere in Städten wie Wolfsburg, Stuttgart oder Ingolstadt. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass gerade die kleineren Städte mit größerer Distanz zu Technologieanbietern noch erheblichen Nachholbedarf haben. Vergleichbares gilt für die kommunalen Infrastrukturbetreiber.