Vergabe nach VOB/A

Ist ein Bieter mit seinem Angebot regelwidrig nicht berücksichtigt worden, kann er Schadensersatz verlangen. (BGH vom 16. Oktober 2001 – AZ X ZR 100/99)

Durch eine öffentliche Ausschreibung kommt zwischen dem Auftraggeber und dem Bieter ein vertragsähnliches Vertrauensverhältnis zustande, das auf beiden Seiten Sorgfaltspflichten begründet. Zu diesen gehört vor allem die Einhaltung der Vergabevorschriften der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen, Teil A (VOB/A), deren schuldhafte Verletzung Schadensersatzansprüche eines Bieters begründen kann.

Allerdings muss ein Bieter in persönlicher und sachlicher Hinsicht zur Erbringung der ausgeschriebenen Bauleistungen geeignet sein und die notwendige Sicherheit für die Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen bieten. Er muss insbesondere über die erforderliche Fachkunde, die technische und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zur Ausführung der ausgeschriebenen Arbeiten und auch über die erforderliche Zuverlässigkeit verfügen. Trifft dies zu, ist ein Angebot in die engere Auswahl für die Erteilung des Zuschlags zu ziehen.

Nach Paragraf 25 VOB/A soll der Zuschlag auf dasjenige Angebot aus der engeren Auswahl erfolgen, das unter Berücksichtigung aller technischen und wirtschaftlichen Gesichtspunkte als das annehmbarste erscheint. Dabei ist der niedrigste Preis allein nicht entscheidend. Vielmehr ist dem Auftraggeber bei der Bewertung der Angebote und der Entscheidung über den Zuschlag ein Ermessens- und Beurteilungsspielraum eingeräumt, wobei dieser einen objektiven und einen subjektiven Gehalt hat.

Die objektive Seite erfordert, dass ein dritter fachkundiger und an der Vergabe selbst nicht interessierter Auftraggeber das ausgesuchte Angebot als das geeignetste ansehen würde. Subjektiv ist zu berücksichtigen, was der spezielle Auftraggeber in seiner Lage für seine Ziele und Bestrebungen als richtig erachtet.

Der Auftraggeber macht von dem ihm eingeräumten Ermessen einen fehlerhaften Gebrauch, wenn er einen Mitbieter nur deshalb vorzieht, weil dieser ihm bekannt ist und sich bewährt hat. Dieses Kriterium enthält eine Aussage über die Zuverlässigkeit, sagt aber nichts darüber aus, dass der andere Bieter nicht in der Lage gewesen wäre, die ausgeschriebenen Leistungen zur Zufriedenheit des Auftraggebers zu erfüllen. Erst recht gilt dies, wenn der benachteiligte Bieter bereits andere Arbeiten zur vollen Zufriedenheit des Auftraggebers ausgeführt hat.

Ist ein Bieter in unzulässiger Weise nicht berücksichtigt worden, kann er den Ersatz des Schaden verlangen, den er infolge seines – berechtigten – Vertrauens darauf erlitten hat, dass die Ausschreibung durch die öffentliche Hand korrekt nach den Vorschriften der VOB/A abgewickelt wird.

Franz Otto