Studie: Wie fit sind Städte und Behörden für das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz?

Homepages mit endlosen Bandwurmsätzen, unverständlichem Fachchinesisch oder kurzen, verständlichen Sätzen ohne eine Vielzahl von Fremdwörtern? Wie es mit der Leichten Sprache auf den Websites einiger deutscher Behörden aussieht, zeigt die Studie „Wie verständlich kommunizieren deutsche Städte, Bundesbehörden und Ministerien?“

Leichte Sprache
Vor dem Hintergrund des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes, das Mitte kommenden Jahres in Kraft tritt, hat eine Studie die Sprache auf den Homepages verschiedener Städte, Ministerien und Körperschaften untersucht. Foto: Adobe Stock/kebox

Hintergrund ist das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG), das ab Mitte 2025 in Kraft tritt und Bürgern leichter Zugang zu wichtigen offiziellen Informationen ermöglichen soll. Wie es darum auf den Homepages von Deutschlands größten Städten, Ministerien und Körperschaften derzeit bestellt ist, hat die Studie der Ulmer H&H Communication Lab GmbH, Spezialistin für Corporate Language und die Software TextLab, untersucht.

90 Prozent der Websites mit Informationen in Leichter Sprache

Erfreulich ist, dass die Ergebnisse zeigen, dass sich in Bezug auf Leichte Sprache sehr viel getan hat. Bereits 90 Prozent der Websites bieten Informationen in Leichter Sprache – und leisten damit einen wertvollen Beitrag für mehr Verständlichkeit und Inklusion. Bei den Texten der Websites mangelt es jedoch oft noch an Verständlichkeit. Lange, komplexe Bandwurmsätze sowie komplexe Wörter und Fachsprache sind nach wie vor die häufigsten Barrieren für die Verständlichkeit.

Untersucht wurden die Websites der 18 größten deutschen Städte sowie Ulm, außerdem die 15 Bundesministerien, fünf Einrichtungen der staatlichen Verwaltung sowie elf für die Bürger relevante Behörden. Dabei wurden jeweils fünf aktuelle Texte ins Visier genommen. Diese wurden mit der Verständlichkeitssoftware TextLab anhand verschiedener Lesbarkeitsformeln sowie einer Vielzahl von Verständlichkeitsparametern untersucht. Berücksichtigt wurden unter anderem Satzlängen, Wortlängen, Schachtelsätze und der Anteil abstrakter Wörter. Anschließend wurden diese mit dem Hohenheimer Verständlichkeits-Index (HIX) ausgewertet. Dabei reicht das Ranking auf dem HIX von 0 bis 20, wobei 0 formal schwer verständlich und 20 formal leicht verständlich ist.

Die besten Ergebnisse lieferten die Homepages der Städte. So liegt der empfohlene Zielwert für eine verständliche Kommunikation über eine Homepage bei 16 Punkten auf dem HIX. Diesen Wert konnte keine untersuchte Einrichtung erreichen – vor allem Behörden (durchschnittlich 4,6), Ministerien (durchschnittlich 5,3) und Körperschaften des Bundes (durchschnittlich 5,7) wiesen sehr niedrige Verständlichkeitswerte auf. Zur Orientierung: Werte von knapp über fünf Punkten entsprechen dem sprachlichen Niveau von Dissertationen.

Lediglich die Internetauftritte von Städten erzielten mit durchschnittlich neun Punkten eine deutlich höhere Punktzahl. Den höchsten Wert erreichte Bremen mit einem HIX-Wert von 13,2, gefolgt von Köln, München und Stuttgart. Zu den Schlusslichtern mit einem HIX-Wert unter fünf gehören Dresden (4,8) und Leipzig (3,9). Insgesamt erreichten nur sechs der untersuchten Städte keine acht Punkte, was als Minimum betrachtet wurde. Im Schnitt auf über zehn Punkte kamen hingegen acht Städte.

Gendersensibel, Leichte Sprache, Mehrsprachigkeit

Die Studie wirft zusätzlich einen Blick auf aktuelle Herausforderungen – dazu gehört auch die Verwendung von gendersensibler Sprache. Nur zwei Prozent der untersuchten Einrichtungen verzichteten komplett darauf, während beim Rest große Varianz herrscht. So nutzen 55 Prozent Doppelnennungen (zum Beispiel Leserinnen und Leser). Bei 31 Prozent konnten jedoch auch Fehler und vor allem Inkonsistenzen bei der Verwendung einer gendersensiblen Sprache festgestellt werden.

Leichte Sprache ist bereits auf 90 Prozent der untersuchten Websites zu finden. Im Umkehrschluss gibt es allerdings bei zehn Prozent nach wie vor hohe Verständlichkeitsbarrieren für zahlreiche Menschen. Zudem waren bei 14 Prozent die Informationen zur Leichten Sprache nur schwer zu finden. Hier ist in den vergangenen Jahren sehr viel passiert, jedoch steht aus Sicht der Autoren der Studie gerade im Hinblick auf das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) noch viel Arbeit an.

Ein weiterer relevanter Aspekt ist der der Mehrsprachigkeit, da die Websites häufig auch Menschen unterschiedlicher Herkunft informieren sollen. Bislang bieten die untersuchten Internetauftritte hauptsächlich Englisch zur Auswahl an. Einige Städte nutzen allerdings auch schon Systeme, mit denen in eine ganze Reihe von Sprachen übersetzt werden kann. Hier wird empfohlen, dass alle Internet-Auftritte moderne Technologien einsetzen, die eine Übersetzung in verschiedene Sprachen ermöglicht. Auch dies trägt essenziell zu einer besseren Verständlichkeit bei – gerade im Hinblick auf Menschen, die Deutsch nicht als Muttersprache sprechen.

Auf Zukunftstechnologie KI setzen

„Generell beobachten wir, dass es oft die gleichen Hürden sind, die für unverständliche Texte sorgen. Diese können jedoch behoben werden, wenn man sowohl Satzaufbau und Satzlänge als auch die Wortwahl genauer betrachtet“, so Dr. Anikar Haseloff, Geschäftsführer der H&H Communication Lab GmbH. Er betont: „Wir empfehlen Kommunen, Behörden und auch Unternehmen, auf die Zukunftstechnologie KI sowie KI-basierte Tools zu setzen. Damit kann die Kommunikation fit für das BFSG-gemacht werden. Zudem sorgt der Einsatz von KI für eine hohe Wirtschaftlichkeit. Das ist ein wichtiger Aspekt bei dem Ziel, Informationen für alle Menschen zugänglicher zu machen.“

Die Studie mit allen Ergebnissen kann kostenlos heruntergeladen werden.

red.

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