Organe der Gemeinde können öffentlich und wertend Stellung nehmen zum Anliegen eines Bürgerbegehrens. (OVG Nordrhein-Westfalen vom 16. Dezember 2003 – AZ 15 B 2455/03)
Als es um ein Bürgerbegehren über die Gestaltung eines öffentlichen Platzes ging, hieß es aus dem Rathaus: „Wer hier unterschreibt, zementiert einen unhaltbaren Zustand. Das ist keine Initiative für, sondern gegen den Bezirk. Abgesehen von der optischen Scheußlichkeit ist die Zahl an Stellplätzen nur unter Inkaufnahme einer großen Verkehrsgefährdung machbar. Wenn das Bürgerbegehren kommt, herrscht Stillstand im Bezirk. Ich werde dann die Namen derer nennen, die für den Stillstand verantwortlich sind.“ Diese Äußerungen wollte eine Bürgergemeinschaft nicht hinnehmen. Sie beantragte beim Verwaltungsgericht eine einstweilige Anordnung, wodurch der Stadt die Wiederholung der Äußerungen untersagt werden sollte.
Die beanstandeten Äußerungen stellten eine hoheitliche Handlung dar, denn sie kamen von einem Gemeindeorgan. Dieses Gemeindeorgan unterlag bei seinen Äußerungen aber keinem Neutralitätsgebot wie bei Wahlen, denn es ging um die Entscheidung einer konkreten Sachfrage im Wege direkter Demokratie. Daraus ergab sich, dass die Organe der Gemeinde nicht zur Neutralität verpflichtet waren, sondern sogar im Gegenteil gehalten sein konnten, öffentlich zu dem Sachbegehren wertend Stellung zu nehmen.
Nach Ansicht des Gerichts verletzten die Äußerungen nicht das Recht der Bürger auf ein Bürgerbegehren. Etwas problematisch war allerdings der letzte Satz der Äußerung. Trotzdem konnte darin keine Drohung gesehen werden, jeden einzelnen der Unterzeichner des Bürgerbegehrens als Verantwortlichen öffentlich zu benennen.
Franz Otto