Schneiden und spülen

Wenn für den Breitbandausbau der Bagger anrückt, wird es in der Regel teuer. Alternative Verlegeverfahren können vor allem für Glasfaserprojekte eine Kostenentlastung bedeuten.

Auch heute noch ist die Breitbandversorgung in Deutschland noch immer nicht da, wo Bürger und Politik sie haben wollen. Schaut man sich die Breitbandversorgung mit 50 Mbit/s an, dann sieht man, dass nur in den Stadtstaaten und den großen Städten wie Köln und München eine nahezu vollständige Versorgung mit hoher Bandbreite gegeben ist. Alle Flächenstaaten sind im ländlichen Bereich noch weit von einer Breitbandversorgung entfernt.

Nicht in jeder Netzebene herrschen die gleichen Anforderungen an die Kabelverlegung. Im Fernnetz zum Beispiel sind große Entfernungen mit großen Kabellängen und extremen Anforderungen an die Ausfallsicherheit zu realisieren. Im Hausanschluss auf der anderen Seite sind kurze Entfernungen zu überbrücken, es sind viele Anschlüsse zu realisieren. Das Wichtigste hier ist, dass der Vorgarten heil bleibt und die Hauseinführung sicher abgedichtet ist.

Für die verschiedenen Netzebenen Fernnetz und regionales Verbindungsnetz, Ortsnetz, Gebäudeanbindung werden nachfolgend die geeigneten Alternativen beschrieben und bewertet.

Fernnetz und Verbindungsnetz

Die normale Verlegemethode in dieser Ebene ist die unterirdische Verlegung in einem Schutzrohr in einer eigenen Trasse. Die Leerrohre werden entweder im offenen Graben verlegt oder es wird das Einpflügeverfahren angewandt.

Als Alternativen bieten sich hier die Mitnutzung vorhandener Ferntrassen an. Solche Ferntrassen bieten die Energieversorger mit ihren Hochspannungsfreileitungen, die Deutsche Bahn mit ihrer Gleis-Infrastruktur und die Autobahnen mit ihrem Straßennetz. Der größte Vorteil hier ist, dass umfangreiche zeit- und geldaufwendige Genehmigungsverfahren entfallen. Jedoch sind andere Randbedingungen zu beachten.

Bei der Nutzung der Hochspannungstrassen sind spezielle Kabel einzusetzen, sogenannte OPGW (Optical Ground Wire = Optische Erdseile). Diese werden normalerweise von den Energieversorgern verlegt. Ein Ausstieg aus der Trasse ist in der Regel nur an den Abspannmasten, die in einem Abstand von zwei bis vier Kilometer auf der Strecke vorhanden sind, wobei Ausnahmen möglich sind, die jedoch Kosten verursachen. Bei der Nutzung der Hochspannungstrassen ist zu berücksichtigen, dass im Störungsfall zuerst die Stromverbindung wiederhergestellt wird.

Die Nutzung der Bahntrassen verlangt in der Regel ein Eingreifen in die internen Betriebsabläufe der Bahn. Die Kabel der Bahn werden heute normalerweise in Kabeltrögen verlegt. Diese sind parallel der Gleise eingebaut und in diese Kabeltröge werden Fernmelde- und Signalkabel der Bahn lose nebeneinander verlegt. Da die Kabel im Kabeltrog nahe an den Gleisen liegen und somit im Sicherheitsbereich der Trasse, ist kein ungehinderter Zugang zu dem Glasfaserkabel möglich. Normalerweise liegen die Muffen der bahneigenen Glasfaserkabel in einem Abstand von 2000 Meter, Abzweige dazwischen sind nur mit erheblichen Aufwand realisierbar. Gerade in innerstädtischen Bereich kann das Bahnnetz von entscheidender Bedeutung für einen kostengünstigen Ausbau sein. Im ländlichen Bereich muss berücksichtigt werden, dass gerade dort viele Bahnstrecken stillgelegt wurden.

Die Nutzung der Autobahntrassen findet schon intensiv seit Beginn dieses Jahrhunderts statt. In der ersten Boomphase des Glasfaserausbaus wurden viele Strecken zwischen den deutschen und europäischen Metropolen entlang der Autobahnen realisiert. Auch heute noch ist es ein probates Mittel für einen schnellen Ausbau, wobei entlang der Autobahnen keine offene Bauweise möglich ist. Dieser Glasfaserausbau entlang der Fernstraßen des Bundes verlagert sich heute allerdings mehr in Richtung der Bundesstraßen. Hier sollen bei allen Straßenbaumaßnahmen Leerrohre mitverlegt werden. Dabei sollte aber nicht vergessen werden, in regelmäßigem Abstand Querungen einzubauen, da eine nachträgliche Querung mit viel Aufwand verbunden ist.

Damit diese Verlegealternativen rechtsicher eingesetzt werden können, hat die Bundesregierung ein Gesetz zur Erleichterung des Ausbaus digitaler Hochgeschwindigkeitsnetze (DigiNetzG) auf den Weg gebracht. Die Nutzung fremder Infrastrukturen im Unterabschnitt 2 – Mitnutzung öffentlicher Versorgungsnetze – sind in diesem Gesetz geregelt.

Ortsnetz

Im Ortsnetz üblich ist die unterirdische Verlegung des Kabels in einer gemeinsamen Trasse mit anderen Versorgungsträger wie Strom, Gas, Telekommunikation, Wasser und Abwasser. Da sich mehrere Versorger in die Trasse teilen, hat jeder Versorger seine eigene Verlegetiefe. Fernmeldekabel werden zum Beispiel in 80 Zentimeter Tiefe verlegt.

Im Ortsnetzbereich ist die Zahl der Alternativen sehr groß, wobei ihre Anwendbarkeit von zahlreichen Randbedingungen begleitet ist.

Als Alternativen bieten sich an:

  • Verlegung in geringer Tiefe

  • Microtrenching

  • Oberirdische Verlegung

  • Spülbohrverfahren

  • Verlegung in Abwasserkanälen

  • Austausch der Kabelseele

Das Verlegen in geringer Tiefe mit einer Überdeckung von nur 25 bis 30 Zentimeter ist natürlich deutlich günstiger als die übliche Verlegung in 80 Zentimeter Tiefe. Man darf aber nicht vergessen, dass die Folgekosten bei Baumaßnahmen anderer Versorger in diesem Bereich zu hohen Folgekosten führen, da bei dieser Verlegetiefe von Anfang an nur Handschachtung zulässig ist. Daher kann dieses Verfahren eigentlich nur dort zugelassen werden, wo alle Versorgung in einer Hand liegt.

Beim Microtrenching kommt zu dem Verlegen in geringer Tiefe hinzu, dass durch den schmalen Schlitz im Asphalt eine Verdichtung des Schlitzes nur ungenügend sein kann, was zu einem vorhersehbaren Absenken der Decke führt.

Die oberirdische Verlegung ist außerhalb Deutschlands eine der beliebten Verlegearten, weil sie schnell zu realisieren und preiswert ist. Hierzulande wird sie jedoch aus ästhetischen Gründen weniger gern gesehen. Außerhalb der geschlossenen Bebauung sollte die „Optik“ allerdings nicht im Vordergrund stehen.

Das Spülbohrverfahren in größerer Tiefe von einigen Metern ist eine sehr gute und auch schnelle Alternative zur offenen Bauweise. Diese Verlegart erfordert nur alle 100 bis 150 Meter eine offene Grube. Allerdings besteht das Risiko, dass beim Spülbohren vorhandene Leitungen zerstört werden, wenn diese nicht exakt dokumentiert sind.

Die häufig genannte Verlegung im Abwasserkanal ist gerade im innerstädtischen Bereich ein probates Mittel, möglichst wenig Beeinträchtigung des Straßenverkehrs bei der Kabelverlegung zu verursachen. Diese Verlegung bedeutet aber auch einen erheblichen Eingriff in die Souveränität des Abwasserbetreibers, sodass dies Verfahren nur sinnvoll ist, wenn der lokale Abwasserbetrieb hinter der Maßnahme steht und möglichst noch einen finanziellen Vorteil hat.

Vor einigen Jahren wurde der Austausch der Kabelseelen, also des Innenlebens von Kabeln, als alternative Verlegeart für neue Leitungen vorgeschlagen und auch erfolgreich erprobt. Dieses recht elegant aussehende Verfahren leidet jedoch darunter, dass aufgelassene, also nicht mehr genutzte Kabel, keiner Überwachung und keiner Dokumentation unterliegen. Das heißt, dass man häufig vor dem Problem steht, den genauen Verlauf des infrage kommenden Kabels nicht zu kennen. Auch können sich beim Ziehen der Seele mechanische Probleme einstellen, die den Austauschversuch letztendlich scheitern lassen.

Hausanschluss

Der normale Hausanschluss erfolgt über eine unterirdische Verlegung, wobei jeder Versorger sich häufig seinen eigenen Weg sucht, da eine Koordinierung der Baumaßnahmen ohne sorgfältige Planung der Maßnahmen kaum zu erreichen ist, zumal sich auch für den Bauherrn kein finanzieller Anreiz bietet. Insbesondere in Süddeutschland ist auch die Versorgung mit Strom und Telekommunikation über den Dachständer verbreitet. Für den Hausanschluss bieten sich ebenfalls eine Reihe kostensenkender Maßnahmen an.

Da ist zum einen die schon oben angemahnte Verlegung im selben Graben, was durch gemeinsame Planung und finanziellen Anreiz eigentlich problemlos möglich sein sollte. Eine weitere Kostensenkung lässt sich erreichen, wenn für die verschiedenen Hauseinführungen eine gemeinsame Mehrsparteneinführung genutzt wird. Der teure und aufwendige Mauerdurchbruch mit anschließender sicherer Abdichtung der Kellerwand fällt nur einmal an.

Noch weiter geht der Vorschlag, verschiedene Versorgungen durch ein gemeinsames Rohr zu führen. Hierfür kommen insbesondere die Medien Gas und Kommunikation und Frischwasser und Kommunikation infrage. Hier gibt es jahrelang erprobte Verfahren und Komponenten. Aktuell läuft noch eine intensive Diskussion der betroffenen Verbände. Jeder sieht seine Kompetenzen in der einen oder anderen Art eingeschränkt und will das so nicht hinnehmen.

Gegenseitiges Verständnis

Grundsätzlich bedingt die wirtschaftliche und flächendeckende Nutzung alternativer Verfahren für die Verlegung von Glasfaserkabeln in den verschiedenen Netzebenen eine intensive Kooperation und das gegenseitiges Verständnis der jeweiligen Netzbetreiber. Alle Interessen sollten auf ein gemeinsames Ziel fokussiert werden: den zügigen Breitbandausbau vor allem auch im ländlichen Raum zu unterstützen. Im Ortsnetz sollte vorurteilsfrei über die Verlegung in geringer Tiefe (einschließlich Microtrenching) und die oberirdische Verlegung nachgedacht werden. Für den Hausanschluss wird nichts günstiger sein, als alle Leitungen im selben Graben und über die gemeinsame Hauseinführung zu verlegen.

Helmut Haag

Der Autor
Helmut Haag ist Inhaber des Beratungsunternehmens TE Consult in Titz